Die Berliner Justizverwaltung hat ein Seelsorgeprojekt für muslimische Insassen mit Verweis auf Einschätzungen des Verfassungsschutzes gestoppt. Fazlı Altın von der Islamischen Föderation Berlin zeigt sich enttäuscht und kritisiert die Entscheidung.
Eigentlich sollte am 1. Januar 2013 in den Berliner Justizvollzugsanstalten eine Seelsorge für muslimische Insassen starten. Doch der Beginn des geplanten Projektes wurde immer wieder verschoben, bis es von der Berliner Justizverwaltung gestoppt wurde. Ein Vertrag zur Seelsorge wurde nicht unterzeichnet.
Begründet wurde das mit Sicherheitsbedenken. Dies bestätigte der Vorsitzende der Islamischen Föderation Berlin, Fazlı Altın, gegenüber islamiQ. Der Verfassungsschutz habe seine Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen und für das Projekt keine Erlaubnis erteilt. Was genau beanstandet wurde, sei nicht mitgeteilt worden. Altın nahm die Entscheidung mit Verwunderung und Kritik auf. Sie sei „ungerecht und nicht plausibel.“
Monika Lüke, Integrationsbeauftragte des Berliner Senats, bestätigte den vorläufigen Stop des Projekts. Sie sei von der Justizverwaltung erst kürzlich informiert worden. „Es gibt Vertrauensbedenken seitens des Justizsenats, die erst geklärt werden müssen. Wie die zustande gekommen sind, weiß ich nicht. Ich verlasse mich da aber auf die Aussagen des Justizressorts“, erklärte Lüke.
Laut Altın war das Konzept für die Seelsorge aus dem Islamforum unter dem Vorsitz des damaligen Berliner Integrationsbeauftragten Günter Piening entstanden. Dafür wurde ein Budget zur Verfügung gestellt, um 33 Personen für die Seelsorge in den Berliner Haftanstalten vorzubereiten. Die Teilnehmer an den Fortbildungen waren allesamt ehrenamtliche Helfer, die sich freiwillig gemeldet hatten.
Dabei hatten sich die Muslime für die Seelsorge sogar – wenn auch formal – zu einem Dachverband zusammengeschlossen. Gruppierungen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, waren von vornherein ausgeschlossen worden. Mit dabei waren neben der Islamischen Föderation Berlin auch die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) sowie mehrere kleinere Organisationen, darunter auch das Muslimische Seelsorgetelefon (MUTES).
Fazlı Altın sei enttäuscht, dass aufgrund einer Bewertung des Verfassungsschutzes ein wichtiges und nötiges Projekt gestoppt wurde. Die Hoffnung, dass es überhaupt noch eine Seelsorge für Muslime geben wird, schwindet laut Altın. Er hofft auf ein Umdenken bei den zuständigen Stellen. Dem Verfassungsschutz wirft er vor, eine gute und nötige Arbeit in Berlin allein durch Vermutungen und Mutmaßungen kaputtgemacht zu haben.
Monika Lüke legt Wert darauf festzuhalten, dass man das Thema muslimische Gefängnisseelsorge nicht aufgegeben habe: „Wir bleiben da dran. Und auch die Justizverwaltung bedauert die Verzögerung außerordentlich“, versicherte sie und machte auf die Wichtigkeit des Islamforums aufmerksam:„Das Islamforum bietet immer Gelegenheit, Projekte zu besprechen. Wir haben im Islamforum vielfältige Themen. Wir sprechen über Bestattungsmöglichkeiten für Muslime in Berlin, nach ihren Vetos, oder über einen Lehrstuhl für Islamische Theologie.“
Die Resozialisierung – oberstes Ziel des deutschen Strafrechts – muslimischer Gefangener und religiöse Angebote an die Insassen war das Hauptziel der geplanten Seelsorge. Wie es scheint, wird es vorerst keine Ansprechpartner und Seelsorger für Muslime geben. Sie können sich in religiösen Fragen an niemanden wenden, anders als evangelische oder katholische Insassen.