Heute wurden die Ergebnisse der umfangreichen Studie zu den sogenannten Islam-Kindergärten in Wien vorgestellt. Somit wurde die erste Kindergartenstudie von Aslan relativiert und teilweise widerlegt.
Nachdem die erste Kindergartenstudie im Dezember 2015 für Aufregung sorgte, sollte eine zweite Untersuchung die Situation rund um die islamischen Kindergärten in Wien erneut aufgreifen. Nun wurden die Ergebnisse, der vom österreichischen Integrationsministerium und der Stadt Wien angekündigten flächendeckenden Untersuchung islamischer Kinderbetreuungseinrichtungen in Wien heute vorgestellt.
Die umfangreiche Studie besteht aus zwei Teilprojekten. Zum einen das Teilprojekt „Pluralität in Wiener Kindergärten und Kindergruppen unter besonderer Berücksichtigung von sogenannten islamischen Einrichtungen„, welche von Wissenschaftlern der Uni Wien und dem FH Campus Wien durchgeführt wurde, und zum anderen die Kindergarten-studie von Prof. Dr. Ednan Aslan mit dem Titel „Islamische Kindergärten und -Gruppen – Motive und Strategien der BetreiberInnen im Kontext der Stadt Wien (MA11) und Erwartungen muslimischer Eltern“
Das Teilprojekt „Pluralität in Wiener Kindergärten und Kindergruppen unter besonderer Berücksichtigung von sogenannten islamischen Einrichtungen“ widmete sich der Frage nach der Prozess- und Orientierungsqualität in elementarpädagogischen Einrichtungen in Wien. Die Frage nach der pädagogischen Qualität im Umgang mit verschiedenen Aspekten von Pluralität, wie Kultur, Sprache und Religion, stand im Zentrum.
Im Ergebnis stellt das Teilprojekt „Pluralität in Wiener Kindergärten und Kindergruppen unter besonderer Berücksichtigung von sogenannten islamischen Einrichtungen“ fest, dass es zwar Exklusionstendenzen gäbe, diese jedoch weniger von elementarpädagogischen Einrichtungen mit besonderen Bezügen zum Islam ausgingen. Vielmehr seien diese auf Gründe zurückzuführen, wie bevorzugte Vergabe von Kindergartenplätzen an berufstätige Eltern, erhebliche Zusatzbeiträge privater Träger, aber auch Ablehnung in anderen Kindergärten/-gruppen. Das betrifft keineswegs nur muslimische Kinder, oft aber Kinder mit Migrationshintergrund.
Die Untersuchung belegt zudem, dass insbesondere seit 2015 in den Wiener elementarpädagogischen Einrichtungen mit besonderen Bezügen zum Islam die Zurücknahme und Herausdrängung der Religion aus diesen Einrichtungen zu beobachten ist. Dies sei, aus Sicht der StudienautorInnen, jedoch problematisch: zum einen werde die verfassungsrechtlich gesicherte Religionsfreiheit tangiert, zum anderen aber verschwinde Religion nicht deshalb, weil sie aus diesen Einrichtungen verschwinde. Im Gegenteil, sie sollte bereits im Kindergartenalter als Bildungsgegenstand behandelt werden, um den Umgang mit Verschiedenheiten zu entwickeln.
Bereits die Pilotstudie Ednan Aslans von 2015 hat darauf aufmerksam gemacht, dass in vielen sogenannten “islamischen” Kindergärten über bewilligte “Nachsichten” statt der entsprechend den gesetzlichen Vorgaben ausgebildeten PädagogInnen Kräfte eingesetzt waren. Durch die Erweiterung des Teilprojekts – befragt wurden alle Wiener Kindergärten und Kindergruppen – zeigte sich, dass dieser Befund eines Mangels an qualifiziertem Personal kein exklusives Merkmal von Einrichtungen mit besonderen Bezügen zum Islam sei, sondern für alle gelte.
Ednan Aslan stellte in seiner Studie fest, dass die Gründung der Kindergruppen und Kindergärten mit islamischem Bezug sowohl auf weltanschauliche bzw. religiöse Interessen als auch auf rein kommerzielle Überlegungen muslimischer Geschäftsleute zurückzuführen sei.
Die islamischen Kindergärten verstehen sich laut Ednan Aslan selbst als Schutzräume für muslimische Kinder und Eltern gleichermaßen vor einer, von diesen empfundenen gesellschaftlichen Benachteiligung und verweisen auf den Beitrag, den sie mit ihrer Tätigkeit zur Integration der Kinder leisten.
Nach Veröffentlichung der Pilotstudie sah sich die Stadt veranlasst, Kontrollen zu intensivieren. Die Kinderbetreuungseinrichtungen reagierten unterschiedlich. Während ein Teil religiöse Erziehung und Koranunterricht ohne bestimmten Rahmenplan weiterhin anbietet, verschob ein anderer Teil die religiöse Erziehung in Sonderprogramme (außerhalb der Öffnungszeiten bzw. an Wochenenden).
Bei den Eltern genieße das Angebot an religiöser Erziehung und Koranunterricht hohe Wertschätzung; entsprechend heftig falle ihr Widerstand gegen ein Verbot des Islamunterrichts aus. Von den BetreiberInnen werden insbesondere der Beitrag islamischer Kindergärten zur Sprachförderung, die speziellen Angebote für die Eltern, Sprachkompetenzen der MitarbeiterInnen, Arbeitsmöglichkeiten für Frauen mit Kopftuch, die Identitätsbildung in einer islamisch geprägten Umgebung sowie das gute Vertrauensverhältnis hervorgehoben.
Insgesamt sei laut Ednan Aslan ein Wandel in der Förderung islamischer Kindergärten und -gruppen erkennbar. In der Folge werde es jedoch der aufmerksamen Beobachtung der zuständigen städtischen Stellen bedürfen, um die Nachhaltigkeit der getroffenen Maßnahmen zu sichern.
Aslan ist in der Vergangenheit schon mehrfach wegen seinen Untersuchungen zu islamischen Kindergärten in Wien in Kritik geraten. Im Zuge seiner ersten vom Außen- und Integrationsministerium in Auftrag gegebenen Studie wird ihm vorgeworfen wissenschaftliche Standards und Richtlinien erheblich missachtet zu haben. Um die Wissenschaftlichkeit der Studie zu überprüfen, beauftragte die Universität Wien eine Kommission aus sechs Wissenschaftler, die die Studie überprüfen und eine Stellungnahme formulieren sollten. Dem Gutachten der OeAWI Kommission zufolge liege kein wissenschaftliches Fehlverhalten von Aslan vorliege, doch sei der Einfluss des Ministeriums außer Zweifel.