Neutralitätsgesetz

Streit um Lehrerin mit Kopftuch vor Gericht

Das Neutralitätsgesetz in Berlin schreibt vor, dass Lehrer an den meisten Schulen, Polizisten und Mitarbeiter der Justiz im Dienst keine religiösen Symbole zeigen dürfen. Eine junge Lehrerin sieht das anders und zieht vor Gericht. Die Entscheidung wird am 9. Mai verkündet.

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04
2018
Symbolbild: Lehrerin mit Kopftuch © Perspektif, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Kopftuch © Perspektif, bearbeitet by iQ.

Erneut wurde die Klage einer Berliner Lehrerin gegen das Kopftuchverbot an allgemeinbildenden Schulen verhandelt. Eine ausgebildete Lehrerin hat gegen das Land Berlin geklagt. Sie will mit Kopftuch dauerhaft an einer Grundschule unterrichten. Der Bildungssenat verweigert dies mit Blick auf das Neutralitätsgesetz. Das Arbeitsgericht erörtert am Montag den Fall.

Eine endgültige Entscheidung will das Gericht am 9. Mai (13.00 Uhr) verkünden. Richter Arne Boyer sprach von keinem einfachen Fall.

Die Anwältin des Landes Berlin Seyran Ateş rechnete am Montag nach der Verhandlung mit einer Niederlage für den Senat. Sie zeigte sich enttäuscht, dass die Verfassungskonformität des Neutralitätsgesetzes nicht erörtert wurde.

Neutralitätsgesetz in Berlin

Laut Gesetz dürfen Polizisten, Justizmitarbeiter und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen im Dienst keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will daran festhalten. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) meint, das Gesetz sei nicht zu halten. Die Linke als Koalitionspartner hat noch keine abschließende Meinung.

Einzellfallentscheidung

Im Vorjahr hatte das Landesarbeitsgericht einer muslimischen Lehrerin mit Kopftuch eine Entschädigung von 8680 Euro zugesprochen. Sie hatte argumentiert, sie sei wegen des Kopftuchs abgelehnt und diskriminiert worden. Das Gericht sah eine Benachteiligung, sprach jedoch von einer Einzelfallentscheidung. Der Senat hatte keine Revision gegen das Urteil eingelegt.

Die Klägerin, die am Montag nicht ins Gericht kam und in Elternzeit ist, hatte mit Kopftuch einen Tag an einer Grundschule unterrichtet. Sie wurde freigestellt und dann einem Oberstufenzentrum zugewiesen, wo das Kopftuch erlaubt ist. Dort hätte sie aber nur in einer Willkommensklasse unterrichten können. Die junge Frau hatte vor der Einstellung bejaht, dass sie das Neutralitätsgesetz kenne.

Es wäre die „sauberste Lösung“, den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, so Ateş. Das oberste Gericht hatte zuletzt 2015 ein pauschales Kopftuchverbot an nordrhein-westfälischen Schulen gekippt und die Bedeutung der Religionsfreiheit betont. Allein vom Tragen eines Kopftuches geht demnach keine Gefahr aus.

Ein Vorbild für muslimische Kinder

In der Hauptstadt lebten Menschen aus fast 120 Nationalitäten, die miteinander auskommen müssten. Doch gerade an Brennpunktschulen würden sich Kinder verschiedener Religionen bekriegen. Da wäre eine Lehrerin mit Kopftuch Vorbild für muslimische Kinder, sie würde so Konflikte verstärken. Sollte die junge Lehrerin Recht bekommen, würde ein Präzedenzfall geschaffen und das einzigartige Privileg, an einer bestimmten Schule unterrichten zu können, warnten die Vertreter des Senats. Richter Boyer sagte, in diesem Fall könne das Land eine Vollstreckungs-Gegenklage einreichen. (dpa, iQ)

Wie kam es überhaupt bis zu diesem Punkt? Wir haben den jahrzehntelangen Kopftuchstreit in einem Video zusammengefasst. Klicken Sie auf das Bild, um zum Video zu gelangen.

Kopftuchkarte2

Leserkommentare

Kritika sagt:
L.S. Müssen MusimFrauen denn immer stänkern? Können sie sich nicht endlich wie normale Frauen benehmen und kleiden? « Doch gerade an Brennpunktschulen würden sich Kinder verschiedener Religionen bekriegen ». - behauptet der Bericht. Soweit Berichte, die Kritika gelesen hat, war von " sich bekriegen " nicht die Rede. In Wahrheit waren es stets MuslimJungs, die jüdische Mädchen belästigten mit « du glaubst ja nicht einmal an Allah" » Die MuslimKinder sind also das Problem; diese MuslimKinder mit KoptuchFrauen zu umgeben, würde die Vorstellung "Islam ist normal" verstärken. Im Gegenteil, Islam ist eine mückengrosse und Mücken-lästige Zwergsekte. Wieso sollten die jüdische Mädchen an einen von Muslims künstlich konstruierten Gott glauben? 80% der Weltbevölkerung hält Allah für purer Nonsense. Solchen Kinder KopftuchLeherinnen vorzusetzen könnte den Kindern vorgauglen, es wäre vielleicht doch was d'ran mit dem Allah. Solche sublime Indoktrination haben Kinder nicht verdient. Kritika wünscht Frau Ates und Berlin viel Erfolg. Gruss, Kritika
16.04.18
15:58
Ute Fabel sagt:
Wenn dieses Verfahren tatsächlich zugunsten dieser kompromisslosen Trägerin der Religionsuniform ausgeht, würde ich atheistischen Lehrern in Berlin im Sinne der Vielfalt empfehlen, regelmäßig und selbstbewusst mit „Gottlos Glücklich“-Shirt zu unterrichten. Warum sollen sich Atheisten dann weiter verstecken und verleugnen, wenn Anhänger von religiösen Sekten ihre Bekleidungsdogmen immer und überall aufdringlich vor sich hertragen, die vor 1.400 Jahren angeblich ein Engel einem selbsterklärten Propheten verkündet hat?
16.04.18
16:38
Johannes Disch sagt:
Dann schauen wir mal, wie das dieses Mal ausgehen wird. Bisher hat das Land Berlin in ähnlich gelagerten Fällen, wo es unterlag, auf eine Revision verzichtet und der abgelehnten Bewerberin lieber eine hohe Entschädigung gezahlt. Das ist schlicht eine feige Verzögerungstaktik, um nicht in Karlsruhe zu landen. Dort würde nämlich die Gefahr bestehen, dass Karlsruhe das Berliner Neutralitätsgesetz für verfassungswidrig erklärt und Berlin auffordert, sein Gesetz zu ändern, um es verfassungskonform zu machen. So erging es in der Vergangenheit schon einigen Schulgesetzen der Länder, beispielsweise Bremen und NRW.
16.04.18
18:20
Johannes Disch sagt:
--Es wäre die sauberste Lösung, den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen", so Seyran Ates, die Anwältin des Landes Berlin. Da hat Sie völlig recht. Aber das traut sich das Land Berlin bisher noch immer nicht, weil sich die Berliner "Neutralitätsbetonköpfe" wohl denken können, wie es in Karlsruhe ausgehen würde. Aber früher oder später wird das Berliner Neutralitätsgesetz in Karlsruhe landen. Und da gehört es auch hin.
16.04.18
22:06
Sven Anatoli sagt:
Hoffentlich entscheidet endlich mal das höchste Gericht in Deutschland klar und deutlich, was Sache ist. Sonst werde ich noch zum Gründer der Religion mit Gottesbildern - eintätowiert auf kahlen Köpfen. Und damit unterrichte ich dann.
16.04.18
23:07
Frederic Voss sagt:
Sicherlich wird die streitbare junge Lehrerin auch glücklich werden, wenn sie den Kindern im Unterricht ihre Haarpracht zeigen kann. Und die Kinder erleben eine natürlich auftretende Lehrkraft ohne Vermummung.
17.04.18
11:19
Johannes Disch sagt:
So, endlich! rbb24 berichtet grade, dass die Anwältin des Landes Berlin-- Seyran Ates-- entschlossen ist, durch alle Instanzen zu gehen! Vor dem Berliner Arbeitsgericht rechnet sie bereits mit einer Niederlage. Ates will eine Grundsatzentscheidung über das Berliner Neutralitätsgesetz. Respekt, Frau Ates. So eine Entscheidung ist auch längst überfällig, damit das Berliner Chaos endlich mal aufhört. Der aktuelle Zustand ist eine Zumutung für alle Beteiligten. Diesmal wird das Berliner Neutralitätsgesetz dann wohl endlich da landen, wo es längst hingehört: Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
17.04.18
13:22
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: „Berliner Neutralitätsbetonköpfe“: Sie meckern und lästern immer nur, wie schlecht das Berliner Neutralitätsgesetz angeblich sei, zeigen aber keine Alternativen auf. Lehrern, Richtern und Polizisten das auffällige Sichtbarmachen ihrer Religion per Gesetz im Dienst zu erlauben, wäre offensichtlich ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz. Dort ist ein Benachteiligungsvorbot der politischen gegenüber der religiösen Anschauung verankert. Lehrer mit AfD-Ansteckern oder PEGIDA-Shirts finde ich nun wirklich nicht erstrebenswert, was aber dann aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht mehr pauschal unzulässig betrachtet werden dürfte. Deshalb halte ich das Berliner Neutralitätsgesetz für die salomonischere Lösung. Allen werden gleiche Pflichten auferlegt, niemand wird diskriminiert.
17.04.18
14:35
Manuel sagt:
@Johannes Disch: Genau und dann feiern Sie eine Party mit vielen Kopftuchträgerinnen, die Sie hier mit einer Inbrunst verteidigen, wie es Erdogan auch nicht besser machen könnte. Dass das Kopftuch ein höchstproblemtisches Symbol ist, wollen und wollen Sie einfach nicht einsehen. Statt Berlins Bemühung für mehr Laizität zu unterstützen, feieren Sie offenbar lieber mit Leuten, die Erdogan Nahe stehen.
17.04.18
18:31
Prinzessin Rosa sagt:
@voss: Nackt ist natürlich.
18.04.18
9:35
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