Fahrradkurs für arabische Frauen

„Yallah, Yallah! Ab auf’s Rad!“:

Überall im Land werden Fahrradkurse für geflüchtete arabische Frauen angeboten, so auch im Brandenburgischen Fürstenwalde. Das Angebot wird von vielen Frauen gerne genutzt.

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05
2018
Fahrrad © by Axel auf https://www.flickr.com/photos/111282964@N07/ © flickr, /by/2.0/">CC 2.0, bearbeitet iQ

Fatien Hayajneh erinnert sich noch genau daran, wie sie sich als kleines Mädchen selbst das Radfahren beibrachte. Es war auf dem Dachboden ihres Elternhauses in einem kleinen Dorf in Jordanien. Mit einer Hand stützte sie sich an der Mauer ab, mit der anderen umklammerte sie den Lenker. „Die Mauer hilft mir noch heute manchmal“, sagt sie und lacht.

Die 35-Jährige arbeitet beim arabischen Verein „Al Tariq“ im Brandenburgischen Fürstenwalde. Gemeinsam mit rund 20 Frauen steht sie auf dem Verkehrsübungsplatz der Stadt im Landkreis Oder-Spree. Heute wird sie gemeinsam mit weiteren ehrenamtlichen Helfern geflüchteten Frauen das Radfahren beibringen.

Jörg Raue hat dafür auf dem Platz einen Parcours aufgebaut. Es geht für die Radlerinnen durch eine mit Holzklötzchen aufgestellte S-Form, danach links um einen Busch. „Am Ende wartet noch ein Slalom und ein Bremstest“, erläutert der Vorsitzende der Verkehrswacht Fürstenwalde-Erkner. Der Mann in Jeans und gelber Weste ist zurückhaltend. Frauen mit Kopftüchern auf Rädern seien ihm hier noch nie begegnet. „Normalerweise üben hier Viertklässler für die Fahrradprüfung“, sagt Raue.

In Fürstenwalde findet der Kurs für arabische Frauen zum ersten Mal statt. Mit-Organisatorin Gabi Moser vom Kirchenkreis Oderland-Spree hat sich mit Lernvideos und Handbüchern vorbereitet. Die Idee zu dem Kurs kam ihr 2015 bei einer Fahrradwerkstatt in Berlin-Heinersdorf, zu der auch viele in dem Stadtteil untergebrachte Geflüchtete kamen. Von ihrer Idee erzählte Moser Hayajneh. „Ich war sofort begeistert von der Idee“, sagt Hayajneh. Sie hatte selbst schon einmal versucht, Frauen das Radfahren beizubringen. „Das gab einige blaue Flecke“, erinnert sich die 35-Jährige. Schnell hatte sie genügend Frauen für den Kurs zusammen.

„Viele empfinden das Fahrradfahren als ein Stück persönliche Freiheit“, sagt Moser. Gerade hier auf dem Lande müsse man lange Strecken zurücklegen, ob zum Einkaufen oder um die Kinder von der Schule oder dem Kindergarten abzuholen.

In vielen arabischen Ländern seien Frauen auf Fahrrädern nicht gerne gesehen, weiß Helferin Ayse. So auch in ihrem Heimatland Syrien. Die gelernte Apothekerin ist vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land geflohen und lebt seit zwei Jahren in Fürstenwalde. „In den Städten Syriens kann man auch meistens nicht fahren“, sagt Ayse. Die Straßen seien oft für Fahrräder ungeeignet.

„Das Schwierigste für die Frauen auf dem Fahrrad ist das Gleichgewicht“, weiß Moser. Während Kinder eher Probleme mit der Koordination hätten, sei es für die Frauen schwierig, sich auf den Rädern zu halten.

Sawsan Younis fährt heute zum zweiten Mal in ihrem Leben Fahrrad. „Ich möchte damit meine Kinder von der Schule abholen“, sagt sie. Zielgerade steuert die 45-jährige Syrerin ihr Rad über den Platz. Plötzlich wirft ihr Gabi Moser eines der Holzklötzchen vor den Reifen. Younis tritt in die Bremse. Steht. „Super gemacht!“, ruft Moser ihr zu. Doch Younis ist schon wieder auf dem Weg zum nächsten Hindernis. Ihr Kopftuch flattert im Fahrtwind.

Fahrradkurse für Geflüchtete werden mittlerweile in vielen deutschen Städten angeboten. Auch die Radfahrschulen des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) bieten Kurse in München oder im saarländischen Völklingen an, berichtet ADFC-Sprecherin Floriane Lewer. Auf der Internetseite des ADFC gibt es Infomaterial und Lernvideos für interessierte Kursveranstalter. Ein Flyer mit den wichtigsten Verkehrsregeln gibt es in sechs verschiedenen Sprachen zum Download, darunter in Farsi, Arabisch und Französisch.

Auch der Potsdamer Verein „Hand in Hand“ bietet regelmäßig Fahrradkurse für arabische Frauen im Frauenzentrum in der Schiffbauergasse und im Staudenhof an. Bei jedem Kurs sind syrische Trainerassistenten dabei, die Arabisch und Deutsch sprechen. „Die Kurse sind gut besucht“, erzählt Frauke Havekost. Manche der Frauen hätten sich schon ihr eigenes Rad gekauft.

Laut dem Brandenburger Sozialministerium lebten zum Stichtag 31. Januar dieses Jahres 19 188 Menschen in den Flüchtlingsunterkünften des Landes. Allein im vergangenen Jahr nahm das Land etwa 4500 Asylsuchende auf. Ob die Zahl stark ansteigen wird, wenn im Sommer ein Familiennachzug möglich wird, sei noch nicht abzuschätzen, heißt es im Ministerium. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Frederic Voss sagt:
Nach den Fahrradkursen könnten die arabischen Frauen auch Sauna-Kurse besuchen. Damit sie die westliche Kultur und Lebensart besser kennenlernen und leichter integrieren können. Sicherlich sind gesunde Saunabad-Besuche genauso befreiend und erfreulich, gerade weil alte Zöpfe und überholte Gewohnheiten abgelegt werden können. Saunabaden in natürlicher Unbekümmertheit und ganz ohne jede Verhüllung sind ein Meilenstein für gelungene Integration.
21.05.18
13:03
Saadet sagt:
Das ist wirklich eine gelungene Aktion und birgt viele Chancen für diese Frauen! Es ist doch motivierend, wenn Menschen sich gegenseitig mit Umsicht und Toleranz begegnen, Erfahrungen teilen und Wissen weitergeben. @ Voss Hab ich irgendwas verpasst? Sie gehen davon aus, dass Muslima nicht in die Sauna gehen? Woher wollen Sie das wissen? Also ich kenne viele Muslime/ Muslima, die in die Saunabesuche abhalten. Zudem kommt es mir befremdlich vor, dass sie einen Menschen erst dann als integriert ansehen, wenn er nackt und schwitzend mit anderen nackten und schwitzenden Menschen in einem überhitzen Raum ausharrt? Irgendwie ist Ihre Vorstellung belustigend! Und ich dachte immer für eine gelungene Integration ist eine gute Sprachkenntniss der Landessprache, Freunde , ein Arbeitsplatz und ein schönes Zuhause von Nöten. Dabei ist es nur die Nacktheit! Sehr interessant! Dieses Wissen sollte gleich an das Heimatministerium weitergeleitet werden.
21.05.18
16:47
Emanuel Schaub sagt:
Tut mir leid:wenn das..ein Witz sein sollte ist er n i c h t gelungen. Übrigens :ich als "Rasse Deutscher" bin seit 25 Jahren nicht mehr in einer Sauna gewesen... aktives Schwitzen ist viel gesünder!!! emanuel
22.05.18
10:48
Andreas B sagt:
@Frederic Voss Mal wieder so ein dummer Kommentar, der völlig überflüssig ist. Sicher fahren auch in Deutschland mehr Leute Fahhrad, als in die Sauna gehen. Sauna ist zwar damit Teil unserer westlichen Lebensart, aber sicherlich nichts, was man undebingt nachahmen muss. Abgesehen davon freuen sich arabische Frauen vielleicht tasächlich, wenn sie die Frauensauna besuchen dürfen. Ob man dafür allerdings Kurse benötigt, ist er fraglich.
22.05.18
11:34
Harousch sagt:
@ Saunafans Der Begriff Sauna entstammt zwar dem Finnischen, aber das Dampfbad an sich ist wohl in der Steinzeit bereits ein gängiges Mittel zur Reinigung der Seele und als religiöses Ritual bekannt gewesen. Die ersten Dampfbäder wurden von Archäologen in Asien entdeckt. Die Saunakultur kam jedoch über Umwege und mithilfe von nomadischen Völkern nach Finnland. Das orientalische Vorbild der Sauna, Hamam lockt seit Jahrhunderten Menschen in die Dampfbäder und lädt zur Entspannung ein. Während die Sauna in Deutschland erst seit einigen Jahrzehnten an Attraktivität gewonnen hat, blicken islamische Nationen auf eine Jahrhunderte lange Dampfbadkultur zurück. Salamaleikum!
26.05.18
16:47
Saadet sagt:
@Harousch Touché! Danke für die Aufklärung!
29.05.18
15:03
Enail sagt:
"Abgesehen davon freuen sich arabische Frauen vielleicht tasächlich, wenn sie die Frauensauna besuchen dürfen. Ob man dafür allerdings Kurse benötigt, ist er fraglich." Ein Saunabesuch hat tatsächlich nichts mit Integration zu tun. Abgesehen davon, kann ich mir nicht vorstellen, dass Frauen daran eine Freude hätten. Meine Schwiegertochter geht seit etlichen Jahren in ein Fitnessstudio nur für Frauen. Seit auch muslimische Frauen diese Einrichtung besuchen, erkennbar durch ihr Kopftuch, soll sie nur ohne Licht duschen. Die muslimischen Frauen machen regelmäßig das Licht aus, weil man selbst beim Duschen und nur unter Frauen nicht gesehen werden will. Da erübrigt sich eine Diskussion über Saunabesuch. Andererseits wird hier wieder klar gestellt, wie muslimische Frauen in ihren Ländern unterdrückt werden. Nicht mal das Radfahren ist anscheinend für viele nicht erlaubt. Aber man weiß ja, dass Frauen am besten zuhause bleiben sollen und wenn sie denn raus dürfen, in männlicher Begleitung und am besten bis zur Unkenntlichkeit verkleidet. @Harousch: Hallo. Die Dampfbadekultur, dürfen darüber sich auch Frauen freuen. Oder werden sie, wie in vielen islamischen Ländern, von vielem ausgeschlossen? So wie z.B. im Iran keine Frauen in ein Fussballstadion dürfen. Oder wo Frauen gezwungen werden sich zu verhüllen? Kann mir nicht vorstellen, dass Frauen Dampfbäder besuchen dürfen.Vielleicht wäre das in der Zeit vor dem Islam möglich gewesen. Aber mit dem Islam sind die Rechte der Frauen in vielen Bereichen beschnitten worden. Könnte man auch daran erkennen, dass man ihnen im Erwachsenenalter das Fahrradfahren erst beibringen muss, weil sie es zuhause nicht durften. Oder dass sie immer noch gezwungen werden, auch in unserer westlichen Welt, ihr Haar zu verstecken, wo ein, nach der Vorstellung von Gläubigen, Gott den Mensch erschaffen hat. Da scheint diesem Gott ein Fehler unterlaufen zu sein. Hat den Frauen Haare gegeben, die sie dann in der Öffentlichkeit nicht zeigen dürfen. Man kann als Frau nur dankbar sein, wenn man ohne muslimische Regeln groß geworden ist, sich an keine Vorgaben eines Mannes aus dem MA halten muss, und das kurze oder auch lange Leben, das man hat, befreit von sinnlosen Regeln, mit eigenem Denken, genießen kann. Ohne sinnlose Gebote und Verbote, die oft einem sozialen und friedlichen Zusammenhalt und Zusammenleben in einer Gesellschaft, entgegenstehen. Den Frauen wünsche ich Spaß beim Radfahren, bei der Entdeckung von Freiheiten die auch für sie da sind, und einen guten Rundumblick, der, so denke ich, ohne Kopftuch weniger eingeschränkt wäre. Dass sie diese Freiheit ihren Kindern weitergeben, das wünsche ich ihnen. Einen guten Tag noch!
30.05.18
9:05
Saadet sagt:
Achtung! Achtung! Sachliche Information für alle,beruhend auf nachlesbaren Fakten: Die Hamam- Kultur entstand vor 800 Jahren im heutigen Mittelanatolien. Auch Dampfbäder genannt. Sonst nochmals ein Hinweis auf Harousch Kommentar. Ich weiß, es passt nicht ins Bild, aber Sie alle müssen es schlucken: Muslima gehen in die Sauna! Sorry, dass ich bei Ihnen eine Weltbilderschütterung verursache.
31.05.18
13:02
Harousch sagt:
@Enail Wochentage an denen monogeschlechtliches Dampfbaden seitens der Betreiber angeboten werden, ist keine Erfindung der Islamgegner und Hetzer. Ich kann mich sehr gut noch an meine Kindheit und an die Dampfbadbesuche gemeinsam mit meinen Eltern erinnern, also entweder mit der Mama oder dem Papa. Übrigens wurde das Damfbaden Kindern nicht vorenthalten. Ich muss leider immer wieder feststellen, mit welch einer immensen Wissenslücke viele Menschen ihr tristes Dasein verbringen müssen und sich einreden, sie und ihre Vorfahren hätten alles besser gemacht. Es ist für mich absolut rätselhaft aber dennoch okay, wenn solche Exemplare menschlicher Abstammung Tatsachen verdrehen, um damit ihre Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren. Ich kann es aber nicht akzeptieren, wenn solche Menschen sich dennoch als Humanisten, Liberale, Demokratieverfechter, Freigeiste, Intellektuelle, Akademiker, Erfinder der modernen Zivilisation ....usw. bezeichnen, denn wir kennen die Menschheitsgeschichte und wir kennen die Zusammenhänge und diese beruhen auf Tatsachen und nicht auf Spekulationen. Zitat eines persischstämmigen Nachbarn: Während wir die Blühte der Zivilisation bildeten und auf allen Ebenen (Kunst, Kultur, Sprache, Literatur, Naturwissenschaften, Mathematik, Soziologie, Philosophie, Theologie....) als Vorbild galten, saßen die Europäer in ihren Höhlen und entlausten sich gegenseitig das Fell. Meine Antwort darauf: Daran hat sich relativ wenig geändert außer dass die Nachkommen heute in Anzügen und Krawatten rumlaufen und denken, sie alleine seien die Erfinder von allem. Salamaleikum!
01.06.18
1:14
Enail sagt:
Da scheint man doch einen Nerv getroffen zu haben, aber Fragen zur Freiheit der Frau oder aber der Grund zur Unterdrückung der Frau werden nicht gegeben. Ganz klar, als Kind, und zumal als Junge, die Erfahrung habe ich in meiner Arbeit mit Kindern aus allen Kulturschichten gemacht, hat man noch viele Rechte, auch Mädchen. Leider gehen die verloren sobald ein Mädchen sich zur Frau entwickelt. Das arme Kind, bei dem dies, was auch immer wieder vorkommt, schon mit neun oder zehn vorkommt. Kindheit dann vorbei? Dann darf man nicht mehr mit, stimmts? Viele dürfen ja noch nicht mal mit zum Schwimmunterricht der Schule oder auf Klassenausflüge. Immer sind es die Mädchen, die in dieser Religion benachteiligt sind. Gerne lasse ich mich eines Besseren belehren.
06.06.18
0:26