In Münster ist der 32. Deutsche Orientalistentag zu Ende gegangen. Die Veranstalter zogen eine positive Bilanz. Die interdisziplinäre Ausrichtung mehrerer Panels habe zu einem stärkeren Interesse der Medien und der nicht-wissenschaftlichen Öffentlichkeit geführt.
Der 32. Deutsche Orientalistentag (DOT) ist am Freitag an der Universität Münster zu Ende gegangen. Die Veranstalter zogen eine positive Bilanz über die einwöchige Veranstaltung. Mehr als 1.300 Orientforscher aus aller Welt haben an über 900 Vorträgen und 80 Panels Forschungsergebnisse über Länder, Sprachen und Kulturen in Asien, Afrika und der arabischen Welt ausgetauscht.
Der Leiter des DOT-Komitees und Sinologe Prof. Dr. Reinhard Emmerich erklärte, mit dem Programm sei eine gute Balance zwischen der „Erforschung der Geschichte und der Gegenwart von Regionen gelungen, die heute oft durch Kriege oder soziale Umwälzungen erschüttert sind.“ Zudem habe sich die erstmalige interdisziplinäre Ausrichtung von mehreren Panels bewährt. Dies habe auch zu einem stärkeren Interesse von Medien und nicht-wisseschaftlichem Publikum geführt.
Nach Ansicht des Heidelberger Südasienwissenschaftlers Prof. Dr. Hans Harder kann die Orientalistik helfen, Vorurteile über ferne Regionen auszuräumen. „Wer Indien hört, denkt heute an Massenvergewaltigungen und Computerexperten. Solche Stereotypen wollen und können wir abbauen, wenn wir über unsere Forschungen sprechen.“
Und Prof. Emmerich fügt hinzu: „Neben den berechtigten Gegenwartsfragen darf die Orientalistik die kulturhistorische Grundlagenforschung über Sprachen, Literatur und Recht nicht aufgeben, so gefährlich die Forschungsbedingungen in manchen Ländern heute auch sind.“ Erst aus der Geschichte ließen sich viele aktuelle Prozesse etwa in China, Ägypten, Syrien oder Nordkorea begreifen. „So entsteht in einer globalisierten Welt ein tiefer Respekt für zunächst fremde Kulturen.“
Der nächste Orientalistentag soll 2017 in Jena stattfinden, wie die Versammlung der DMG in Münster beschloss. www.dot2013.de
Zahlreiche Medien aus aller Welt berichteten über Kongressthemen wie Öko-Islam oder Dschihad. Viele Experten wurden tagesaktuell zum politischen Islam, Syrien oder Iran befragt. Viele nicht-wissenschaftliche Zuhörer interessierten sich für Panels zu Themen wie den arabischen Revolutionen, Extremismus in Nahost und Nationalbewusstsein in China: „Unter die Wissenschaftler mischten sich oft gut informierte Bürger und beteiligten sich teils auch rege an Diskussionen“, sagte Sinologin Dr. Monique Nagel-Angermann vom DOT-Komitee.
Gut besucht seien auch ein Konzert zum Orientbild in der europäischen Musik im Erbdrostenhof und der öffentliche Abendvortrag der Berliner Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Gudrun Krämer über säkulare Tendenzen im Islam gewesen. (Ein Video-Mitschnitt des Vortrags ist hier abrufbar)
Die interdisziplinäre und internationale Ausrichtung der Panels hatte für viele Wissenschaftler, die aus insgesamt fünf Kontinenten kamen, einen besonderen Reiz, wie Springberg-Hinsen und Nagel-Angermann hervorhoben. „Wenn Kollegen aus Europa und Asien über neueste Forschungen der Lackkunst der islamischen und asiatischen Welt diskutieren, werden Grenzen aufgebrochen. Ein faszinierendes Beispiel war ein weitgereistes Objekt der Lackkunst, das in China hergestellt wurden und viel später von einer Forscherin in der Krim gefunden wurde“, so die Sinologin. Auch das „Museum für Lackkunst“ in Münster habe seine Expertise in dieses Panel eingebracht.
Islamwissenschaftler Dr. Jörn Thielmann, der die Sektion Politik, Wirtschaft und Gesellschaft leitete, fügte hinzu: „Der DOT bot die Möglichkeit, viel über Regionen zu hören, die nicht im Fokus des eigenen Faches stehen.“ Für Islamwissenschaftler seien daher Vorträge über den Islam in Kambodscha, Thailand, Äthiopien und Indien besonders interessant gewesen. (vvm/ska/exc/IslamiQ)