In Kaufbeuren wurde gestern per Bürgerentscheid gegen den Bau einer Moschee auf einem städtischen Grundstück gestimmt. Nun müsse die Gemeinde auf ein privates Grundstück ausweichen.
Die Einwohner Kaufbeurens haben sich am Sonntag mehrheitlich gegen den Bau einer Moschee auf einem städtischen Grundstück ausgesprochen. Nach Angaben der Stadt im Ostallgäu votierten bei einem Bürgerentscheid 59,6 Prozent dagegen. Es ging darum, ob die Stadt einer Gemeinde der islamischen Religionsgemeinschaft ein 5.000-Quadratmeter-Areal in einem Gewerbegebiet zur Verfügung stellt.
Gut 45 Prozent der etwa 34.000 Stimmberechtigten beteiligten sich an der Wahl. Mindestens 20 Prozent waren für die Gültigkeit des Entscheids nötig. Die Stadt muss nun ihre Verhandlungen mit Ditib abbrechen.
Nach Angaben des Vereins „Mehr Demokratie“ hatte es zuvor in Deutschland erst einen Bürgerentscheid über einen Moscheebau gegeben: 2002 sprach sich demnach im hessischen Schlüchtern eine Mehrheit für das Gotteshaus aus.
Angestoßen hatte den Bürgerentscheid im Allgäu die Initiative „Kaufbeurer Bürger gegen Neubau einer Ditib-Moschee“. Ihrer Ansicht nach sei Ditib ein Sprachrohr des türkischen Präsidenten Erdogan und verbreite einen mit dem Grundgesetz und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbaren politischen Islam.
Über die Hintergründe der Initiative herrschte zuletzt Unklarheit. Offiziell hat sie der pensionierte Kriminalbeamte Werner Göpel ins Leben gerufen, nach eigenen Angaben aus Angst vor einer Islamisierung der hiesigen Gesellschaft.
Einem Medienbericht zufolge gab kurz vor der Abstimmung jedoch die AfD an, sie habe diese initiiert. Göpel wies dies auf Anfrage zurück. Er kenne zwar AfD-Politiker, aber den Entscheid habe er allein herbeigeführt; alles andere sei eine Lüge. Die AfD war am Sonntag nicht zu erreichen. Göpel sagte am Abend: „Ich freue mich.“
Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) erklärte, die „sehr hohe Wahlbeteiligung“ habe gezeigt, dass die Menschen von dem Thema berührt worden seien: „Ich glaube, dass die Diskussion bei uns ganz massiv überlagert wurde von größeren Themen wie dem Verhältnis zur Türkei und der Migrationsproblematik.“ Wenn Ditib sich für den Moscheebau nun einen privaten Grund suche, habe die Kommune keinen Einfluss mehr – „da ist eine Chance verpasst“.
Der Kaufbeurer Ditib-Vorsitzende Osman Öztürk äußerte sich „schockiert“, das Ergebnis müsse er aber akzeptieren. Womöglich suche man nun ein privates Areal für einen Moscheebau. Der Bürgerentscheid habe auch Positives gebracht: Die Muslime hätten zuletzt viel Zuspruch von Bürgern und Kirchen erfahren.
Die Initiative „Kaufbeuren gestalten – statt spalten“, die sich als Reaktion auf die Moscheegegner gegründet hatte, erklärte auf Facebook, der Entscheid zeuge von Ablehnung gegenüber Ditib-Gemeindemitgliedern; dies sei ein großes Problem für Kaufbeuren.
Grund für den Wunsch nach einer neuen Moschee ist laut Ditib, dass das bisherige Gotteshaus in einem Wohngebiet zu klein geworden ist. Der Kaufbeurer Stadtrat hatte daher im November 2017 mehrheitlich beschlossen, Grundstücksverhandlungen mit Ditib aufzunehmen. (KNA/iQ)