Ende April fand die IGMG-Straßenaktion „Gestatten, Muslim.“ statt. Tausende Muslime hatten somit die Möglichkeit, sich vorzustellen und einen Austausch anzuregen. Sakine Battal machte auch mit und schreibt über ihre Erfahrungen, die sowohl negativ als auch positiv waren.
Mit Aufregung und Freude bauten meine Freunde und ich den Informationsstand auf. Im Rahmen der von der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) organisierten Straßenaktion „Gestatten, Muslim.“ wurden am 29.04. in ganz Europa, aber auch in Australien, Infostände aufgebaut und Rosen an die Passanten verteilt. Ziel dieses Projektes war, Vorurteilen entgegenzuwirken und mögliche Fragen zum Islam zu beantworten.
Auch in meiner Heimatstadt in Nürnberg, am Jakobsplatz, fand die Straßenaktion – schon zum dritten Mal in Folge – statt und ich war mittendrin. Interessenten ließen sich nicht nur eine Rose geben, sondern hinterfragten auch den Sinn und Zweck dieser Aktion. Die Passanten bekamen auch die Möglichkeit, ihre Gedanken auf einer Tafel niederzuschreiben. So wollten wir ihnen die einmalige Möglichkeit geben, ungehindert ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen und einen gegenseitigen Austausch anzuregen. Außerdem bekamen wir auch einen guten Überblick über die Themen, die die meisten beschäftigten.
Neben dem „Gestatten, Muslim.“-Informationsstand gab es an dem Tag zufälligerweise noch zwei weitere Informationsstände auf dem Jakosplatz. Der eine Informationsstand beantwortete Fragen zum Christentum und der andere Stand setzte sich aus einer Gruppe von AfD-Befürwortern zusammen. Eine Kombination die nicht alle Tage zu sehen ist.
Nachdem wir unseren Stand aufgebaut hatten, ergriff zunächst die christliche Gruppe die Initiative und suchte das Gespräch mit uns. Natürlich freuten wir uns darüber, doch die Stimmung wurde unglücklicherweise getrübt. Dazu gleich mehr.
Anschließend kam auch eine Frau der AfD-Befürworter an unseren Stand und gab sofort zu Erkennen, dass sie über unsere Straßenaktion nicht erfreut war. Sie war der Meinung, dass wir diese Aktion aus politischen Gründen gestartet hätten und bat uns, uns auf der Stelle aufzulösen.
Thema beider Konversationen war jedoch nicht der Islam, sondern die aktuelle Lage der Türkei und unsere Verantwortung als in Deutschland lebende Türken. Ich hatte mit diesem Thema gerechnet, doch war ich letztendlich sehr über die Unverhältnismäßigkeit überrascht. Da die Türkei nichts mit unserer Aktion zu tun hatte, versuchten wir nicht weiter auf das Thema einzugehen.
Trotz allem haben wir uns den Tag nicht vermiesen lassen. Es hat mir große Freude bereitet, ein Teil dieser Aktion zu sein. Ich finde, dass es vor allem heutzutage wichtig ist, zu agieren statt zu reagieren.
Menschen die Möglichkeit zu geben, Muslime „richtig“ kennenzulernen, stärkt das gesellschaftliche Klima. Das konnte ich hautnah an dem Tag erkennen. Denn nach und nach sind immer mehr Passanten an unseren Stand gekommen, haben ernstgemeinte Fragen gestellt, von Ängsten berichtet, aber auch mitgeteilt, dass sie um die negative Reputation des Islams wissen. Es fanden tolle Gespräche statt und das gegenseitige Lächeln war die schönste Entlohnung dafür.
Aufgefallen ist mir vor allem, dass viele Passanten überhaupt keine Vorurteile hatten. Für mich war diese Erfahrung die größte Überraschung, denn es überführte mich meiner eigenen Vorurteile, da ich nicht davon ausging, dass so viele Personen ein eigentlich gutes Bild von Muslimen haben. Daher war meine Teilnahme an dem Projekt sehr wichtig und lehrreich. So habe ich die Möglichkeit bekommen, selbst Fragen zu bestimmten Themen zu stellen und mit Nichtmuslimen diese zu diskutieren und somit einen anderen Blickwinkel zu bekommen.
Als wir den Stand nach einem langen Tag wieder abbauten, ließ ich alles noch mal Revue passieren und merkte vor allem eins: Ich kam an einem Tag mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt, und auch wenn manche Begegnungen nicht unbedingt positiv waren, so waren die positiven Erfahrungen überwältigend und erweiterten meinen Horizont ungemein. Zusammengefasst kann ich den Tag als eine eintägige Reise in der eigenen Heimatstadt bezeichnen, der zwar Höhen und Tiefen hatte, doch mich vorangebracht hat.