Eine muslimische Juristin hatte gegen das Kopftuchverbot in Hessen geklagt. Vorerst ohne Erfolg. Das bestätigte nun das Bundesverfassungsgericht.
Eine Frankfurter Rechtsreferendarin darf bei ihrer Ausbildung auch weiterhin kein Kopftuch tragen. Die Muslimin scheiterte mit einem Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht. In einer vorläufigen Abwägung gaben die Karlsruher Richter der staatlichen Neutralitätspflicht mehr Gewicht als der Religionsfreiheit der Juristin. «Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, haben das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten», heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.
Das hessische Justizministerium hatte der Juristin verboten, während ihrer Ausbildung mit Kopftuch Gerichtsverhandlungen zu führen oder die Staatsanwaltschaft zu vertreten. Karlsruhe sah darin nur einen zeitlich und örtlich begrenzten Eingriff in die Religionsfreiheit. Der weit überwiegende Teil der Ausbildung in Arbeitsgemeinschaften sei von dem Verbot nicht berührt.
Eine endgültige Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde der Muslimin wird es erst zu einem späteren Zeitpunkt geben (Az. 2 BvR 1333/17). Vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht hatte die Frau zunächst Recht bekommen. Hessens Verwaltungsgerichtshof in Kassel hob die Entscheidung allerdings auf.
„Ich gebe zu, dass ich mich über die Entscheidung freue“, erklärte Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) in Wiesbaden. Gerade in einer globalisierten Welt mit vielen Religionen sei die weltanschauliche Neutralität staatlicher Institutionen noch wichtiger. Aus dem Gerichtssaal dürfe keine „kulturelle Kampfzone“ gemacht werden.
Kritik an der Entscheidung kam dagegen vom Islamrat für Deutschland. : „Wer glaubt, dass Neutralität des Staats durch das Kopftuch gefährdet wird, der irrt“, erklärte dessen Vorsitzender Burhan Kesici. Wer bewusst Jura studiere und als Richterin oder Staatsanwältin arbeiten möchte, akzeptiere nicht nur die Neutralität des Staates, sondern möchte auch zu deren Verwirklichung aktiv beitragen. „Das Verbot ist nicht zeitgemäß und stigmatisiert Musliminnen“, so Kesici weiter.
Rechtsreferendarinnen mit Kopftuch beschäftigen – neben Lehrerinnen – bereits seit einer Weile auch die Gerichte der Bundesländer. So erklärte das Augsburger Verwaltungsgericht Ende Juni 2016 ein vom bayerischen Justizministerium erlassenes Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen für unzulässig. Die Richter vermissten eine gesetzliche Grundlage für das Verbot.
In Baden-Württemberg verabschiedete der Landtag im Mai ein neues Gesetz, das ausdrücklich regelt, dass Richter, Staatsanwälte und Rechtsreferendare keinerlei religiöse oder politische Symbole im Gericht tragen dürfen. Umfasst ist davon neben einem Kopftuch etwa auch eine Kippa. (dpa, iQ)