Mehrere Bundesländer haben nach Vorwürfen gegen die DITIB Gespräche über einen Staatsvertrag auf Eis gelegt. Hamburg setzt dagegen weiter auf den öffentlichen und kritisch geführten Dialog.
Die Hansestadt Hamburg hält am umstrittenen Staatsvertrag fest. Die Bürgerschaft lehnte am Mittwoch mit den Stimmen der rot-grünen Koalition und der Linken eine Kündigung ab. Wegen anti-christlicher Bekundungen einzelner islamischer Gruppen sowie Geheimdienstvorwürfen gegen die DITIB verabschiedete das Parlament aber auch einen Sechs-Punkte-Antrag der rot-grünen Koalition. Darin wird der Senat etwa aufgefordert, die kritisierten Religionsgemeinschaften ins Gebet zu nehmen. „Ziel ist es, auch anhand der geäußerten Vorwurfslagen das gemeinsame Verständnis der in diesen Verträgen niedergelegten gemeinsamen Wertegrundlagen zu klären.“
Gleichzeitig erwartet die Bürgerschaft insbesondere von DITIB Nord, den Weg von Aufarbeitung und Distanzierung von problematischen Vorgängen „konsequent und im Geiste des mit der Stadt geschlossenen Vertrages weiterzugehen.“ Der Senat soll „Konsultationsgespräche“ mit jenen Vertragspartnern führen, „an deren Haltung zu den in den Verträgen niedergelegten Wertegrundlagen aktuell Zweifel geäußert werden.“
DITIB selbst hat bereits alle Vorwürfe zurückgewiesen. Der Verband erklärte, Zeichnungen „von vereinzelnden DITIB-Jugendgruppen in einigen sozialen Netzwerken“, auf denen ein muslimisch aussehender Mann einem Weihnachtsmann mit der Faust ins Gesicht schlägt, seien diffamierend.
Die FDP-Abgeordnete Katja Suding warf der DITIB vor, sie stehe im Verdacht, eine von der türkischen Regierung gesteuerte Organisation zu sein und dem türkischen Geheimdienst zuzuarbeiten. Für die FDP komme jedoch ein Vertrag mit Gegnern der demokratischen Grundordnung nicht in Frage. Der Dialog mit den Muslimen in Hamburg könne auch ohne Vertrag fortgesetzt werden.
Dietrich Wersich (CDU) sprach von einer „Gelben Karte“ für DITIB. Der Vertrag mit der islamischen Religionsgemeinschaft müsse ausgesetzt werden. Er forderte ein Gutachten darüber, ob DITIB eigenständig oder von der türkischen Religionsbehörde Diyanet gesteuert sei. Geklärt werden sollte auch, ob DITIB überhaupt als Religionsgemeinschaft anzusehen sei, denn nur dann könne überhaupt ein Staatsvertrag mit ihr Gültigkeit haben.
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) unterstrich in seinem Beitrag die Wichtigkeit der Verträge und stellte sie in eine Reihe mit den Staatsverträgen mit den beiden großen Kirchen sowie mit der Jüdischen Gemeinde. Die Vereinbarungen mit den Muslimen seien auch Ausdruck des Respekts.
Der Grünen-Abgeordnete Anjes Tjarks warnte davor, mit einer Vertragsauflösung Mauern zu bauen und Menschen auszugrenzen. Verträge sollten nicht aus tagespolitischen Erwägungen infrage gestellt werden. Die 140.000 Muslime in Hamburg seien Teil der Gesellschaft.
Neben Hamburg hat auch Bremen einen entsprechenden Vertrag mit islamischen Religionsgemeinschaften. Niedersachsen und Rheinland-Pfalz haben die Gespräche über einen Staatsvertrag angesichts wachsender Kritik an der DITIB vorerst abgebrochen. Auch in Nordrhein-Westfalen ruhen die Gespräche derzeit. (KNA, dpa, iQ)