In Weimar hat der uigurische Bürgerrechtler Ilham Tohti den Menschenrechtspreis der Stadt erhalten – in Abwesenheit. Tohti sitzt seit drei Jahren in China in Haft. Der lange Arm Chinas reiche auch nach Thüringen, sagt die Stadt.
Weimar hat den uigurischen Bürgerrechtler Ilham Tohti mit dem Menschenrechtspreis der Stadt ausgezeichnet. Tohti konnte den Preis bei dem Festakt am Sonntag – dem Internationalen Tag der Menschenrechte – nicht selbst entgegennehmen. Er sitzt seit drei Jahren in China im Gefängnis.
Vor seiner Inhaftierung hatte sich Tohti für die weitgehend muslimische Volksgruppe der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang eingesetzt. Dabei hatte er sich laut Begründung der Stadt starkgemacht für eine friedliche Koexistenz zwischen den Uiguren und den Han-Chinesen, die im restlichen Land die Bevölkerungsmehrheit bilden.
Laudatorin Gundula Gause sprach davon, dass Tohti mit einer Website den Han-Chinesen auf Chinesisch die Hintergründe des Aufbegehrens der Uiguren erklären wollte, um Verständnis für deren problematische Situation zu wecken. „Er wollte eine Basis für ein friedliches Zusammenleben schaffen“, hieß es im Redemanuskript. Sein Ziel sei die Autonomie, die Xinjiang und den Uiguren seit 1955 offiziell zustehe.
Tohti wurde 2014 unter dem Vorwurf von Separatismus zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Prozess und sein Ergebnis wurden von vielen Regierungen und Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert.
Kurz nach der Preisbekanntgabe im Sommer habe es im Weimarer Rathaus einen Anruf aus der chinesischen Botschaft gegeben, hieß es bei der Stadt. Eine Frau habe darum gebeten, die Preisvergabe zu überdenken. Die Botschaft war für eine Stellungnahme bisher nicht zu erreichen.
Wenige Tage später verschwanden aus bisher unklaren Gründen Inhalte von der Internetseite des Menschenrechtspreises. Zeitweise war die Seite gar nicht mehr aufrufbar, wie ein Sprecher der Stadt sagte. Auch jetzt sei sie noch nicht wieder vollständig hergestellt.
Vor kurzem hat das Bundesamt für Verfassungsschutz chinesischen Geheimdiensten verstärkte Attacken auf deutsche Ziele vorgeworfen.
Es sei gängige Politik, dass sich China einschalte, sobald etwas für das Turkvolk der Uiguren getan werde, sagte Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dazu. Delius sowie Envar Can von der Ilham-Tohti-Initiative nahmen den Preis für Tohti entgegen.
Tohti sei in Einzelhaft untergebracht, berichtete Delius. Seine Ehefrau dürfe ihn nur im Abstand mehrere Monate minutenweise sehen. Übermäßige Hoffnung, dass Tohti freikomme, mache sich niemand, sagte Delius. Aber Hafterleichterungen könnten erreicht werden, indem Tohti in ein Gefängnis nach Peking, wo seine Frau lebe, verlegt werde.
Der Wirtschaftswissenschaftler und Vater dreier Kinder, Tohti wurde 1969 in Chinas westlichster Provinz Xinjiang als Uigure geboren. Die autonome Region mit ihren 22 Millionen Einwohnern gilt seit langem als Unruheherd. Es kommt zu Konflikten zwischen den muslimischen Uiguren, die in der Provinz die Mehrheit sind, und den Han-Chinesen, die wiederum die deutliche Mehrheit im ganzen Land sind. (dpa/iQ)