Islamische Religionsgemeinschaften möchten die „islamischen Krankenhausseelsorge“ ausbauen. Warum das wichtig ist und ehrenamtliche Modellprojekte wegweisend, aber nicht ausreichend sind, erklärt IslamiQ-Redakteur Muhammed Suiçmez.
Im Krankenhausalltag entstehen durch Diagnosen schwerer Krankheiten, Sterben, Unfälle, Verlust von Angehörigen immer wieder Krisensituationen, die einer besonderen Unterstützung und Begleitung bedürfen. In Deutschland haben in den vergangenen 15 Jahren die Diskussionen in kirchlichen, seelsorglichen Fachkreisen zum Themenspektrum „Seelsorge für muslimische Patientinnen und Patienten“ wichtige Impulse gegeben, so dass einige Initiativen von und mit Muslimen entstanden sind.
Für die Etablierung einer islamischen Krankenhauseelsorge in staatlichen Einrichtungen sind vor allem die Kommunen zuständig. Diese sind als Träger von Krankenhäusern aufgerufen, die interkulturelle Öffnung bestehender Angebote zu befördern und Raum für neue Angebote zu schaffen.
Bislang existieren lediglich wenige Modellversuche, die in eigener Initiative entstanden sind, um dem Bedarf an religiös gebundener Begleitung nachzukommen. Die neu entstehenden Seelsorgeorganisationen haben meist in Körperschaftsform einer e.V. und arbeiten gemeinnützig. Somit stellen sie einen neuen Akteur der Wohlfahrt dar. Sie erbringen Hilfsleistungen bzw. -angebote für das Gemeinwohl und für benachteiligte Menschen im Sozialwesen Deutschlands.
Ein aktuelles Beispiel ist der Verein Rahmet e.V. mit Sitz in Hamburg, der Ende Januar 2017 einen Rahmenvertrag für die Durchführung muslimischer Krankenhausseelsorge mit der Helios Klinik Mariahilf in Hamburg abschloss. Seit 2014 bietet die Klinik für ihre muslimischen Patienten Krankenhausseelsorge an, allerdings unter der Leitung der Krankenhauspastorin Christina Kayales.
In allen Modellen werden die Ausbildung von ehrenamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorgern als Grundbedingung für die Einsätze in den Krankenhäusern oder Heimen gesehen. Das Angebot der ehrenamtlichen Tätigkeit beginnt mit der muttersprachlichen Betreuung, die Unterstützung des Patientenumfelds (Angehörigenbegleitung) sein, sowie die Wahrnehmung der kulturellen, religiösen Traditionen und rituelle Handlungen in Form von Gebete und Koranrezitationen.
Die entstandenen Modellprojekte in der Krankenhausseelsorge sind zwar wegweisend und impulsgebend sind, werden aber auf Dauer den Bedarf an Seelsorge für Muslime nicht decken können. Die größte Herausforderung ist die strukturelle Aufbauarbeit der islamischen Seelsorge. Um eine professionalisierte Struktur zu gestalten, bedarf es primär an finanziellen Ressourcen und Personalstellen. Im reinen Ehrenamt ist dies kaum bzw. sehr begrenzt möglich.
Auf dieses Phänomen machte auch Erol Pürlü, Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, in seinem Grußwort aufmerksam. „Die Ehrenamtler verdienen großen Respekt, Dank und Anerkennung. Der Bereich islamische Seelsorge ist jedoch immens vielschichtig und überschreitet die Machtbarkeit durch das Ehrenamt.“ Islamische Seelsorge in öffentlichen Anstalten könne nur effektiv realisiert werden, wenn „Ehrenamt von Hauptamt begleitet wird“, so Pürlü weiter.
Wie aus dem Abschlussdokument der DIK zu entnehmen ist, müssen zur Etablierung einer islamischen Krankenhauseelsorge noch Themen wie die Ausbildung der islamischen Seelsorger, Erstellung eines Konzeptes, mögliche Ansprechpartner und Finanzierung erarbeitet werden. Zudem müssen die islamischen Religionsgemeinschaften Voraussetzungen erfüllen, um als solche anerkannt zu werden und gemäß Art. 141 WRV die Anstaltsseelsorge durchzuführen.