Die führenden Vertreter der beiden großen Kirchen in Deutschland finden es entsetzlich, dass der Islam und alle Muslime als Bedrohung dargestellt werden. Sie rufen alle Religionen zum Frieden auf.
Die führenden Vertreter der beiden großen Kirchen in Deutschland rufen alle Religionen zum stärkeren Einsatz für den Frieden auf. „Religionen sind keine Privatsache, sie haben öffentliche Bedeutung. Und ich wünsche mir für alle Religionen, auch für die Muslime, dass wir Kräfte des Friedens und der Versöhnung in der Gesellschaft werden“, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in München.
Jede Religion müsse dabei selbstkritisch auf ihre eigene Geschichte schauen. In der Vergangenheit habe sich die Frage nach dem Verhältnis zur Gewalt häufig an die Christen gerichtet, betonte der bayerische Landesbischof: „Im Moment sind die Schauplätze, an denen sich diese Frage stellt, stärker aufseiten des Islam. Aber man kann das nicht einer Religion zuordnen“.
Es sei in der aktuellen Situation „entsetzlich, den Islam insgesamt und alle Muslime als Bedrohung darzustellen“, ergänzte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx: „Damit wird Stimmung gemacht!“
Wenn er sein Bild vom Islam nur aus dem Fernsehen beziehen würde, wo Berichte dominierten über IS-Kämpfer, die Menschen ermorden und sich dabei auf Gott berufen, dann hätte er auch Angst vor dem Islam, erklärte Bedford-Strohm: „Doch das ist ein sehr kleiner Ausschnitt. Viele Millionen Muslime wollen nichts anderes als friedlich mit anderen Menschen zusammenleben. Das muss man immer wieder deutlich machen“.
Marx und Bedford-Strohm äußerten sich in einem gemeinsamen Doppelinterview zum Start des Gedenk- und Jubiläumsjahres zu 500 Jahre Reformation Ende Oktober.
Ob die rund vier Millionen Muslime in Deutschland eine Anerkennung des Islam als Körperschaft ähnlich dem Status der Kirchen anstreben sollten, müssten diese selbst entscheiden und anstoßen, so Bedford-Strohm: „Da brauchen wir von außen keine Ratschläge zu geben“.
Aus der Sicht von Marx hat man sich in Deutschland zu lange über Integration zu wenig Gedanken gemacht, „auch die Kirche nicht. Jetzt gehören die Muslime in unser Land, die meisten leben hier über Jahrzehnte. Sollten wir jetzt sagen: Ihr gehört nicht dazu?“ Daher könne man sich nur wünschen, „dass sie auch in ihrer religiösen Tradition in Deutschland ihre Heimat finden“. (KNA, iQ)