Islamische Bestattungen

Muslimische Bestattungspraxis in Europa

Die Beerdigung von Muslimen in Westeuropa ist kein „neues“ Phänomen. Trotzdem gibt es in Bezug auf muslimische Bestattungen in Europa viele Probleme, die überwunden werden müssen. Ein Gastbeitrag von Dr. Nur Yasemin Ural.

19
08
2018
Bestattungen
Symbolbild: Muslimische Bestattungen

Islamische Bestattungen in Westeuropa sind historisch kein neues Phänomen. Arabische Quellen aus dem 8. Jahrhundert berichten bereits von Begräbnissen im heutigen Spanien und einem Teil Frankreichs. In Marseille und Toulon wurden im Rahmen archäologischer Ausgrabungen Gräber entdeckt, die aufgrund ihrer Ausrichtung und Spezifika eindeutig als muslimisch identifiziert werden konnten.

Nach der „Reconquista“, der christlichen Rückeroberung Andalusiens, geriet die Existenz nichtchristlicher Bestattungstraditionen in Europa in Vergessenheit. Bis heute sind deshalb von jüdischen und muslimischen Grabstätten kaum Spuren vorhanden. Erst ab dem 16. und verstärkt ab dem 19. Jahrhundert lassen sich muslimische Begräbnisse in Europa wieder zweifelsfrei nachweisen. Zur Bestattung von Staatsbediensteten und Offizieren des Osmanischen Reiches, die im 19. Jahrhundert in Berlin, Wien oder Paris arbeiteten oder ausgebildet wurden, wurden auf Friedhöfen in diesen Städten besondere Bereiche eingerichtet oder, wie in Berlin, eine kleine Grabgemeinde erbaut. Außer einigen Grabsteinen sind von diesen Gräbern jedoch ebenfalls keine Überbleibsel mehr vorhanden.

Tod „in der Fremde“ macht Angst

Im 20. Jahrhundert wurden insbesondere in Frankreich und Großbritannien für muslimische Soldaten, die in den beiden Weltkriegen gefallen waren, Gräberfelder eingerichtet, die heute als Gedenkstätten dienen.

Mit der Ankunft der ersten Generation muslimischer „Gastarbeiter“ stellte sich die Frage nach muslimischen Bestattungen zunächst noch nicht dringend. Unter den meist jungen, gesunden Männern waren Todesfälle eher selten. Im Ernstfall legten die Arbeiter zusammen, um langwierige und teure Überführung in das Herkunftsland zu organisieren und zu finanzieren. Lokale Bestattungsunternehmen verfügten in der Regel nicht über die notwendige kulturelle Sensibilität im Umgang mit den Angehörigen eines muslimischen Verstorbenen. Auch Kenntnisse über die besonderen Regeln und Erfordernisse einer islamischen Bestattung waren nicht vorhanden. Deshalb war die Idee eines Begräbnisses in Europa für viele der ab den 1960er Jahren ankommenden Migranten trotz aller Schwierigkeiten mit dem Überführungsprocedere keine Option. Auch der Gedanke, nach dem Tod „in der Fremde“ zu bleiben, machte ihnen Angst. Viele der unter Migranten bekannten und beliebten Volkslieder, Filme und Bücher spielen auf das Grab in der Heimat an.

Anfänge der muslimischen Bestattungsvereine

Anfang der 1970er Jahre begann die Familienzusammenführung. Damit stieg auch die Zahl der Todesfälle in der muslimischen Gemeinschaft und auch die Zahl der Überführungen an. Eine der ersten muslimischen Gemeinden, die die Notwendigkeit erkannt haben, Familien nicht nur praktische Hilfestellungen bei der Abwicklung der Formalitäten, sondern auch seelischen Beistand anzubieten war die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Andere deutschland- und europaweite islamische Religionsgemeinschaften (z.B. DITIB) schlossen sich schon bald an. Neben der Überführung in die Türkei boten die Bestattungsvereine bald auch die Möglichkeit an, muslimische Kinder auf Friedhöfen in Europa beisetzen zu lassen. Damit wurde die Frage nach islamischen Bestattungen in Europa wieder ein Diskussionsthema.

Gerade unter den Angehörigen der folgenden Generationen von Einwanderern wird zunehmend die Forderung laut, ihre Verstorbenen in dem Land beizusetzen zu können, in dem sie geboren und aufgewachsen sind. Auch wenn ihre Zahl gegenüber denjenigen, die eine Überführung vorziehen würden, noch vergleichsweise gering ausfällt, lässt sich doch ein gewisser Trend erkennen.

Bis in die 2000er Jahre konnte in Westeuropa die Bestattung nach islamischer Tradition nur auf für Muslime bereitgestellten Teilen vorhandener Friedhöfe durchgeführt werden. In den Städten mit hoher muslimischer Einwohnerzahl sind diese speziellen Gräberfelder inzwischen sehr häufig anzutreffen. In Frankreich sind es etwa 90, in den Niederlanden zwischen 70 und 80 und in Belgien beinahe 40. Aber bis heute gibt es immer noch eine Vielzahl von Hürden, die Muslime daran hindern, ihre eigenen Friedhöfe zu unterhalten. In Deutschland ist dies beispielsweise die noch immer fehlende rechtlich angemessene Stellung der muslimischen Religionsgemeinschaften.

Muslimische Grabfelder in Europa

In Deutschland kann nur eine öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft wie die katholische oder evangelische Kirche oder die jüdische Gemeinden den Status als Friedhofsträger erhalten. Mit den eingezahlten Steuern können die Religionsgemeinden ihre eigenen Friedhöfe selbst führen. Muslime dagegen benötigen weiterhin eine Ausnahmegenehmigung. Ob muslimische Gräberfelder eingerichtet werden oder nicht, hängt also weiterhin stark vom Engagement der lokalen Gemeinden ab.

Ähnliches gilt für Frankreich, wo aufgrund des strikten Laizismus muslimische Friedhöfe ebenfalls nur, wie in Straßburg, aufgrund des regionalen Sonderstatus eröffnet werden können und rechtlich nicht anerkannt sind.

Die Niederlande und Österreich sind in dieser Hinsicht progressiver. 2008 wurde in Wien der erste muslimische Friedhof eröffnet, 2012 folgte ein weiterer in Altach. Der Bau dieser beiden Friedhöfe wurde, ebenso wie der 2007 im niederländischen Almere errichtete Friedhof, im großen Rahmen durch ausländische Spenden finanziert. In der Hauptstadt Amsterdam gibt es keinen muslimischen Friedhof, aber auch dort wurde 2012 ein für Muslime gesondertes „Grabfeld“ eröffnet.

Das größte Problem ist die Miete von Grabnutzungsrechten

Auf muslimischen Friedhöfen und den für Muslime ausgewiesenen Bereichen auf christlichen und staatlichen Friedhöfen werden für diejenigen, die nach islamischem Ritus bestattet werden möchten, Ausnahmeregelungen angeboten. Dazu gehört, dass das Gesicht der Verstorbenen in die Gebetsrichtung zeigt und sie neben ihren Glaubensgeschwistern bestattet werden. Die Tatsache, dass die Nutzungsrechte für diese Gräber nur für 10, 15 oder 30 Jahre erteilt – und im Falle der Nichtverlängerung diese Gräber umgewidmet – werden, ist dagegen einer der Hauptgründe dafür, dass Muslime einer Bestattung in Europa weiterhin kritisch gegenüber stehen. Auch die in vielen europäischen Ländern geltende Sargpflicht stellt für viele Muslime eine unübliche Situation dar.

Gegenwärtig entspricht die Nachfrage nach den in Westeuropa eröffneten Friedhöfen nicht den Erwartungen. Zumeist sind es immer noch Kinder, die dort beerdigt werden. Islamische Gelehrte widmen diesem Thema jedoch immer mehr Raum und die Zahl der muslimischen Friedhöfe steigt stetig. Trotzdem bleibt weiterhin die Frage offen, ob die Bestattung von Muslimen in Europa in der Zukunft allgemein anerkannt wird.

 

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Danke, dass Sie sich diesem für Muslime wichtigen Thema widmen. Gräber müssen kostenlos sein, weil alle Toten Anrecht auf ein Grab haben und nicht erst gegen Geld. Es ist ungeheuerlich, wie hier Geldmacherei betrieben wird und trauernde Hinterbliebene zusätzlich finanziell belastet werden, obwohl sie sich das nicht leisten können oder wollen. Und der Sarg ist lediglich ein Luxus, den kein Toter braucht. Es ist noch nie jemand davon krank geworden, dass ein Toter ohne Sarg beerdigt wurde.
19.08.18
16:20
Kritika sagt:
L.S.- Muslims sollen uns, Bewohner Deutschlands, nicht vorschreiben, wie wir uns an sie anpassen müssen. "Islamisieren", Sondern wir lassen den Muslims und Anhänger anderer exotische Sekten wissen, wie Friedhof und Begraben hier funktioniert, und woran sie sich zu halten haben, wenn sie hier weiterhin wohnen möchten. Wir dürfen keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass Auferstehungsglauben jedem fysikalischen Gesetz zuwider läuft und daher hanebüchelden Nonsense ist. Deshalb sollten wir solche unsinnige GlaubensMärchen nicht durch "auferstehungsfreundliche Gesetzgebung" fördern. Gruss, Kritika
19.08.18
23:45
Kritika sagt:
L.S. Deutschland ist ein Industrieland und kein Märchen land. Weshalb werfen wir dann Forschungsgeld zum Fenster hinaus für solch ein überflüssiges NonsensProject: "Forschungsschwerpunkt gehört die muslimische Bestattung in Deutschland und Frankreich." ? Unser Wissenschaftler sollten Physiker sein, BioChemiker, Mathematiker Ingenieure, Astrophysiker Luft-und Raumfahrt Ingenieure, etc. m.a.W. Wissenschaftler, die den Standort Deutschland voran bringen und keine Pseudo Doktoren, die SteuerGeld vernichten mit dem Träumen über eine mittelalterliche FabelFigur und dessen Wünsche, tote Muslims zu beërdigen. Was bei solches Sinnieren über Allah und Islam heraus kommt, kann man an den vielen MuslimWissenschaftler ablesen, welche alle durch Entdeckungen und Wissenschaftliche Arbeiten unauswischbare Spuren hinterlassen haben wie Archimedes La Place, Einstein, Darwin, Gauss, Hawking, - - * Gruss, Kritika * sollte Kritika sich irren, und die aufgeführten Top-Wissenschaftler seien keine Muslims gewesen, fallen Leser mit umfassender Allgemeinbildung sicher ähnlich viele, ähnlich bedeutende und bekannte IslamWissenschaftler ein. Kritika wäre äusserst erfreut, wenn Leser einige Islam-gläubige allgemein-bekannte Top-Islam-nennen könnten, die ähnliche unauswischbare Spuren hinterlassen haben
20.08.18
0:31
Emanuel Schaub sagt:
Leider sind die Leichname in der heutigen Gift Welt dermassen vergiftet ,dass ein bio -logische mithin natur -und vielleicht für Gläbige besser.. Gott gewollte Verwesung nicht gegebenist! In Amerika können z.b. Gräber nicht nach Ablauf der ruhe frist neu belegt werden ,weil die Toten wie mumifiziert... sind Ansonsten wäre ich auch gegen die Mafia artige Vermarktung von Leidtragenden in ihrem bedürfnis für eine würdige Bestattung ihrer Mit Menschen. mein bruder darf.. 7000 Euro für die Beerdigung bezahlen... gruss emanuel P.S. Auf der ganzen Welt sind zehtausende von WissenschatlerInnen muslimischen Glaubens tätig -auch ohne gleich den Nobel Preis zu erwarten(wie man gehört hat ein eher schlechtes beispiel..
23.08.18
11:36
Kritika sagt:
An Emanuel Schaub Meine Frage war Warum gibt es keine Muslim TOP Wissenschaftler? Warum kennen wir kein einziges Naturgesetz, mit einem Muslim als Entdecker? aber sehr viele NichtMuslims, die Naturgesetze entdeckt haben und ihren Namen damit verbunden haben? So wie Archimedes, Pytagoras, Avogadro, Mendelejew, Keppler, Newton, Watt, Kelvin, - - - - Verschiedene Kommentatoren, zB Herr Disch, schreiben, dass der Islam eine wissenschaftliche Hochkultur hatte. Wenn das so ist, müssten Personen bekannt geworden sein, nach denen die Entdeckungen genannt wären. So wie oben gezeigt. Helfen Sie mir einmal, geehrter Herr Schaub, solche zu finden? Ich halte es für unmöglich, dass Muslims TopWissenschaftler sein können, Ich denke, dies ist der Grund: TopWissenschaftler sind top intelligent (intelligenter als 'Ihre' 10.000 Muslim-Chemie Laboranten zusammen) Top intelligente Wissenschaftler sind dermasssen intelligent, dass sie den hanebüchelden Unsinn um Koran, Allah, Engel usw als TopNonsense glatt durchschauen, den Islam den Rücken kehren und weiter als Islamfreier Topwissenschaftler Erfolg haben. Kurzgefasst: Top Intelligenz und Islam vertragen sich nicht: Entweder Intelligent oder IslamNonsense, beides zugleich gib's nicht. Dass es auf der ganzen Welt viele Muslime gibt, die irgendwie wissenschaftlich tätig sind widerspricht meine Schlussfolgerung nicht. Nur Topwissenschaftler, Nobelpreis-würdig, das sind die anderen, die vom Islam Befreiten. Ich lade Sie ein, verehrter Herr Schaub, das Gegenteil zu beweisen, nennen Sie Ross und Reiter ihrer TopMusimNaturwissenschaftler, so wie ich das oben getan habe für Wissenschaftler, befreit vom Islam. Gruss, Kritika.
24.08.18
20:30
Emanuel Schaub sagt:
Erstens earen alle aufgeführten Top-Wissenschaftler ganz bestimmt nicht säkulare Wissenschaftler Jeder hatte sein irrationales/religiöses Erleben /bekenntnis im Hinterkopf. Und die Top Wissenschaftler ,die uns.....die Atom Bombe ,Umweltkatastophe, Krankeits Pseudo Behandlung!!/(Anti Biotika etc.pp. Krebs Scharlatanerie Behandlung..rwesp.Misshandlung gebracht haben waren mit Sicherheit Bekennende Christen Juden et.. (nichts gegen die Glaubens gemeinschaften resp.ihre ethischen! Anhänger. Die Beiträge der Islam Wissenschaftler hier im Blog sind nicht Nobel Preis würdig ,zeugen aber von hoher Intelligens und Hingabe an ihren Glauben und brauchen sicher nicht vom selbigen befreit werden. Meine Intelligens reicht aus ,dass Trennende aller Welt Anschauungen zu sehen ,ob es nun Engel, jenseits von hienieden gibt ,weiss ich nicht , aber ganz bestimmt habe ich zb.gestern 3 liebevoll!! miteinander sprechende Muslima (eine ,oh schreck ,mit Kopftuch) bei der Lektüre der französichen Übersetzung als Inspiration erlebt, Von den bezaubernden Muslima in einer Wuppertaler Gaststätte nicht zu sprechen. Mit anderen Worten es gibt Engel hinieden!! gruss emanuel
27.08.18
10:55
Volkmar Tjallings sagt:
Ich wußte nicht, daß muslimische Glaubensgemeinschaften rechtlich NICHT gleichgestellt sind mit Christen und Juden. Das sollte doch wohl selbstverständlich sein. Die islamische und jüdische Tradition, Gräber und Grabruhe für die Ewigkeit gelten zu lassen, finde ich richtig. Die Praxis bei christlicher Bestattung, die Totenruhe "bis zum Jüngsten Tag" zu gewährleisten, ist längst einer blasphemischen, aber lukrativen Geschäftsidee gewichen. Kein Wunder also, daß das Christentum immer weniger ernst genommen wird.
28.11.19
18:01