Masseninhaftierungen, religiöse Unterdrückung und Überwachung: In der chinesischen Provinz Xinjiang wird die Lage für muslimische Uiguren nach Informationen von Human Rights Watch immer unerträglicher. Die Weltgemeinschaft soll einschreiten.
Wegen seines harten Vorgehens gegen Uiguren soll sich China vor der Weltgemeinschaft verantworten und mit Sanktionen belegt werden. Das forderte am Montag die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) nach Vorlage eines neuen Berichts, in dem Peking eine massive Unterdrückung der muslimischen Volksgruppe in der westlichen Unruheprovinz Xinjiang vorgeworfen wird.
„Die chinesische Regierung verübt in Xinjiang Menschenrechtsverletzungen in einem Ausmaß, das wir seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben“, sagte Sophie Richardson, Direktorin für China bei Human Rights Watch einer Mitteilung zufolge.
Nach Interviews mit Dutzenden Betroffenen und ihren Angehörigen kommt HRW zu dem Ergebnis, dass die Behörden immer häufiger Masseninhaftierungen veranlassen, sowohl in regulären Haftanstalten als auch politischen Umerziehungslagern. Berichte, wonach eine Million Menschen in den Lagern festsitzen, seien „glaubwürdig“.
Ähnliche Vorwürfe wurden im August bereits vor dem UN-Komitee zur Bekämpfung von Rassen-Diskriminierung in Genf laut, wo Komitee-Mitglied Gay McDougall warnte, dass die Region in „eine Art massives Internierungslager“ umgewandelt werde. China wies diese Behauptung als „komplett unwahr“ zurück.
Turkstämmige Muslime, von denen es in der Region etwa 13 Millionen gibt, würden laut des neuen HRW-Berichts in den Lagern gezwungen, Mandarin zu lernen und Lobeshymnen auf die Kommunistische Partei zu singen. Die Insassen würden ohne angemessene Gerichtsverfahren festgehalten und keinen Zugang zu Anwälten oder Angehörigen erhalten. Grundlage der Inhaftierungen seien meist vermeintliche Kontakte ins Ausland, insbesondere in Staaten, die laut einer offiziellen Liste als „sensibel“ gelten. Auch schlicht wegen der Nutzung von WhatsApp sei es schon zu Verhaftungen gekommen.
Auch außerhalb der Hafteinrichtungen nehme die Unterdrückung durch eine „durchdringende und ständige Überwachung“ zu. Nachbarn würden ermutigt, sich gegenseitig auszuspionieren. Modernste Überwachungssysteme, die Biometrik, künstliche Intelligenz und Spyware nutzen, würden eingesetzt. Mehr als eine Million Beamte und Polizisten seien zur Überwachung der Bevölkerung mobilisiert.
Angesichts der „überwältigenden Beweise“ forderten die Menschenrechtler die Verhängung von Sanktionen gegen China. „Wenn die Regierung nicht unter Druck gesetzt wird, ihre Menschenrechtsverletzungen zu beenden, wird sie dies in ihrem Handeln bestärken“, sagte Richardson.
Andere Staaten sollten sich für gemeinsame Maßnahmen des UN-Menschenrechtsrats einsetzen und eine Koalition schmieden, die weitere Beweise für Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang sammelt und auswertet. Zudem sollten sie gezielte Sanktionen gegen Xinjiangs Parteichef Chen Quanguo und andere hochrangige Funktionäre, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, verhängen.
Die Region gilt wegen der Spannungen zwischen Uiguren und den Chinesen als Konfliktherd. Nach blutigen Unruhen 2009 und einer Reihe von Terroranschlägen gehen die Sicherheitskräfte scharf gegen die Minderheit vor. Das Turkvolk fühlt sich wirtschaftlich, politisch und kulturell von den herrschenden Chinesen unterdrückt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten sich die Kommunisten das frühere Ostturkestan als autonom verwaltete Region einverleibt. (dpa, iQ)