In den Markt für Zertifizierungen für Halal-Produkte in Deutschland drängt mit Unterstützung der DITIB jetzt auch das staatliche Türkische Standards Institut. Es wirkt wie ein Rückschlag für einen einheitlichen Halal-Standard für Lebensmittel in Deutschland.
Halal-Lebensmittel, also Lebensmittel, die entsprechend der islamischen Speisevorschriften als erlaubt gelten, werden von Muslimen in Deutschland immer öfter nachgefragt. Doch viele Muslime bleiben oft im Ungewissen, ob dort wo auch „halal“ draufsteht, wirklich auch „halal“ drin ist.
Eine gewisse Sicherheit sollen Halal-Siegel und Halal-Zertifizierungen schaffen. Doch meist wissen die Verbraucher nicht, welchen Siegeln oder Zertifizierern sie vertrauen können. Das staatliche Türkische Standards Institut (TSE – Türk Standardları Enstitüsü) will angesichts dieser Umstände zusammen mit der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) ein neues Zertifikat nach eigenem Halal-Standard in Deutschland etablieren. Das gab das TSE während der „Zweiten Europäischen Halalkonferenz“, am 6. Oktober im Rahmen der Lebensmittelmesse Anuga in Köln bekannt.
Mit dem neuen Angebot für eine Zertifizierung von Lebensmitteln will die TSE nach eigener Darstellung den Diskussionen darüber, welchen Zertifizierern man vertrauen kann beenden. Anträge von Firmen aus Deutschland auf ein Halal-Zertifikat sollen durch die TSE nach den gültigen Halal-Standards geprüft und bewertet werden.
Eingebunden in die Entscheidung über die Vergabe eines Zertifikats sind auch Experten der DITIB. Diese wurden in Köln in einer ersten Veranstaltung über die künftigen Prozesse informiert. Die DITIB soll den Zertifizierungsprozess aus religiöser Sicht mit Fachwissen begleiten und bei der Entscheidungsfindung und Bewertung unterstützend mitwirken.
Lebensmittel, die entsprechend der islamischen Speisevorschriften als „halal“ eingestuft und zertifiziert werden, sollen dann ein Halal-Logo des TSE tragen können. Damit könnten Lebensmittelhersteller den Konsumenten ein gewisses Gefühl der Sicherheit geben und Vertrauen in die zertifizierten Produkte schaffen.
In Deutschland soll die Zertifizierung mit Hilfe von Partnern vorangebracht werden. So ist einer dieser Partner die TSPlus Prüf- und Zertifizierungs GmbH, die wiederum mit mit der TÜV SÜD ELAB GmbH zusammenarbeiten möchte. Die TÜV SÜD soll exklusiv Produkte daraufhin prüfen, ob Schweinefleisch und Alkohol enthalten ist – ein Novum in Deutschland. Ist das nicht der Fall, soll das Produkt mit einemHalal-Gütesiegel gekennzeichnet werden. Das Siegel basiert auf dem von der TSE definierten Halal-Standard und den islamischen Vorgabe über erlaubte Lebensmittel.
Damit tritt der Halal-Standard der TSE automatisch in Konkurrenz zu bisherigen wichtigen Standards von Zertifizierern auf dem Deutschen Lebensmittelmarkt. Besonders das Bündnis in der „Gütegemeinschaft Halal-Lebensmittel e.V.“, dass von mehreren Zertifizierern, muslimischen Landesverbänden und dem Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD) unterstützt wird, sieht die Ankündigung durch die DITIB dennoch positiv.
Die Gütegemeinschaft, die auch ein RAL-Gütezeichen (Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung) vergibt und von den Mitgliedern einen gewissen Standard im Produktionsprozess verlangt, hat nach eigener Darstellung darauf hingearbeitet, dass sich weitere muslimische Religionsgemeinschaften dem Bündnis anschließen. Yusuf Çalkara vom Europäischem Halal Zertifizierungsinstitut, dass Mitglied in der Gütegemeinschaft erklärte gegenüber IslamiQ: „Es ist ein weiterer Schritt um den Konsumenten auf internationaler Ebene einen Halal-Standard anzubieten. Gerade an solchen Standards arbeitet auch die Organisation der Islamischen Kooperation (OIC). Letztendlich profitieren alle Muslime von dieser Entwicklung. Man muss jetzt die weitere Entwicklung fördern und sich auch weiter austauschen.“
Die Entscheidung der DITIB mit der TSE zusammenzuarbeiten ist aus dieser Sicht also kein echter Rückschlag für ein einheitliches Halal-Gütesiegel. Für die Konsumenten ändert sich aber im Grunde nichts. Wer auf sein Essen achtet und möchte, dass „halal“ drin ist, wo auch „halal“ draufsteht, muss auch weiterhin genauer hinschauen. Es gibt dann aber in Deutschland einen weiteren Standard, der Beachtung verdient.