Mecklenburg-Vorpommern

Diskussion um islamische Bestattungen

Wo Muslime leben, sterben auch Menschen dieses Glaubens. Ihre Bestattungen unterscheiden sich von dem in Deutschland Gewohnten. Im Nordosten ist das Thema noch relativ neu. Erste Kommunen haben Wege gefunden, andere suchen noch.

19
02
2017
Symbolbild: Ein muslimisches Grabfeld
Symbolbild: Ein muslimisches Grabfeld © by Sludge G auf Flickr (CC BY-SA 2.0), bearbeitet islamiQ

Mecklenburg-Vorpommerns Gesellschaft ist nach der Wende bunter geworden – durch die Zuzüge von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion und von Deutschstämmigen aus Osteuropa, zuletzt durch die Flüchtlingswelle aus Syrien und Afrika. Das stellt die Friedhöfe im Land vor Herausforderungen – denn wo gelebt wird, wird auch gestorben. Vor allem muslimische Bestattungen unterscheiden sich erheblich vom Gewohnten. So muss der Leichnam mit dem Gesicht nach Mekka ausgerichtet sein, außerdem soll er im Leintuch und nicht im Sarg bestattet werden. Eine Grabbepflanzung und -pflege ist unüblich.

Erste Kommunen haben Möglichkeiten für Bestattungen nach islamischem Ritus gefunden, meist auf Wunsch der muslimischen Gemeinde vor Ort. In Rostock gibt es bereits seit 2002 ein muslimisches Gräberfeld auf dem Westfriedhof. Wie Caroline Troschke von der Abteilung Friedhöfe sagt, haben dort bisher acht Begräbnisse stattgefunden. Schwerin hat kürzlich auf dem Waldfriedhof eine Fläche für bis zu 70 Bestattungen nach islamischen Erfordernissen ausgewiesen. Die Stadt Greifswald hat auf ihrem Neuen Friedhof eine Reihe für 14 muslimische Bestattungen reserviert. „Hier können die Verstorbenen so gebettet werden, dass sie gen Mekka zur Kaaba blicken“, sagt Stadtsprecherin Bärbel Lenuck. In den vergangenen zwei Jahren sei dort jeweils eine muslimische Bestattung durchgeführt worden.

In Neubrandenburg gab es noch keine Anfrage eines Imams zu Begräbnismöglichkeiten nach islamischen Regeln, wie der Abteilungsleiter für Stadtgrün, Andreas Vogel, berichtet. Eine islamische Beerdigung gab es dennoch schon vor einiger Zeit: Die Familie habe sich eine Grabstelle in einem vorhandenen Grabfeld ausgesucht und sich für eine Bestattung im Sarg unter Einhaltung der Himmelsrichtung, also mit dem Gesicht Richtung Mekka, entschieden.

„Wir lernen im Dialog mit den Beteiligten“, sagt Vogel. Vorstellbar seien für ihn verschiedene Varianten: muslimische Grabfelder zwischen den Gräbern von Atheisten, Christen, Juden und Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften – oder auch ein separates Gräberfeld. Das müsste neu in die Friedhofssatzung aufgenommen werden und könnte Diskussionen auslösen. „Eine Separierung von Grabfeldern verschiedener Religionsgemeinschaften wird gegebenenfalls von manchen zur Diskussion gestellt, weil sie gerade die Zusammengehörigkeit aller Verstorbenen auf einem Friedhof als Wert und Bereicherung schätzen“, sagt Vogel.

Eine solche Diskussion läuft gerade in Waren an der Müritz. In den Ausschüssen der Stadtvertretung wird demnächst über einen Vorschlag zur Einrichtung eines muslimischen Gräberfeldes auf dem kommunalen Friedhof diskutiert. Der FDP-Politiker Toralf Schnur hat sich dagegen ausgesprochen. „Nach meinem Kenntnisstand gibt es derzeit für keine Religionsgemeinschaft einen besonderen Status auf unserem staatlichen beziehungsweise kommunalen Friedhof“, erklärt er. Das sollte aus seiner Sicht auch so bleiben. „Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Gleichbehandlungsgrundsatzes wäre die Stadt Waren (Müritz) anschließend verpflichtet, jeder weiteren Religion einen Anspruch auf eine besondere Behandlung zu gewähren.“ Diesen Weg halte er für falsch.

Gute Erfahrungen mit muslimischen Gräberfelder

Die Kommunen, auf deren Friedhöfen bereits muslimische Gräberfelder existieren, berichten von guten Erfahrungen. Zwar könnten wegen der deutschen Vorschriften nicht alle Erfordernisse des islamischen Bestattungsritus eingehalten werden – zum Beispiel eine Beerdigung möglichst noch am Tag des Todes. In der Bundesrepublik darf ein Leichnam frühestens 48 Stunden nach dem Eintritt des Todes unter die Erde gebracht werden. Auch sind für die rituellen Waschungen der Leichen unter Teilnahme vieler Angehöriger nicht überall Räume vorhanden. Doch mit den gefundenen Kompromissen könnten die Beteiligten leben, heißt es übereinstimmend.

Die grundsätzlich unterschiedlichen Vorstellungen von Grabpflege hierzulande und im islamischen Kulturraum versucht man zu umschiffen. In Stralsund zum Beispiel wurde das Grabfeld für Muslime auf dem Naturgarten des Zentralfriedhofs eingerichtet. Grabpflege sei dort nicht nötig, sagt Friedhofsleiterin Eva Schubert. Die Bestattung erfolge unter dem Rasen. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Holger Berger sagt:
In einer WDR-Fernsehsendung (Domian) berichtete einmal eine Frau, daß sie nach dem Tod ihrer Mutter von ihrer islamisch geprägten Verwandtschaft intensiv bedrängt wurde, sämtliche Körperöffnungen ihrer toten Mutter mit Tüchern zu verstopfen oder zu verschließen. Denn nur dann könne ihre verstorbene Mutter in das verheißene Paradies gelangen. Sind das muslimische Gepflogenheiten und islamische Bestattungsregeln, die in Deutschland nicht üblich sind? Die Tochter wollte derartige Praktiken gar nicht anwenden und war mehr als verstört.
19.02.17
20:13