Berlin-Neukölln

Orientalischer Märchenspielplatz eröffnet

Die Debatte um den Islam in Deutschland wird oft reflexhaft geführt. Welche abstrusen Züge das annehmen kann, zeigt ein Beispiel aus Berlin. Dort hat ein orientalischer Kinderspielplatz den Hass auf sich gezogen.

07
12
2017
Der neue Märchenspielplatz in Berlin-Neukölln. © twitter
Der neue Märchenspielplatz in Berlin-Neukölln. © twitter

Der Untergang des Abendlandes – so meinen einige – nimmt im Sand gleich hinter dem Berliner S-Bahnhof Neukölln seinen Lauf. In einer Seitenstraße mit schmucklosen Mietskasernen ist ein hölzerner Kuppelbau mit gelbem Halbmond an der Spitze entstanden, der sich gleich zu einem Aufreger in der Hauptstadt entwickelt hat. Der Stein des Anstoßes: ein neuer Kinderspielplatz.

Kinder sollen dort in die Märchenwelt von Ali Baba und den 40 Räubern eintauchen können. Doch Verschwörungstheoretiker und vermeintliche Hüter des Abendlandes sehen in dem Projekt einen Beleg für den angeblichen Vormarsch des Islam in Deutschland. „Jetzt werden schon Spielplätze zu religiösen Einrichtungen“, schrieb die Berliner AfD-Fraktion auf Twitter – schon vor Wochen, als erste Bilder der Baustelle auftauchten. Hasserfüllte Kommentare machten in der Folge die Runde.

Dabei hat die Gestaltung mit Religion gar nichts zu tun. „Die Debatte ist wirklich absurd“, sagt Neuköllns Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bei der Eröffnung am Mittwoch. „Wir haben hier keine Moschee gebaut, sondern eine orientalische Burg.“ Ziel sei es, Geschichten zu erzählen, die Fantasie der Kinder anzuregen, sie in eine Märchenwelt eintauchen zu lassen. Neben dem fünf Meter hohen Kletterhaus mit Kuppel finden sich auch hölzerne Palmen, ein Basar, ein fliegender Teppich sowie Ali Baba und eine Schatztruhe auf dem Gelände.

Themenspielplätze liegen im Trend

„Solche Themenspielplätze sind in Berlin und in Deutschland keine Seltenheit“, erläutert Spielplatzplaner Axel Kruse, der für die Umgestaltung des lange unansehnlichen Areals in der Neuköllner Walterstraße verantwortlich ist. „Sie liegen seit 20 Jahren im Trend.“ Ob mit Jim Knopf, Schneewittchen und den sieben Zwergen oder Bernd dem Brot – in Neukölln gibt es schon einige solcher Spielplätze. Seit 15 Jahren auch einen zu den Märchen aus 1001 Nacht. „Gestört hat sich daran bisher niemand“, sagt Kruse.

Bei dem neuen Spielplatz wollten die Verantwortlichen nun alles richtig machen. Sie befragten die Nachbarschaft, welches Märchen sie sich wünschten. Schließlich wurde es Ali Baba, weil die Kinder einer gleichnamige Kita um die Ecke das vorschlugen. „Wie man daraus eine politische und religiöse Diskussion machen kann, ist mir unbegreiflich“, sagt Kita-Leiterin Güldane Yilmaz. „Religion hat in der Kita nichts zu suchen.“ Allerdings, räumen die Beteiligten ein, habe es auch bei einigen Eltern Bedenken gegen das Projekt gegeben.

„Sesam öffne dich“

Zwischenfälle bei der Eröffnung bleiben aber aus – sieht man von dem Trubel ab, den ein rot gekleideter Nikolaus mit Süßigkeiten bei den zahlreich anwesenden Kindern auslöst. Und den Kita-Knirpsen ist die politische Debatte bei der Eröffnungsfeier sowieso egal. Ungeduldig warten sie auf das „Sesam öffne dich“, dann stürmen sie ihren neuen Spielplatz mit lautem Geschrei. Das Kletterhaus mit Kuppel und Halbmond nehmen sie sofort in Beschlag. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Berry Land sagt:
Also es wird wirklich immer absurder und verrückter! Aber leider zu lasten von unschuldigen muslimischen Frauen! Wie oft habe ich die hasserfüllten und agressiven Herangehensweisen von weißen, monokulturellen Deutschen gegenüber muslimischen Deutschen oder an der Menschen gesehen. Ich lebe seit 2014 in Berlin und der immer schlimmer werdende Rassismus und die islamophobie ausgehend von weißen, monokulturellen Deutschen wird immer schlimmer! Wann wird endlich die Berliner Polizei entanazifiziert? Wann werden Menschen endlich sträker vom Staat bestraft, wenn sie sich rassistisch oder islamophob verhalten oder bloß die Andeutung machen? Wir brauchen eine stärkere Awareness und und eine rigorose Ahnung solcher Dinge! Sonst verkommt Deutschland wieder zu einem Land, indem ein ein öffentlich gedulteter und unterstützter Progrom auf die orientalische Kultur, auf alles südländische, auf den islam und seine großartige Kultur generell! Der Hass kommt nicht nur von weißen, monokulturellen Deutschen, sondern ebenfalls von osteuropäischen Migranten und ehemaligen Migranten!
07.12.17
17:44
Frederic Voss sagt:
Der Trubel, den ein rot gekleideter Nikolaus mit Süßigkeiten bei den zahlreich anwesenden Kindern auslöste, wird hier reflexhaft in die Nähe eines Zwischenfalls gerückt. Wie abstrus ist das denn? Ein Zwischenfall ist ein nicht gewünschter Vorfall. Normalerweise freuen sich in Deutschland Kinder über den Besuch eines rot gekleideten Mannes am 6. Dezember, da an diesem Tag die guten Taten des heiligen Nikolaus traditionell gefeiert werden. Der Nikolaustag gehört weltweit zu den wichtigsten Traditionen. Kinder lieben es, wenn ihnen dabei auch kleine Geschenke überreicht werden und sehen dies als freudiges Ereignis an und nicht als Trubel oder Tumult. Es mag ja sein, daß derartiges nicht in das islamische Weltbild der Kita-Leiterin Güldane Yilmaz passt. Aber in Deutschland haben eben christlich-jüdisch geprägte Traditionen Vorrang.
08.12.17
4:07
Manuel sagt:
@Berry Land: Ist die Scharia mit ihren Auspeitschen und Steinigen auch eine großartige Kultur, hm?
16.12.17
19:30