Medizin

Unani-die graeco-arabische Medizin

Die wenig erforschte graeco-arabische Medizin Unani, die heute vor allem in Indien und Pakistan angewendet wird ist Gegenstand einer Forschungsgruppe an der Ruhr Universität Bochum.

22
11
2013
0

In frühmittelalterlichen Zeiten begannen die Muslime medizinisches Wissen aus der griechischen Antike zu übersetzen und in der arabischen Welt weiterzuentwickeln. Über Jahrhunderte hinweg wanderte das Wissen durch Europa bis nach Indien. Diese graeco-arabische Medizin wird Unani (arabisches Wort für „griechisch“) genannt. Sie basiert vor allem auf der antiken griechischen Medizin und der Medizin der arabischen Beduinen.

Zur Zeit der Umayyaden wurden erste medizinische Werke aus dem Griechischen übersetzt. Der rege wissenschaftliche Austausch zwischen den Hochkulturen machte dies möglich. Später wurden die Medizintheorien des Mittelalters kritisch analysiert und weiterentwickelt. So fand eine Übernahme des medizinischen Wissens der Griechen durch die Muslime statt. Viele Bücher konnten erst so aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt werden.

Die Unani-Medizin grenzt sich von der klassischen Schulmedizin besonders in dem Punkt ab, dass die Ursachen einer Krankheit bekämpft werden und nicht nur die Symptome. Zudem ist sie eine ganzheitliche Medizin, die nicht nur den Körper, sondern auch die Seele behandelt.

 

Forschungsgruppe erkundet die Unani-Medizin

Vier Forscherinnen der Ruhr-Universität Bochum erkunden die wenig erforschte orientalische Medizin, die keine klassische islamische Medizin ist, sich aber unter anderem aus der islamischen Kultur speist. Das Projekt „Medizinisches Wissen und plurale Kultur: Die graeco-islamische Medizin (tibb-i yunani, Unani Medicine) und ihre Darstellung in Südasien“ wird von Deutschen Forschungsgemeinschaft seit 2008 gefördert.

Die Forschungsgruppe, die aus drei Islamwissenschaftlerinnen und einer Ethnologin besteht, betreibt die größte Unani-Forschung außerhalb Indiens. Unzählige Handschriften und Quellen wurden in die Datenbank des Projektes eingepflegt. Die Forscherinnen beherrschen mehrere der bedeutsamen Sprachen der Unani-Medizin. Dabei hat jede Forscherin ihre Spezialsprache, auf die sie sich konzentriert.

Dr. Claudia Preckel forscht über den Wandel der Unani-Medizin in ihrer Geschichte. Kira Schmidt-Stiedenroth erkundet die heutige Praxis der Unani-Medizin in Indien. Dort gibt es einen universitären Abschluss für die Heilmedizin. Die Ärzte der Unani-Medizin werden Hakims genannt. In Indien ist das ein staatlich anerkannter Beruf und einige öffentliche Krankenhäuser praktizieren diese Medizinform.

Die Islamwissenschaftlerin Dr. Susanne Kurz analysiert erotologische Bilder der frühzeitlichen Medizin. Gesche Johannknecht beschäftigt sich mit der Behandlung, Definition und Darstellung der Herzkrankheiten, speziell unter Berücksichtigung der Viersäftelehre, die besagt, dass es im menschlichen Körper vier Grundsäfte gibt: Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim.

Ziel des Projektes ist es, herauszufinden welchen Einfluss die kollektive muslimische Identität auf die Institutionalisierung der Unani-Medizin und die ärztliche Praxis hat.