Gesetzesänderung in Niedersachsen

Nikab-Verbot an Schulen: „öffentliche Stimmungsmache“

Eine Schülerin die ihren Nikab nicht ablegen wollte, führte zu einer schulgesetzlichen Änderung. Muslimische Stimmen werfen der Politik nun Populismus und unbegründeten Aktionismus vor.

15
08
2017
Muslimische Frauen
Symbolbild: das Tuch der muslimischen Frau. © Perspektif.eu, bearbeitet by iQ.

Der Fall einer Nikab-tragenden Schülerin hatte in Niedersachsen heftige politische Debatten ausgelöst, wie IslamiQ berichtete. Als Folge soll es nun eine gesetzliche Änderung geben. Der Landtag will am Mittwoch den Paragrafen 58 des Schulgesetzes ergänzen, berichtet der evangelische Pressedienst. Schülern soll allgemein die Pflicht auferlegt werden, alles zu unterlassen, „was den ordnungsgemäßen Schulbetrieb unmöglich macht“. Von expliziten Kleidungsvorschriften ist zwar nicht mehr die Rede, aber dennoch soll damit den Schulen ein Instrument an die Hand gegeben werden, mit dem sie verhindern können, dass muslimische Schülerinnen im Unterricht eine Burka oder einen Gesichtsschleier (Nikab) tragen.

In dem ursprünglichen Gesetzentwurf hieß es, Schüler dürften mit ihrem Verhalten oder ihrer Kleidung nicht die Kommunikation im Schulleben erschweren. Die aus religiösen Gründen getragene Vollverschleierung könne eine derartige Erschwerung darstellen. Grundlage des Entwurfs war ein Antrag der FDP.

Muslimische Stimmen zu der Gesetzesänderung

Der Vorsitzende der Schura Niedersachsen, Recep Bilgen, gab IslamiQ gegenüber nun an, dass er das Gesetz „kontraproduktiv“ halte, da es real nur sehr wenige Einzelfälle beträfe. „Und es betrifft Jugendliche, auf die man besser pädagogisch einwirken sollte als mit gesetzlichem Zwang, der dann unter Umständen jugendliche Protesthaltungen nur weiter verstärkt.“ Der Nikab sei zwar für den größten Teil der Muslime kein Bestandteil der religiösen Kleidung, dennoch sei die Gesetzänderung nicht nötig, da sie lediglich „die öffentliche Stimmungsmache“ bedient, so Bilgen weiter.

Eine ähnliche Ansicht vertritt die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück, Silvia Horsch. Wie der NDR berichtet, sehe sie das „Nikab-Verbot“ als „Reine Symbolpolitik“. „Der Gesetzentwurf reagiere nicht auf einen real vorhandenen Regelungsbedarf, sondern sei politisch motiviert. Es soll der Gesellschaft der Eindruck vermittelt werden, dass etwas gegen die schleichende „Islamisierung“ getan werde. „Was man auch daran sieht, dass es derzeit überhaupt keine Schülerinnen mit Vollverschleierung (Burka, Anm. d. Redaktion) in den Schulen in Niedersachsen gibt. Das ist nur eine gefühlte Bedrohung“, so Horsch. 

Bei der Anhörung im Kultusausschuss lehnten Eltern- und Schülervertreter das geplante Vollverschleierungsverbot ab. Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte befürwortet das geplante Verbot.

 

Leserkommentare

Dilaver sagt:
Die German Angst unter den hiesigen Politikern treibt mal wieder ihr Unwesen. Typisch.
15.08.17
23:15
Frederic Voss sagt:
Schulgesetze in Deutschland machen Politiker in Deutschland und nicht irgendwie koran-gesteuerte Gesichtsschleier-Fans oder Burka-Fanatiker. Muslimische Stimmen bestimmen nicht in jedem Fall die Richtlinien der Politik in Deutschland. Schließlich ist Deutschland kein muslimisches Land unter der Herrschaft von predigenden Koran-Anhängern bzw. Islam-Ideologen & Koran-Interpretierern.
16.08.17
4:40
Johannes Disch sagt:
Das ist weder Aktionismus und schon gar kein Populismus. Die Änderung des Schulgesetzes ist richtig und war notwendig. Damit die Schule ihrem Bildungsauftrag nachkommen kann muss eine offene Kommunikation möglich sein. Dazu muss man das Gesicht sehen, da Kommunikation auch auf nonverbaler Ebene passiert (Mimik). Das ist bei einem Kopftuch möglich. Bei einem Nikab aber nicht mehr. Nicht jeder folkloristische Firlefanz fällt unter Religionsfreiheit. Die "5 Säulen" des Islam-- die Essenz des islamischen Glaubens-- dürfen Muslime bei uns problemlos praktizieren. Damit ist der Religionsfreiheit genüge getan.
16.08.17
12:28
Mads sagt:
@Dilaver: Tatsächlich kann man wohl eher von einer Muslim Angst sprechen. Wir müssen unsere Frauen nicht verstecken. Moslems dagegen scheinen so wenig Selbstvertrauen zu haben, dass sie aus Angst, ihre Frauen würden ihnen weggenommen, ihre Frauen einhüllen müssen. Wer hat hier also unbegründete Angst? Dass wir nicht mit Frauen konfrontiert werden wollen, die sich vollständig vermummen, hat nichts mit Angst zu tun. Wir möchten unserem Gegenüber ins Gesicht schauen können. So ist das eben in einer offenen Gesellschaft. Wer nach strengen Regeln der Scharia leben möchte, sollte nach Saudi Arabien auswandern.
16.08.17
16:35
Ute Fabel sagt:
Islam heißt auf Deutsch übersetzt "Unterwerfung". Der Staat darf sich keinesfalls islamischen Dogmen unterwerfen. Die Spielregeln des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft haben die demokratisch legitimierten staatlichen Organe zu gestalten.
18.08.17
12:37
Dilaver sagt:
@Mads Sie müssen den Niqab nicht mögen. Sie müssen es jedoch akzeptieren, wenn eine Frau in der Öffentlichkeit Niqab trägt, weil Sie nicht das Recht haben, in das Selbstbestimmungsrecht von Menschen, welche "nach den strengen Regeln der Scharia" leben wollen, einzugreifen. Geschweige denn, der Staat. Andernfalls droht Ihnen eine Strafanzeige.
19.08.17
12:57
Torben sagt:
@Dilaver: Wer Nikab tragen will, ist frei, in ein Land zu gehen, in dem das erwünscht ist. Niemand ist gezwungen, nach Deutschland zu kommen und hier zu leben. Wer unsere Lebensart nicht mag, muss uns nicht damit nerven.
21.08.17
15:07
Manuel sagt:
@Dilaver: Extremistische und frauenfeindliche Symbole MÜSSEN wir hier gar NICHT akzeptieren und wenn Ihnen das nicht passt, ONE-WAY-Ticket zur Ihrem Kalifen Erdogan.
21.08.17
19:31
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel -- "Islam heißt auf deutsch übersetzt "Unterwerfung".(Ute Fabel) (18.08.17, 12:37) Das ist falsch. Die korrekte Übersetzung lautet "Hingabe." "Islam" leitet sich etymologisch ab vom arabischen Verb "aslama", was "sich hingeben" bedeutet. heißt "Hingabe." "Sich Gott hingeben" ist damit gemeint. Das hat auch eine inhaltliche Entsprechung im Christentum: "Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe."
22.08.17
0:34
Dilaver sagt:
@Torben Sie sollten nicht von sich auf andere schließen. Wenn jemand einen Niqab tragen will, der kann das auch in Deutschland tun. Das ist in multireligiös geprägten Großstädten schon seit Jahren hier gängige Praxis. Das müssen Sie hinnehmen, auch wenn Ihnen das nicht gefällt.
22.08.17
0:53
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