Islamische Seelsorge

Neue Wege für Gefängnisseelsorge gesucht

Vertrauliche Hilfe bei der Religionsausübung für Inhaftierte – das leisten Gefängnisseelsorger für verschiedene Glaubensgemeinschaften. Bei der Arbeit muslimischer Betreuer deutet sich ein Wandel an.

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03
2017
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Symbolbild: Gefängnis, Gefängnisseelsorge, Imame
Symbolbild: Gefängnis, © Dave Nakayama auf flickr, bearbeitet by iQ.

Die rheinland-pfälzische Regierung denkt über eine Neuordnung der Seelsorge für muslimische Häftlinge nach. Justizminister Herbert Mertin (FDP) sagte der Deutschen Presse-Agentur, türkischstämmige Häftlinge könnten sich bislang zwar an Imame aus Moscheen der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) wenden.

„Problematisch daran ist aber, dass diese Imame nur Häftlingen mit einem türkischen Hintergrund beistehen. Für Muslime aus anderen Ländern gibt es wenig Angebote“, sagte der Minister auf Anfrage. So wendeten sich beispielsweise kurdische Häftlinge in der Regel nicht an Imame aus der Türkei.

Mit den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen DITIB-Imame wegen Spionageverdachts habe die Diskussion indes nichts zu tun. In rheinland-pfälzischen Haftanstalten sei die Zusammenarbeit mit der Organisation gut, teilte Mertin mit, der zurzeit auch Vorsitzender der Justizministerkonferenz ist.

Wie hoch die Bedeutung der Gefängnisseelsorge eingeschätzt wird, zeigt sich daran, dass der Lenkungsausschuss der Deutschen Islam-Konferenz in einem Bericht an die Justizministerkonferenz empfiehlt, eine Arbeitsgruppe zur islamischen Gefängnisseelsorge einzurichten. Mertin will bei seinen Kollegen für dieses Vorhaben werben. In den Bundesländern bestünden unterschiedliche Regelungen, daher gebe es Diskussionsbedarf.

„Langfristiges Ziel muss es sein, dass die Seelsorger für islamische Häftlinge aus Deutschland selbst kommen und entsprechende fachliche Kriterien erfüllen“, sagte Mertin. Vor dem Hintergrund der aktuellen extremistischen Entwicklung rücke neben der Gewährleistung der Religionsausübung auch die Qualität der islamischen Seelsorge zwangsläufig mehr in den Blickpunkt. Konkrete Vorschläge liegen nach Angaben des Ministers noch nicht auf dem Tisch, Ideen gibt es aber schon. Vorstellbar sei es etwa, Honorarkräfte in Gefängniszellen zu entsenden, sagte der Minister. Zuvor hatte die „Rheinpfalz“ über derartige Überlegungen berichtet.

Hauptamtliche Gefängnisseelsorger ausbilden

Gleichwohl sei dies nur eine Option. Ist der Bedarf hoch, könne man auch über festangestellte Seelsorger nachdenken. „Früher hatten wir nicht die Möglichkeit, theologisch ausgebildete Leute in Haftanstalten zu entsenden. Entsprechende Studiengänge gibt es ja erst seit einigen Jahren“, sagte der Justizminister. Wie groß der Bedarf ist, sei schwierig zu ermitteln, da Häftlinge sich nicht über ihre Religion äußern müssen. Mertin schätzt, dass zwischen 15 und 20 Prozent aller Häftlinge in Rheinland-Pfalz muslimischen Glaubens sind.

Die hessischen Nachbarn reagieren zurückhaltend auf Mertins Vorstoß. Zwar könne man über das Thema in der Justizministerkonferenz reden, erklärte das Wiesbadener Justizministerium. Für Hessen käme es aber vor allem darauf an, bundesweite Standards bei Sicherheit und Auswahl der Imame zu schaffen. Hessen gebe jährlich etwa 260 000 Euro in diesem Bereich aus und könne eine islamische Seelsorge flächendeckend anbieten. Dabei werde sehr viel Wert auf die Auswahl der Imame gelegt. „Das Thema ist deshalb in Hessen nicht neu, sondern schon seit einigen Jahren in der praktischen Umsetzung“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums. (dpa, iQ)