Springerstiefel für jedes Wetter, eine Zeitschrift über Naturschutz und Flusslieder: Bei Rechtsextremen spielt Natur eine große Rolle. Sie wollen sich so – in der Tradition der Nationalsozialisten – völkisch zu positionieren.
Die «Blut-und-Boden»-Ideologie des Nationalsozialismus ist bis heute ein zentrales Element des rechtsextremistischen Denkens. Die Natur spiele in Sprache, Kleidung und Musik der Rechten eine große Rolle, heißt es in einer am Dienstag vorgestellten Broschüre, die das rheinland-pfälzische Umweltministerium herausgibt. So wollten die Rechtsextremen auch Natur- und Umweltschützer für sich gewinnen. Volk und Raum in einer Einheit zu sehen, sei eine völkische Ideologie.
„Die Broschüre entlarvt die Symbolik der rechtsextremistischen Lebenswelt und analysiert die Ideologie kritisch“, erklärte Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne). Sie wünsche sich, dass die neue Publikation dazu ermuntert, sich mit rassistischen Erscheinungsformen im Alltag kritisch auseinanderzusetzen. Sie begrüßte es, dass sich Naturschutzorganisationen in den vergangenen Jahren klar von Rechten abgegrenzt haben.
Das Ministerium hat bereits zwei ähnliche Broschüren herausgegeben, die in ihrer Art in Deutschland ebenfalls einmalig sind und bundesweit eingesetzt werden. 2014 wurde „Klartext gegen rechtsextreme Ökosprüche“ veröffentlicht, 2011 „Naturschutz gegen Rechtsextremismus“. Beide wurden mehrfach neu aufgelegt.
Die neue, 52 Seiten lange Broschüre mit dem Titel „Die Natur des rechtsextremistischen Lebensstils“ wurde von dem Leipziger Kulturwissenschaftler Nils M. Franke erstellt. Er bringt zahlreiche Beispiele. So töne die Gruppe „Division Germania“;etwa: „Volk heißt Sippe – Volk heißt Raum. Volk heißt Reich und ist kein Traum!“ Der Liedermacher Frank Rennicke wiederum träumt von ehemals deutschen Gebieten, die heute zu Polen gehören: „Wo ich hör‘ die Inster flüstern, klingt ein strophisches Gedicht. Und die Tannen von Rominten säuseln in dem Mondeslicht.“
Im Dritten Reich spielte „Blut und Boden“ eine Schlüsselrolle in der nationalsozialistischen Ideologie. Heute werde diese Idee meist nicht mehr explizit so genannt, heißt es in der Broschüre. Aber Grundlage des „Bodens“ sei die Natur, die als essenzieller Bezugspunkt immer wieder aufgenommen werde. Natur beziehungsweise Natur- und Umweltschutz seien sehr attraktiv. Das zeige zum Beispiel die rechtsextremistische Hochglanz-Zeitschrift „Umwelt Aktiv“.
Auch die Kleidung der Rechten weist laut Broschüre viele Bezüge zur Natur und einem inszenierten Überlebenskampf auf. So könne man mit Springerstiefeln durch jedes Wetter laufen und die robuste Bomberjacke diene nach dem Umdrehen dank der orangenen Farbe zum Auffinden für Suchtrupps. Im Wald stilisierten sich Rechtsextremisten zu Kriegern und Abenteurern. Dafür gebe es extra Sommerlager, Camp-Wochenenden und Orientierungsläufe – zum Stählen des Körpers.
Rechtsextreme Parteien wie „Der III. Weg“ sprechen laut Broschüre von einer „Schaffung beziehungsweise Wiederherstellung einer lebenswerten Umwelt, die Erhaltung und Entwicklung der biologischen Substanz des Volkes“. Dabei gehe es nicht nur um Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna, sondern auch um eine genetische Reinrassigkeit von Menschen. Dabei werde klar an die „Blut-und-Boden“-Ideologie angeknüpft. Auch nutzten die Rechten gerne Naturkatastrophen als Sprachbilder, etwa wenn sie von Asylflut sprechen.
„Natur war ein Schlüsselbegriff im Nationalsozialismus und ist es in der rechtsextremistischen Weltanschauung heute geblieben“, heißt es bilanzierend in der Broschüre. (dpa, iQ)