In einer kürzlich herausgegebenen Pressemitteilung gab die islamische Religionsgemeinschaft DITIB an, dass die Spionagevorwürfe intern geklärt seien. Zuvor erhöhte sich der Druck auf DITIB immens. NRW-Schulministerium hatte ein Ultimatum von zwei Wochen zur Aufklärung gestellt.
Die DITIB hat Spitzelvorwürfe gegen einige Imame des deutsch-türkischen Moscheeverbands nach eigenen Angaben intern aufgeklärt. Das sagte der Abteilungsleiter für Außenbeziehungen, Zekeriya Altuğ, am Donnerstagabend in Köln.
In einer am Freitagabend veröffentlichten Erklärung des DITIB-Bundesverbands heißt es weiter, die türkische Religionsbehörde Diyanet habe festgestellt, dass „einige Religionsbeauftragte“ ihre Verantwortung überschritten hätten – im Bezug auf ein nicht näher benanntes, „eigentlich die europäischen Länder nicht betreffendes Schreiben“. Die Amtsdauer dieser Religionsbeauftragten sei beendet worden.
Altuğ hatte davon gesprochen, dass DITIB-Imame in 10 bis 15 Fällen Berichte über vermeintliche Gülen-Anhänger nach Ankara weitergeleitet hätten. Angesichts von 900 Moscheegemeinden sei dies eine geringe Zahl; ein „strukturelles Problem“ gebe es nicht. Eine Anweisung von Diyanet, Informationen weiterzugeben, sei von den DITIB-Imamen in Deutschland kaum befolgt worden.
Die DITIB kündigte darüber hinaus Beratungen darüber an, wie künftig vergleichbare Fälle vermieden werden könnten und welche strukturellen Verbesserungen sinnvoll sein. Dies solle auf der nächsten Mitgliederversammlung konkretisiert werden, heißt es in der Erklärung des Bundesverbands. Auch solle es Bildungsveranstaltungen für Imame sowie eine Präzisierung der „dienstlichen Prinzipien der in
Deutschland eingesetzten Religionsbeauftragten“ geben.
Die Arbeit der von Diyanet entsandten Imame sei ein „Garant gegen den Radikalismus, betonte der Bundesverband. „Es ist ein deutlicher Verdienst dieser Arbeit, dass extreme Salafisten und radikal Gesinnte keinen Platz in den DITIB-Gemeinden finden.“ Hinsichtlich der öffentlichen Debatte sei es „enttäuschend, dass ohne eine Untersuchung der DITIB-Beteiligung immer wieder eine (vor)verurteilende Haltung eingenommen wird und Beziehungen in sehr vielen Bereichen eingefroren werden“.
Aus DITIB-Landesverbänden war zuletzt die Forderung nach einer grundlegenden Reform laut geworden. Der Vorsitzende des Landesverbands für Niedersachsen und Bremen, Yilmaz Kılıç, sprach sich bei NDR Kultur für mehr Mitbestimmungsrechte für die Landesverbände aus. Vor allem junge Türken wollten moderne Strukturen und Rechte, betonte er.
Zuvor hatte Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) erhöht den Druck auf DITIB. Im Streit um die Rolle des Verbands im Beirat für den Islamunterricht an Schulen in NRW fordert Löhrmann eine Stellungnahme innerhalb der nächsten zwei Wochen. „Um den islamischen Religionsunterricht in den Schulen nicht zu belasten, habe ich die DITIB aufgefordert, den Sitz ruhen zu lassen, bis alles aufgeklärt ist“, sagte die Ministerin der „Rheinischen Post“ (Freitag): „Es ist klar, dass ich zeitnah eine Antwort erwarte. Innerhalb der nächsten zwei Wochen.“ Zur Begründung verwies Löhrmann auf die große Unruhe als Folge der „ungeheuerlichen Spitzelvorwürfe, die jetzt vom Generalbundesanwalt untersucht werden“.
Die DITIB ist mit rund 900 Gemeinden der größte islamische Einzelverband in Deutschland. Der Verband steht seit Wochen in der Kritik, weil einige DITIB-Imame Informationen über angebliche Anhänger des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen an die türkische Regierung weitergeleitet haben sollen. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Staatsfeind. Präsident Recep Tayyip Erdoğan macht sie für den gescheiterten Putsch im Juli 2016 verantwortlich. (KNA, iQ)