Causa Özil

Bildungsministerin fordert Wertedebatte nach Fall Özil

Vor einer Woche löste der Fall Özil eine große Diskussion über Rassismus in Deutschland aus. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) fordert eine Debatte über neue Strukturen und Regeln von Integration. Das Thema sei zu lange unterschätzt worden.

30
07
2018
Mesut Özil
Mesut Özil © Facebook, bearbeitet by iQ.

Gibt es eine Debatte – oder nur einen kurzen Aufschrei? Vor einer Woche löste Fußballprofi Mesut Özil mit seiner Rücktrittserklärung jedenfalls eine Diskussion über Rassismus und Integration auf. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) forderte jedenfalls am Sonntag im „Tagesspiegel“: „Wir müssen dringend eine ruhige und gründliche Diskussion darüber führen, wie wir miteinander leben wollen und was einem toleranten Umgang im Weg steht.“

Aus Sicht der Ministerin zeigt sich in Özils Vorwurf und der Kritik daran, dass „jetzt etwas aufbricht, was schon viel länger unter der Decke brodelt, auf beiden Seiten“. Ihrer Partei wies Karliczek dabei eine Mitverantwortung zu. Auch die CDU habe „lange unterschätzt, wie wichtig es ist, über Werte, Regeln und Strukturen von Integration zu sprechen, damit die hier Lebenden und die zu uns Kommenden gut miteinander auskommen und eine Gemeinschaft werden können“.

„Es schadet dem Bild Deutschlands“

Außenminister Heiko Maas (SPD) zeigt sich in der „Bild“-Zeitung (Montag) besorgt: „Es schadet dem Bild Deutschlands, wenn der Eindruck entsteht, dass Rassismus bei uns wieder salonfähig wird.“

Der Kommunikationswissenschaftler Jörg-Uwe Nieland sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass die Folgen von Özils Rücktritt die Gesellschaft noch längere Zeit beschäftigen würden. Zugleich gibt er aber zu bedenken, dass die Konzentration auf eine einzelne Person ein Problem sein könne: „Das System und die Strukturen sowie die Komplexität der Abläufe und Positionen geraten dabei aus dem Blick. Das ist dem Erkennen von Zusammenhängen im Sport und in der Gesellschaft nicht zuträglich.“

Kürzlich wurde eine Studie des Duisburger Zentrums für Türkeistudien bekannt, wonach sich Deutsche mit türkischen Wurzeln immer stärker mit der Türkei verbunden fühlen. Leiter Haci-Halil Uslucan nannte es laut Deutschlandfunk besonders problematisch, dass jeder zweite Türkeistämmige die türkische Regierung und Migrantenorganisationen als seine vorrangigen Interessensvertreter wahrnehme.

#MeTwo – Hashtag dokumentiert Alltagsrassismus

Die Frage ist, wie es weitergeht. Handelt es sich um eine bald schon abebbende Empörung im medialen Sommerloch, ausgelöst von einem Promi? Oder taugt der Fall eines bekannten Profikickers dazu, den Blick auch einer breiten Öffentlichkeit auf schon lange bestehende Probleme bei der Integration zu lenken und auch auf den Alltagsrassismus, dem Nichtprominente mit ausländischen Wurzeln mitunter ausgesetzt sind? Bei der Wohnungs- und Stellensuche, im Büro oder auf der Straße.

Das wünschen sich zum Beispiel der Initiator von #MeTwo und seine Unterstützer. Der Hashtag in den Sozialen Medien sei eine Aktion „gegen Diskriminierung von Minderheiten, aus dem sich eine konstruktive Wertedebatte entwickeln soll“, sagt Erfinder Ali Can. Das englische Wort für die Zahl Zwei solle bedeuten, dass „zwei Herzen in meiner Brust“ schlagen dürften, erklärt er: „Weil ich mehr bin als nur eine Identität.“

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Und täglich grüßt das Murmeltier.
30.07.18
15:37
Johannes Disch sagt:
@Dilaver (30.07.18, 15:37) Das stimme ich Ihnen zu! Langsam kann man zur Özil-Berichterstattung nur noch sagen: "Gääähhhn!" Offenbar füllt Özil dieses Jahr das Sommerloch.
31.07.18
12:54