Die Universität Hamburg regelt in einem Verhaltenskodex, wie Studenten ihren Glauben an der Universität ausüben können. Der 10-Punkte Plan stößt bei muslimischen Studierenden auf Kritik und Unverständnis.
Die Universität Hamburg regelt nach eigenen Angaben als bundesweit erste Hochschule seit Mittwoch in einem Verhaltenskodex, wie Studenten im Wissenschaftsbetrieb ihren Glauben leben und ausüben können. Ein Thema, in dem Konfliktpotenzial stecken könne, aber keineswegs müsse, sagte die Philosophie-Professorin Birgit Recki in der Hansestadt.
Was aber bedeutet der Kodex konkret für das Leben an der Uni? Dies wird in Verhaltenskodex geklärt. Dort heißt es etwa, dass religiöse Feste nur in dem eigens vor rund zehn Jahren eingerichteten „Raum der Stille“ begangen werden dürfen. Und in dem mit Teppichen ausgelegten, etwa 35 Quadratmeter großen Zimmer mit gelben, roten und orangenen Rechtecken an den Fenstern werde keine Form der Diskriminierung geduldet – auch nicht die „Diskriminierung des weiblichen oder männlichen Geschlechts durch eine geschlechtsspezifische Teilung des Raumes.“
Die Geschlechtertrennung im Raum der Stille wurde im Verhaltenskodex als Diskriminierung von Frauen durch muslimische Männer ausgelegt. Dabei soll dies auf Wunsch der Frauen eingerichtet worden sein. Wie der Vorsitzende der Islamischen Hochschulgemeinde Hamburg, Bilal Gülbaş, mitteilte fand in den letzten Tagen ein Gespräch mit dem Vizepräsidenten statt. Hier hatten muslimische Studierende die Gelegenheit den Sinn des Vorhangs zu erklären. An einer gemeinsamen Kompromisslösung werde derzeit gearbeitet.
Zumindest im AStA, der sonst nicht immer einer Meinung mit dem Uni-Präsidenten ist, findet der Vorstoß Zustimmung. Der Kodex gehe tendenziell in die richtige Richtung, sagte die Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Uni, Franziska Hildebrandt. „Es ist ein Verhaltenskodex für alle Uni-Mitglieder, auf dessen Basis man sich hier begegnen will.“ Es ginge nicht nur um Menschen muslimischen Glaubens.
Der Kodex solle „das respektvolle und friedliche Miteinander bei der Ausübung verschiedener Glaubensüberzeugungen regeln“, sagte Uni-Präsident Dieter Lenzen. Seine Uni habe sich als bundesweit erste einen „so fundierten Katalog“ zu Fragen der Religionsausübung gegeben.
Der Vorsitzende des islamischen Jugendbundes, Baki Ince, kritisiert indes die fehlende Transparenz an der Universität, da studentische Vertreter nicht in die Verhandlungen zum Kodex involviert wurden. Außerdem entstehe der Eindruck, dass die formulierten Verbote und Grundsätze sich vor allem auf den Islam und die Muslime beziehen, auch wenn diese auf den ersten Blick allgemein und diplomatisch formuliert seien „Von den thematisierten Punkten wie beispielsweise Gebetswaschung, Geschlechtertrennung oder laute Gebete sind ja primär Muslime betroffen“, so Ince weiter.
So sei auch die Diskussion über das Tragen einer Burka an der Universität und in Prüfungssituation eine reine Phantomdebatte. „Mir ist nicht bekannt, dass es an der Universität Studierende gibt, die eine Burka tragen. Weshalb hält man es denn gerade jetzt für notwendig, wie mit Burkaträgerinnen an der Universität umgegangen werden soll?“, kritisiert Ince.
Das Rektorat gab mehrere Vorfälle an, die die Universität dazu veranlasst hat, diesen Kodex zu verabschieden, doch seien diese Vorfälle der islamischen Hochschulgemeinde, welche als primärer Ansprechpartner für muslimische Belange gilt, nicht bekannt, erklärt Bilal Gülbaş auf Anfrage von IslamiQ.
Dennoch werde die islamische Hochschulgruppe weiterhin an einem Austausch festhalten. „Generell soll es in den zukünftigen Gesprächen darum gehen, welche Auswirkungen der 10-Punkte-Aktionsplan haben wird und wie die konkrete Umsetzung aussehen soll. Wir denken, dass ein solcher Dialog aktuell unerlässlich ist“, betonte Gülbaş. (dpa, iQ)