Bundespräsident Joachim Gauck besucht heute die Stadt Münster. Wegen des Streites um den Leiter des Zentrums für Islamische Theologie, Prof. Mouhanad Khorchide, blieben Spitzenvertreter des Koordinationsrates der Muslime und Mitglieder des theologischen Beirats der Veranstaltung fern.
Bundespräsident Joachim Gauck besucht zur Stunde die Stadt Münster. Bereits um 11 Uhr hielt Gauck eine Rede vor ausgesuchtem Publikum und Studenten des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT) an der Universität Münster. Der Veranstaltung im ZIT blieben die muslimischen Religionsgemeinschaften im Koordinationsrat der Muslime (KRM) und auch Mitglieder des theologischen Beirats am ZIT demonstrativ fern.
Die Religionsgemeinschaften hatten ihre Abwesenheit bereits im Voraus angedeutet, wie IslamiQ aus gut unterrichteten Kreisen erfahren konnte. Hintergrund ist ein Streit über den Leiter des ZIT, Prof. Mouhanad Khorchide, und dessen Thesen zu einer „Theologie der Barmherzigkeit“. Anfang Dezember will der KRM ein Gutachten zu diesen Thesen veröffentlichen.
Der Bundespräsident traf sich in Münster zuerst mit Vertretern der Universität und des ZIT. Gauck informierte sich über die Arbeit des Zentrums und den Stand der islamischen Theologie als Fachdisziplin. In der Aula der Universität hielt der Bundespräsident eine Rede zum Thema „Islam in Wissenschaft und Bildung“. Darin unterstrich der Bundespräsident die Bedeutung der Islamischen Theologie für Deutschland.
In seiner Rede ging Gauck auch auf den schwelenden Konflikt am Standort Münster ein. Der Bundespräsident sagte: „Islamische Theologie ist ein noch junges Fach an deutschen Universitäten. Wir alle befinden uns in einer Experimentierphase. Und bei Experimenten – jeder weiß es – ist nicht alles gleich gelungen. Es gibt noch zu wenig Lehrmaterial, es gibt noch zu wenig ausgebildete Fachkräfte, es gibt nicht zuletzt organisationsrechtliche Probleme in der Zusammenarbeit mit den islamischen Organisationen. Bei aller erfreulichen Bewegung werden Sie solche Fragen nicht allein hier am Zentrum für islamische Theologie beantworten können. Aber Sie werden dazu beitragen, dass wir als Gesellschaft Antworten finden.“ In einer IslamiQ vorliegenden Fassung der Rede war statt „islamischen Organisationen“ die Rede von „islamischen Religionsgemeinschaften“. Dieser Punkt wurde später jedoch geändert.
Nach der Rede des Bundespräsidenten fand eine Podiumsdiskussion zum Thema statt. Im Anschluss daran dankte Universitätsprofessorin Ursula Nelles dem Bundespräsidenten für seinen Besuch. Sie überreichte ihm und der Lebensgefährtin Schadt ein Gemälde. Mouhanad Khorchide überreichte im Namen des ZIT dem Bundespräsidenten eine arabische Kalligraphie mit dem Wort „Verantwortung“. Gauck erklärte, er habe noch kein solches Geschenk vorher erhalten und bedankte sich für die Kalligraphie. Die Wahl des Wortes Verantwortung kommentierte er mit den Worten: „Die Freiheit der Erwachsenen lautet Verantwortung.“
Die stellvertretende Ministerpräsidentin und Schulministerin Sylvia Löhrmann hat sich erfreut über die ermutigenden Worte von Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Besuch des Zentrums für Islamische Theologie Münster (ZIT) geäußert. „Das Ziel seines Besuches, unser Land als Heimat der verschiedenen Religionen darzustellen, ist eindrucksvoll gelungen. Für die Beteiligten, allen voran Professor Mouhanad Khorchide, war dieser Besuch auch ein wichtiges Signal angesichts der derzeitigen Anfangsschwierigkeiten“, erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin.
Der Besuch des Bundespräsidenten sei zur richtigen Zeit erfolgt, so Ministerin Löhrmann. „Wir wollen in NRW fortfahren, den islamischen Religionsunterricht an Schulen einzuführen und islamische Theologie an unseren Universitäten zu etablieren. Die Auseinandersetzung um die Ausrichtung des Glaubens gehört dazu und ist auch aus anderen Religionen bekannt. Bundespräsident Gaucks Aussage, dass wir mit ‚entschlossener Ruhe‘ fortschreiten müssen, bestärkt uns dabei.“
Am Nachmittag besichtigt der Bundespräsident im Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium die Ausstellung „Was glaubst Du denn!?“. Die Wanderausstellung der Bundeszentrale für politische Bildung zeigt Alltagssituationen und die biografische Vielfalt von Muslimen in Deutschland und will dazu anregen, Stereotype zu hinterfragen. Zunächst führt die Kuratorin Petra Lutz den Bundespräsidenten durch die Ausstellung. Anschließend trifft er sich mit Schülern, die selbst Führungen durch die Ausstellung anbieten.
Zum Abschluss seines Besuchs in Münster wird sich der Bundespräsident in das Goldene Buch der Stadt im Friedenssaal des Rathauses eintragen.