Hinz und Kunst

„Schönheit der Dinge im Chaos erkennen“

„Die Kunst ist frei“. Frei von Grenzen und Debatten. Muslimische KünstlerInnen nutzen die Freiheit und zeigen deutlich: Wir gehören zu Europa. Heute mit der Künstlerin Saime Öztürk („D’artagnan“)

24
01
2018
Saime Öztürk, Künstlerin aus Österreich
Saime Öztürk, Künstlerin aus Österreich

IslamiQ: Kannst Du Dich vorstellen?

Saime Öztürk: Mein Name ist Saime und ich bin österreichische Türkin mit muslimischen Schnittstellen. Oder muslimische Türkin mit österreichischen Schnittstellen. Was auch immer, ich bin Saime, die in Österreich geboren wurde, türkische Eltern hat und in Österreich sozialisiert wurde. Wer oder was ich bin, definiere ich gerne je nach Situation anders. Was aber momentan bleibt: Ich bin als Deutschlehrerin an einem Gymnasium tätig, wo ich viele tolle und schöne Erfahrungen, neben meinem Hobby der Kunst, sammeln kann.

Mehr zur Kunst von Saime Öztürk findet ihr auf Instagram –> (D´Artagnan ).

Vielleicht ganz kurz noch etwas zu meinem zweiten Ich „d’artagnan“. Als ich damals meinen Account eröffnet habe, war dieser mehr meinem „persönlichen“ Leben gewidmet. Von Fußfotos bis zu schönen Landschaftsbildern – ein typischer Einsteigeraccount – war alles dabei. Nachdem meine Anne (Mutter) mich dazu motiviert hat, „Kunst“ – wenn ich das überhaupt so nennen darf- zu machen, musste natürlich ein „Künstlerinnenname“ her und da wollte ich nicht einfach etwas Belangloses. So bin ich auf der Suche in meiner Kindheit fündig geworden: Meine liebste Filmfigur sollte meine Inspirationsquelle sein. D’Artagnan, der Musketier, der sich erst beweisen musste und nicht sofort in den Kreis der Auserwählten aufgenommen wurde, sollte als „Sinnbild“ für meinen Kampf mit der Kunst stehen. Ich wollte mir beweisen, dass ich mit Ehrgeiz und Geduld, etwas schaffen kann, dass man salop „Kunst“ nennen darf.

IslamiQ: Was möchtest Du mit deiner Arbeit bewirken? 

Öztürk: Diese Frage habe ich mir eigentlich noch nie so wirklich gestellt. Wenn du mich so fragst, würde ich einfach sagen: Die Schönheit der Dinge im Chaos erkennen. Meine Muster, seien es die Mandala oder die geometrischen Figuren, beinhalten so viel Chaos und zugleich bergen sie so viel Schönheit und Klarheit. Es braucht Geduld und Ruhe, um sie zu machen. Vielleicht scrollen Leute durch meine Arbeiten und denken sich „Ja, schaut ganz schön aus.“, aber sie werden nicht sofort verstehen, was für ein Chaos dahinter steckt. Wie viel Arbeit es kostet. Wie viel Stunden meines Lebens darin stecken. In jedem einzelnen Bild. In jedem einzelnen „Schaut ganz schön aus!“. Deshalb ist es mir auch immer ein großes Anliegen gewesen, die Dinge zu dokumentieren und auf meinem Account eine Art „Entstehungsgeschichte“ zu präsentieren.

IslamiQ: Ist Dir Dein kultureller und/oder religiöser Background wichtig? 

Öztürk: Mein religiöser Background gar nicht, mein kultureller eher, denn er inspiriert meine Arbeiten und führt mich manchmal an Orte, die ich davor nicht kannte. Ich schaue mir viele Bilder an, versuche Muster zu analysieren und überlege mir danach, wie ich sie zusammensetzen kann, damit sie am Ende typisch „d’artagnan“ sind.

IslamiQ: Wie stark beeinflusst Dein Background Dein künstlerisches Schaffen? 

Öztürk: Ich glaube, dass die Antwort bereits in Frage 3 steckt. Die Studien der islamischen Geometrie oder der Cini Kunst bringen mich voran, lassen mich immer wieder staunen, wie viel Schönheit in kleinen Details liegt. Sie machen das Ganze zu dem, was es am Ende ist. Pure Magie, pure Faszination.

IslamiQ: Studien attestieren eine steigende anti-islamische Stimmung in Europa. Bist Du persönlich Diskriminierungen dieser Art ausgesetzt? 

Öztürk: Ja, bestimmt. Aber, wie soll ich sagen, ich spreche ungern über „negative“ Dinge, da ich versuche, auch wenn es manchmal schwer ist, das Positive zu sehen. Ich muss auch dazu sagen, dass ich eine „Goschate“ (österreichisch für: eine Person, die nicht auf den Mund gefallen ist) bin und mir auch wenig sagen lasse. Das hat bestimmt auch was mit dem Auftreten zu tun. Da traut sich nicht jeder, etwas zu sagen.

IslamiQ: Denkst Du, dass der Islam zu Europa gehört? Wieso? 

Öztürk: Ja aber klaro! Andalusien ist eines der schönsten Beispiele dafür. Die Kunst Andalusiens hat sogar österreichische Architekten beeinflusst. Es ist unmöglich eine Kultur/Religion etc. gesondert zu leben, sie hinterlässt Spuren. Und diese Spuren sind für mich ein Zeichen dafür, dass etwas „lebt“ oder „gelebt“ hat. An diesem Ort. Hier. Es bedeutet für mich Verwurzelung.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Die islamische Herrschaft im Mittelalter in Andalusien als Argument vorzubringen, dass der Islam ins Europa der 21. Jahrhunderts gehört, taugt als überzeugendes Argument ganz und gar nicht. Nichtmuslime zählten damals zum "Ahl al Dhimma (Schutzbefohlene)". Sie hatten dementsprechend die Dschizya (=finanzielle Strafsteuer) zu zahlen, wie im Koran vorgesehen. Von einer Gleichberechtigung Andersgläubiger konnte daher keine Rede sein konnte, da dies im islamischen Recht nicht vorgesehen ist. Die angebliche religiöse Toleranz im islamischen Spanien ist ein multikultureller Mythos.Wie sein Sohn al-Hakam II hat auch ʿAbd ar-Rahmān III. im 10. Jahrhundert einen männlichen Harem gehabt. Die Kalifen von Cordoba kümmerten sich wenig um religiöse Dogmen aus dem weit entfernten Mekka und Medina.
25.01.18
11:40
Harousch sagt:
Die Wiege der Kunst liegt, wie viele vermuten, nicht in der Antike, auch wenn man sehr bemüht ist diese für den Westen zu beanspruchen. Spätestens seit der Höhlenmalerei kann man von Primitiver Kunst sprechen, welche in der Architektur neue Formsprache entwickelte und somit auch in der zivilisierten Welt weiter gepflegt wurde. Übrigens entstanden die ersten Zivilisationen 4000 Jahre vor Christigeburt, zum Beispiel die Ägypter oder Sumerer sowie Inder und Perser, nur um einige zu nennen. Die Indsutriestaaten und ihre Geschichte ist relativ jung und beruht auf die Errungenschaften der anderen Völker und Nationen in den Jahrtausenden davor. Die Frage ob der Islam zu Europa gehöre oder nicht ist leicht zu beantworten, nämlich mit einem einfachen NEIN, oder hat schon mal jemand die Frage gestellt, ob der Himmel über Deutschland zu Deutschland gehören würde. Eine Religion oder der Glaube ist etwas ganz Persönliches und Individuelles und ist weder herkunftsabhängig noch ortsspezifisch. Es ist schön zu sehen, wie sich einige den Kopf über eine Frage zerbrechen, auf die es keine konkrete Antwort geben kann, weil es hier um eine unantastbare immaterielle Kraft mit höchstem transzendentalem Charakter geht, welche durch den beschränkten menschlichen Intellekt relativ schwer zu erfassen ist. Die Kritik an der Schutzsteuer der muslimischen Regierungen für Andersgläubige vom 8.-10. Jahrhundert n. Chr. ist berechtigt. Diese Tatsache führte dazu, dass viele Nichtmuslime zum Islam konvertiert sind, um sich eine Steuererleichterung zu erspielen. Insofern können diese Menschen nicht ganz so glaubensfest gewesen sein. In Deutschland nimmt man sich ein Beispiel daran, nur nennt man diese Steuer hier auch Solidaritätszuschlag. Die Muslime in Deutschland bezahlen den Wiederaufbau für Ostdeutschland mit ohne jemals einen Fuß auf den ostdeutschen Boden gesetzt zu haben, weil man sich dort um sein Leben fürchten muss. 1000 Jahre später hat sich leider nichts daran geändert. Vor ca. 1000 Jahren hat man wenigstens Andersgläubige einfach in Ruhe gelassen.
26.01.18
22:53
Ute Fabel sagt:
@ Haroucsh: Die Schutzsteuer für Andersgläubige, die sie für kritikwürdig halten, ist aber im Koran verankert: In Sure 9, Vers 29 steht geschrieben: Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht für verboten erklären, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben – (kämpft gegen sie), bis sie kleinlaut Tribut entrichten! Das klingt doch nach einem sehr. klaren Auftrag des selbst erklärten letzten Propheten Allahs. Irre ich mich, oder hat sich doch Mohammed hier einmal geirrt?
31.01.18
14:44
Harousch sagt:
@Ute Fabel Die 9. Sure mit dem Titel „die Reue“ oder auch „die Buße“ macht genau wie bei allen anderen Suren nur als Ganzes einen Sinn. Man stelle sich das einfach so vor, als ob man aus einem Roman einzelne Sätze mit dem Ziel herauspickte, um dadurch an die Essenz dessen zu gelangen... Ein belesener und vernünftiger Mensch mag sich hier genau vorstellen, was hiermit gemeint ist bzw. das dieses Vorhaben von vorne herein zum Scheitern verurteilt ist. Der Titel verrät schon einiges über die Absicht der sogenannten al gizya als eine Art Kopfsteuer oder als Grundlage eines Schutzverhältnisses zwischen den Ungläubigen und den Regierenden bzw. für jene, die sich an die Vorgaben der Mehrheitsgesellschaft nicht gehalten haben. Dazu gehören zum Beispiel auch das Einhalten der Gebote innerhalb der islamischen Gesellschaft. Diese Tatsache wird innerhalb derselben Sure 9 weiter oben und im Vers 11 verdeutlicht. Weiter in der Sure 9, Vers 60 (9:60) hißt es: Die Almosen sind nur für die Armen und Bedürftigen und.....für die deren Herzen versöhnt werden sollen, für die Befreiung von Sklaven... 9:25 hier geht es um eine Schlacht, bei der Muslime gegen gewisse heidnische Stämme Arabiens kämpften und diese Schlacht verloren und bei der Neuauflage dieser Schlacht wiederum als Sieger vom Felde gingen...Diese Schlacht ereignete sich ca. 8 Jahre nach der Hidschra/Higra und bot Anlaß zur Einführung von al-gizya ... im weiteren Verlauf werden weitere Bezüge zu Almosen hergestellt. Das Hauptaugenmerk liegt auf die Machenschaften der Wüstenaraber (oft als Heuchler benannt), die einen Geheimbund gegen die Muslime gründeten, um diese zu hintergehen... Das die Muslime die Zakat oder Armensteuer verrichten, dürfte kein Geheimnis mehr sein. Hierzu ist jeder Muslime nicht nur angehalten, sondern verpflichtet. Eine viel ausgefeiltere Variante davon wird aktuell und 14 Jahrhunderte später vom deutschen Sozialstaat praktiziert. Gerechtigkeitshalber kann man wohl auch von den Mitgliedern der Minderheitsgesellschaft die Verrichtung der Armensteuer verlangen, so wie jeder Arbeitnehmer in Deutschland Sozialabgaben ableisten muss. Paradoxerweise leisten die muslimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Gegenwart ihren Beitrag zur Besoldung der AfD-Mitglieder in den verschiedensten Staatsorganen als auch für den Wiederaufbau in Ostdeutschland. Die Neuinterpretation der Deutschen Dankeschönskultur lässt hier zu Wünschen übrig... Ein unvoreingenommener Blick in den Koran eröffnet womöglich viele weitere Pforten, auch wenn es Stellen gibt, die einen stark Zweifel spüren lassen. Deswegen fällt ein Gläubiger aber noch lange nicht vom Glauben ab, weil er stets an das Gute glaubt und zur tieferen Auseinandersetzung ermutigt wird. Das ist ein ähnliches Gefühl wie in der Mathematik, wenn die Lösung einer Frage bzw. der Weg zur Lösung zum Objekt der Begierde avanciert...
05.02.18
23:22
Ute Fabel sagt:
@Harousch: "Man stelle sich das einfach so vor, als ob man aus einem Roman einzelne Sätze mit dem Ziel herauspickte, um dadurch an die Essenz dessen zu gelangen..." Das lässt sich bei qualitativ hochwertigen literarischen Werken problemlos machen! Der römische Kaiser Mark Aurel war Feldherr wie Mohammed und gleichzeitig stoischer Philosoph. Aus seinen "Meditationen" kann man jeden Satz herauspicken. Anders als beim Koran kann daraus nichts Hasserfülltes gegenüber Andersdenkenden werden. Im Unterschied zu Mohammed bedroht Mark Aurel diejenigen, die nicht an ihn glauben, nicht mit Höllenstrafen. Ungläubige werden siedendes Wasser trinken müssen (Koran 6:70) Ungläubige werden ins Feuer gestoßen. Sooft ihre Haut verbrannt ist, wird ihnen eine andere Haut gegeben, damit sie die Strafe auskosten. (Koran 4:56) Die "Meditationen" sind - obwohl bedeutend älter - dem Koran qualitativ weit überlegen.
20.02.18
8:04
Harousch sagt:
@Uqte Fabel „....das lässt sich bei qualitativ hochwertigen literarischen Werken problemlos machen....“ Ihre Aussage kann ich nicht bestätigen, denn das würde ja bedeuten, man könne jedes literarische Werk auf einen respektive einige wenige Sätze reduzieren, wodurch die Weltliteratur zu einer armseligen Ansammlung von Aphorismen und Sprichwörtern degradiert und deutlich an Wert einbüßen würde.... Der römische Kaiser Marcus Aurelius, ein Vertreter der Stoa, der als Philosoph ebenso für seine Daseinsauffassung, Einheit von Denken und Handeln bzw. von Wort und Tat bekannt wurde, akzentuierte unter anderem auch das Bewusstsein für Wahrheit und Wirklichkeit. Nicht zu vergessen geht auf sein Konto die Idee wonach Religionspraxis und philosophischer Gottesglaube keinen Widerspruch darstellen, viel eher sich gegenseitig ergänzen und in einer Art Synthese stehen. Ausgehend von dieser Haltung bemühte er sich um die Wiederbelebung des Bewusstseins vom „gerechten Krieg“, wodurch er auch den Krieg religiös legitimierte ( Makromannenkrieg ). Vergleiche könnten auch zur Rede des Reichspropagandaministers Göbbels ohne oe „....wollt ihr den totalen Krieg...?“ gezogen werden... Nach Nero ist Marcus Aurelius überdies einer der harnäckigsten Verfechter der Christenverfolgung gewesen. Insofern haben Sie Frau Fabel vollkommen recht, wenn Sie ausführen, dass Aurlius nicht wie Mohammad s.a.w. mit Höllenstrafen drohte, ganz im Gegenteil, er liess die Höllenqualen augenblicklich wahr werden. Außerdem verstehe ich die Kritik an der Bestrafung von Sünden nicht, zumal aus heutiger Sicht diese bei kleinstem Verstoß gegen die StVo zu erwarten sind. Wussten Sie übrigens, dass das islamische Strafrecht ideengeschichtlich gesehen auf das byzantinische Recht, Byzanz also oströmisches Reich, zurückzuführen ist? Aus der heutigen sowie damaligen Sicht ist der Islam jedoch diejenige treibende Kraft gewesen, die der Frau die ersten Menschenrechte zusprach. Nach dem byzantinischen Recht hatte nämlich eine Frau noch weniger Rechte als ein Straßenköter... Fakten kann man nicht einfach unter den Tisch kehren... Trotz aller Kritik muss man jedoch Marcus Aurelius dennoch seinen Sinn für die Synthse von Philosophie und Gottesglaube hoch anrechnen, was im Geiste des Neuplatonismus wieder auferlebte. Apropos Neuplatonismus~ Es ist anzunehmen, dass Mohammad auf seinen zahlreichen Reisen ebenfalls mit dem Neuplatonismus in Kontakt getreten ist, wodurch sich neuplatonische Tendenzen im Koran und den Hadithen wissenschaftlich erklären lassen....
01.04.18
18:47