Heute sind die Bundestagswahlen. Mit Blick auf die Ergebnisse sorgen sich Religionsvertreter der Muslime und Juden um die Stimmung in Deutschland.
Vertreter von Judentum und Islam sorgen sich mit Blick auf die Bundestagswahl am Sonntag um die Stimmung in Deutschland. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, befürchtet, dass sich die AfD künftig vermehrt antisemitisch äußern könnte. „Es ist eine Partei, die gegen Minderheiten Stimmung macht“, sagte Schuster dem „Tagesspiegel“ (Sonntag). Im Moment seien das vorwiegend Muslime. „Ich bin aber überzeugt: Wenn das Thema Muslime nicht mehr interessant sein sollte und es wäre zudem politisch wie gesellschaftlich opportun, dann könnte es sehr wohl andere Minderheiten treffen. Dazu zähle ich auch Juden.“
Schuster sagte, es bedrücke ihn, dass Umfrageinstitute einen Einzug der AfD in den Bundestag nach den Wahlen am Sonntag mit mehr als zehn Prozent für möglich hielten. „Ich hätte mir vor vier, fünf Jahren nicht vorstellen können, dass einer rechtspopulistischen Partei in Deutschland ein zweistelliges Ergebnis vorausgesagt wird.“
Der Vorsitzende des Islamrates, Burhan Kesici, erklärte am Samstag in Berlin, auch andere Parteien hätten populistisch gegen Interessen von Muslimen agiert. „Das Aufgreifen islamfeindlicher Parolen der AfD durch die etablierten Parteien hat dazu beigetragen, dass Islamfeindlichkeit inzwischen salonfähig geworden ist.“ Zudem habe sich keine der etablierten Parteien „ausdrücklich“ für Sorgen und Interessen der Muslime eingesetzt.
Das politische Klima habe sich für Muslime in den vergangenen Jahren verschlechtert. „In diesem Wahlkampf mussten wir mitansehen, wie Muslime und der Islam zu Wahlkampfzwecken teils dämonisiert wurden“, sagte Kesici. Er rief zugleich Muslime auf, am Sonntag zur Wahl zu gehen.
„Gegen rechtsextremistisches Gedankengut kann nur sinnvoll vorgegangen werden, wenn an der freiheitlich demokratischen Grundordnung weiter festgehalten wird und insbesondere religiöse Minderheiten und Schutzbedürftige wie Flüchtlinge nicht zur Projektionsfläche wahltaktischer Kalküle gemacht werden“, so Kesici. (KNA, iQ)