Ibtihaj Muhammad hat bei den Olympischen Sommerspielen Geschichte geschrieben. Als erste US-Sportlerin trat die Muslima im traditionellen Hidschab an.
Wenn sie ihren Helm herunterklappt und den Säbel ausstreckt, sieht Ibtihaj Muhammad wie jede andere Athletin aus. Nur vor und nach dem Gefecht funkeln ihre dunklen Augen unter dem traditionellen islamischen Kopftuch hervor, das sie unter der Fechtuniform trägt. Als sie am dritten Tag der Olympischen Sommerspiele für die USA im Säbelfechten der Frauen antrat, ging sie in die Sportannalen ein: als erste US-Amerikanerin, die bei Olympia einen Hidschab trug.
„Es bedeutet mir eine Menge, die USA zu repräsentieren, und eine Botschafterin nicht nur für den Sport, sondern für die Vielfalt unseres Landes zu sein“, sagte Muhammad dem Fernsehsender CNN im Interview. „Ich bin so stolz darauf, wie vielfältig unsere Gemeinden und die Gesellschaft insgesamt sind“. Für die Fechterin war das eine besondere Motivation für die Olympia-Qualifikation.
Vor vier Jahren in London hatte sie wegen einer Verletzung nicht antreten können. Diesmal qualifizierte sich Muhammad, die an der privaten Duke-Universität studierte, mit einer Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften in Athen.
„Ich möchte zur Veränderung in meinem Land beitragen“, sagt Muhammad, die aus einer afroamerikanischen Familie aus New Jersey stammt.
„Andere Minderheiten können sehen, dass mit harter Arbeit und Ausdauer alles möglich ist“. Ihr eigener Amerikanischer Traum begann als dreizehnjähriges Mädchen. Ihre Eltern unterstützten Muhammad dabei, einen Sport zu finden, der es ihr erlaubte, die Regeln ihres Glaubens mit der Athletik zu verbinden.
„Meine Mutter hatte das Fechten entdeckt“, erinnert sich die US-Sportlerin. Per Zufall hatte sie Kinder an einer Highschool mit einer Fechtuniform gesehen. „Sie sagte: Ich weiß nicht, was das ist, aber ich möchte, dass du es versuchst“. So nahm Muhammads Fechtkarriere, die mit dem Degen begann und bei den Olympischen Spielen mit dem Säbel ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, ihren Lauf. „Es war einer der besten Tage in meinem Leben“, twitterte Muhammad nach der Eröffnungszeremonie in Rio.
Ihren Glauben gab die junge Frau trotz der Vorurteile, mit denen sie konfrontiert wurde, nie auf. Im Gegenteil. „Mir macht es Freude, die Stereotypen und Fehlwahrnehmungen zu korrigieren, die Leute über muslimische Frauen haben“, sagte sie dem britischen Sender BBC. Sie wolle zeigen, dass im US-Team, einem der stärksten der Welt, Platz für Musliminnen sei.
Seit ihrer Ankunft in Rio begleiten Muhammad auf Schritt und Tritt auch Fragen zum republikanischen Präsidentschaftsanwärter Donald Trump, der die Einreise von Muslimen in die USA verbieten und muslimische Gläubige speziell registrieren lassen will. „Ich denke seine Worte sind sehr gefährlich“, so Muhammad. „So etwas hat ganz reale Konsequenzen für Menschen. Ich bin Afro-Amerikanerin. Ich habe kein anderes Zuhause als dieses. Meine Familie ist hier geboren. Ich bin hier geboren. Ich bin in Jersey groß geworden. Meine ganze Familie ist in Jersey. Wo sollten wir hin?“
Sie werde zu Trump nicht schweigen, betonte sie. „Die Bürgerrechtsbewegung liegt noch nicht so weit zurück. Die Rassentrennung ist nicht lange her. Und auch die Internierung der Japaner nicht“. Sie werde nicht tatenlos zuschauen, wenn Trump nun eine ganze Religionsgruppe verunglimpfe. Künftig will die studierte Politologin und Afrikanistin daher noch eine weitere Aufgabe übernehmen: Für das US-Außenministerium möchte sie die „Empowering Women and Girls“-Initiative unterstützen. In den kommenden Tagen hat jedoch der Sport Vorrang. Mit dem Damenteam will Muhammad auf einem der Medaillenplätze landen. (KNA, iQ)