In der neuen Sancaklar-Moschee beten die Gläubigen in einem Gebetsraum, der sich mehrere Meter unter der Erdeoberfläche befindet. Die außssergewöhnliche Architektur wurde mit einem Preis gekürt.
In Istanbul öffnet eine Moschee mit einer seltenen Architektur. Von Weitem ist sie nicht als religiöse Baute zu erkennen, und wenn man sie betritt, staunt man über die schlichte Innenarchitektur. Die Sancaklar-Moschee in dem Stadteil Büyükçekmece in Istanbul ist ein unterirdisches Gebetshaus. Sie ist nicht die erste Moschee unter der Erde, bereits 1752 wurde ebenfalls in Istanbul am Goldenen Horn die „Yeralti Moschee„ errichtet. In Djerba (in Tunesien) gibt es eine weitere.
Die Sancaklar-Moschee jedoch unterscheidet sich von anderen Moscheen nicht nur dadurch, dass sie unter der Erde gebaut ist, sondern auch weil ihre Innenarchitektur sehr von der traditionellen Architektur der Moscheen abweicht. Statt buntern Kacheln, Kalligraphien und Ornamenten erwartet die Besucher ein dunkler Raum, der tagsüber nur von Sonnenlicht und nachts mit LED-Lampen erleuchtet wird. Lediglich der arabische Buchstabe vav schmückt eine Wand der Moschee und man erkennt erst dann: Ddas muss ein muslimischer Gebetsraum sein.
Auf dem „World Architecture Festival“, das dieses Jahr in Singapur stattfand wurde Emre Arolat, der Architekt der Sancaklar-Moschee, für sein Werk ausgezeichnet. Die Moschee wurde zur „Besten Architektur religiöser Bauten“ gewählt. Auf der internationalen Veranstaltung traten insgesamt 267 Projekte aus 42 Ländern in 29 Kategorien gegeneinander an. Vor allem die Nutzung natürlicher Materialien, der Einsatz von Sonnenlicht und dunklen, sterilen Farben habe der Jury am meisten gefallen.
Für die Errichtung der ungefähr 9 Meter unter der Erde liegenden Moschee hat man anderthalb Jahre gebraucht. 650 Personen können gleichzeitig in der Moschee beten. Auch der Mufti von Büyükçekmece zeigt sich zufrieden. In diesem Viertel habe man dringend eine Moschee gebraucht.
Die Idee zu dieser außergewöhnlichen Architektur der Sancaklar-Mosche soll von der Höhle Hira inspiriert worden sein. In dieser Höhle hatte der Prophet Muhammed die erste Offenbarung erhalten. Er war einsam, abgeschottet von der Außenwelt und verbrachte dort Tage. Das gleiche Gefühl sollen Besucher in der neuen Moschee auch erleben dürfen. Dementsprechend sollen den Betenden keine Farben, Ornamente oder Kalligraphien ablenken. Mit dem Betreten der Moschee soll es dem Gläubigen ermöglicht werden, dass er die Außssenwelt hinter sich lässt und sich in seine eigene Höhle zurückzieht. Somit soll er seinen religiösen Pflichten konzentrierter nachgehen.
Das Gebäude folgt also der Philosophie der minimalistischen Architektur. Minimalistische Sakralarchitektur gibt es in der christlichen Kultur, sie vertritt die Ansicht, dass Krempel die Spiritualität stört. Berühmte Beispiele dafür sind die Tadao Andos Kirche des Lichts und die Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp.
Solch eine Tradition gibt es allerdings nicht in der islamischen Architektur. Deswegen wurden auch kritische Stimmen laut, die die neue Sancaklar-Moschee als ein Gebäude ansehen, das keine Elemente aus der islamischen Kultur beinhaltet. Auch wenn der Architekt Arolat genau darauf abzielte; Moscheen sind eigentlich keine Orte, an denen die Muslime sich von der Außenwelt abkapseln, sie sind Orte des Zusammenkommens und sozialer Aktivitäten. Sie dienen also traditionell nicht nur dem täglichen Gebet, sondern auch zum Beispiel dem Wissenserwerb und –austausch.
Diese Funktion möchte die Sancaklar-Moschee mit einer Bibliothek, die zum Gebäudekomplex gehört, erfüllen. Im Oktober wurde die Moschee für die ersten Besucher eröffnet. Trotz kritischer Stimmen, bereitet man sich schon auf die erhoffte hohe Besucheranzahl der Touristen vor.