Der gewaltsame Konflikt um die unterdrückte muslimische Minderheit in Myanmars Teilstaat Rakhine nimmt kein Ende. Nun sorgt ein möglicher Papstbesuch für Hoffnung, aber auch Ablehnung.
Papst Franziskus reist Ende November nach Bangladesch – und wohl auch nach Myanmar. Die Nachricht sorgte in jüngster Vergangenheit von Asien bis Südamerika für Schlagzeilen. Obwohl es keine offizielle Bestätigung durch den Vatikan gibt, verbinden Menschen im vom Konflikt zwischen buddhistischen Hardlinern und Muslimen gepeinigten Myanmar Hoffnungen mit einem Papstbesuch – aber auch Befürchtungen.
Der Konflikt um die unterdrückte und verfolgte muslimische Minderheit der Rohingya im Teilstaat Rakhine im Westen Myanmars an der Grenze zu Bangladesch droht sich weiter zu verschärfen. Anfang August wurden dort sechs Buddhisten ermordet. In der Folge verstärkte die Armee ihre Präsenz – und erhielt dafür Beifall von der buddhistisch-nationalistischen „Vereinigung junger Mönche in Arakan zur Bewahrung von Disziplin zum Wohlergehen der Menschen“.
Die jungen Mönche fordern von der Regierung von Aung San Suu Kyi die Ausweisung aller UN-Organisationen und die Erlaubnis zur Bildung von Volksmilizen zur „Ausrottung der Bengali-Terroristen“. Bengali, das ist der regierungsoffizielle Namen für die Rohingya, die als illegal aus Bangladesch eingewanderte Bengalen gelten. In ihrer Rolle als Außenministerin forderte Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi vor einem Jahr von Diplomaten in Myanmar den Verzicht der Benutzung des Namens „Rohingya“.
Nach einem Angriff von „Bengali-Terroristen“ auf einen Grenzposten im Oktober 2016 startete die Armee im Norden Rakhines eine Offensive gegen die Rohingya. 70.000 Menschen flohen vor Gewalt, Vergewaltigungen und Brandschatzungen nach Bangladesch; 20.000 suchten Schutz in Lagern innerhalb von Rakhine.
Im mehrheitlich muslimischen Bangladesch sind die Glaubensgenossen ebenso wenig geduldet wie in Myanmar. Rund 400.000 Rohingya, die in den vergangenen Jahrzehnten vor den periodisch auftretenden Pogromen in Myanmar geflüchtet waren, leben unter erbärmlichen Bedingungen in Lagern im Distrikt Cox’s Bazar. Wie Myanmar sieht auch Bangladesch die Rohingya nicht als seine Staatsbürger an. Lieber heute als morgen will Bangladesch die Rohingya daher zurück nach Myanmar schicken.
Myanmar weist den Vorwurf von Menschenrechtsverletzungen in Rakhine entschieden zurück. Die Armee und die Regierung stellten sich jüngst durch zwei von ihnen selbst eingesetzte Untersuchungskommissionen einen Persilschein aus. Einer Untersuchungskommission der Vereinten Nationen verweigert Myanmar die Einreise. „Diese Gräueltaten verschwinden nicht. Je eher die Kommission der Vereinten Nationen nach Birma kommen darf, desto eher können die Verantwortlichen ausgemacht werden und die Opfern Wiedergutmachung erfahren“, betont Phil Robertson, Myanmar-Experte in Bangkok.
Im Fall der Rohingya wird Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi zunehmend Versagen vorgeworfen. „Es fehlt ganz einfach der politische Wille. Sie zeigt kaum Bereitschaft noch die Fähigkeit zur Lösung des Konflikts“, sagt Khin Zaw Win, Direktor des unabhängigen Tampadipa-Instituts zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Rangun.
Jetzt soll es Papst Franziskus richten: den Bürgern jeglicher religiöser Couleur ins Gewissen reden, Mut zum religiösen Dialog machen. „Seine Standpunkte und seine Reputation sind wirkliche Stärken, und sein Besuch könnte ein Wendepunkt sein“, meint Khin Zaw Win. Vom obersten buddhistischen Mönchsrat ist er in der Rohingya-Frage enttäuscht. Der habe „leider wenig getan“.
Hans-Bernd Zöllner ist weniger optimistisch. Der christliche Theologe und Kenner des Buddhismus in Myanmar hält den potentiellen Papstbesuch eher für kontraproduktiv, für Wasser auf die Mühlen der buddhistisch-nationalistischen Mönche. Die Regierung von Myanmar als auch weite Teile der Öffentlichkeit wehren sich schon lange gegen jede internationale Einmischung in den Rohingya-Konflikt.
Im Netz werden bereits kritische Stimmen gegen einen Papstbesuch laut. Der Tenor in den Sozialen Netzwerken: „Besuchen Sie uns nicht, wenn sie nur wegen der Bengalis nach Myanmar kommen wollen“ oder „Wir sind gegen den Besuch, wenn er das Wort Rohingya benutzt“. (KNA, iQ)