Einer aktuellen Studie zufolge fühlen sich Menschen mit sichtbar ausländischen Wurzeln häufiger diskriminiert als Zugewanderte ohne sichtbare Migrationsmerkmale.
Wer sich durch seine Hautfarbe, ein Kopftuch oder andere äußerliche Merkmale von der Mehrheitsbevölkerung abhebt, erlebt weitaus häufiger Diskriminierung als andere Menschen mit Migrationsgeschichte. Das geht aus einer Erhebung des Forschungsbereichs beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hervor, die am Dienstag in Berlin veröffentlicht wurde.
Nahezu jeder Zweite, der einen sichtbaren Migrationshintergrund hat – etwa Hautfarbe, Kopftuch oder fremdländische Gesichtszüge – berichtet von Benachteiligung. Kommt ein ausländischer Akzent hinzu, steigt der Wert auf 59 Prozent. Bei den „typisch deutsch“ Aussehenden fühlen sich nur etwa 17 Prozent benachteiligt.
Aus Sicht der Forscher liegt es nahe, dass über das Aussehen die Migrationsgeschichte schneller erkannt wird und es zu mehr Diskriminierung kommt. Denkbar sei auch, dass Menschen, die sich ihres ausländischen Aussehens oder ihres Akzentes bewusst seien, sensibler seien für Diskriminierung.
Ethnisch bedingte Benachteiligung variiert laut SVR zudem nach Herkunftsland. Befragte mit türkischen Wurzeln erleben demnach Diskriminierung häufiger als andere Nationalitäten. Knapp 23 Prozent dieser Gruppe berichten von sehr starken oder starken Diskriminierungserfahrungen aufgrund ihrer Herkunft, weitere 31 Prozent von gelegentlicher Diskriminierung.
Vorherige Studien zeigen, dass sich Menschen mit türkischen Wurzeln bei gleicher Qualifikation häufiger bewerben müssen als Menschen ohne Migrationshintergrund und dass sie mehr Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche haben. Im Vergleich dazu berichten unter EU-Ausländern rund 7 Prozent von starken oder sehr starken Diskriminierungserfahrungen und bei Spätaussiedlern etwa 5 Prozent. Bei Menschen aus der „übrigen Welt“ haben etwa 14 Prozent bereits sehr starke oder starke Benachteiligung aufgrund ihrer Herkunft erlebt.
Auch die Religionszugehörigkeit spielt demnach eine Rolle. Gut jeder zweite Muslim fühlt sich mehr oder weniger diskriminiert, 22 Prozent davon sehr stark oder stark. Bei Personen ohne Religionszugehörigkeit ist es insgesamt etwa jeder Dritte und bei Christen sind es rund 29 Prozent.
Die Analyse basiert auf einer Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers 2016. Hierfür wurden bundesweit 5.396 Personen befragt – 1.333 Personen ohne Migrationshintergrund, 999 Spät-/Aussiedler, 1.003 Menschen mit türkischer Herkunft, 1.037 EU-Migranten und 1.024 Menschen aus der „übrigen Welt“. (KNA, dpa, iQ)