Ministerialrat Michael Oberkötter nimmt Prof. Mouhanad Khorchide demonstrativ in Schutz. Engin Karahan stellt heraus, dass mit einem solchen „Basta“ die religionsverfassungsrechtliche Ordnung oder die betreffende Theologie in Frage gestellt wird. Die Frage steht im Raum: „Wie weit darf sich der Staat einmischen?“
„Das Land … lässt sich diese Schmähung seines Professors nicht gefallen. Wir stehen zu Ihnen.“
Eine Aussage, die in einem anderen Zusammenhang als staatliche Fürsorge verstanden werden könnte, entfaltet eine fatale Wirkung, wenn sie sich auf einen Theologieprofessor bezieht.
Diese Aussage soll die eines hochrangigen Wissenschaftsbürokraten eines Bundeslandes sein. Getätigt wurde sie in einem Umfeld, in dem eine heftige Debatte um die Inhalte der islamischen Theologie läuft. Aber auch ohne diese Debatte müsste gefragt werden, seit wann sich der religiös-neutrale Staat eigene Theologieprofessoren hält und diese auch noch gegenüber Widerständen der muslimischen Gemeinschaft und der breiten muslimischen Basis als „meinen Professor“ in Schutz nehmen darf?
Mit solch einer Aussage wird entweder die religionsverfassungsrechtliche Ordnung delegitimiert oder der betroffene Theologe. Mit diesem „Basta“ hat der betreffende Staatsdiener beiden Seiten keinen Gefallen getan.
Der Diskurs um islamische Theologie wird mit dieser Aussage nun immer mehr in einen anderen (und unterschwellig wohl von Beginn an gewollten, den „eigentlichen“) Diskursbereich verlagert: Was hat der Staat eigentlich in meiner islamischen Theologie verloren? Auf welcher Autorität außer seiner hoheitlichen Macht baut er eigentlich auf, wenn er mir als Muslim vorschreiben will, welche islamische Theologie ich als gut und welche als schlecht anzusehen habe?
Ist es doch gerade der eigene Anspruch von Pluralität und Religionsfreiheit des Grundgesetzes, der den Staat in dieser Hinsicht „unmusikalisch“, also neutral lässt. Können dann Staatsvertreter „in Sorge um die Muslime“ diesen vorgeben, wie sie ihren Glauben zu verstehen und auszugestalten haben?
Diese Aussage macht einen an dem Standort bisher als inner-theologisch geführte Debatte zu einem Streit darüber, wieweit sich der Staat eigentlich in den Glauben der Muslime einmischen darf. Eine Debatte, die vor der Etablierung der theologischen Standorte hätte geführt werden müssen und nicht wie jetzt erst gegen Ende eines Prozesses.
Was manche staatlichen Vertreter in ihrer „Sorge um die Muslime“ vergessen:
Ohne die muslimischen Gemeinschaften dürfen sie weder eine islamische Theologie an den Universitäten, noch einen Islamischen Religionsunterricht in der Schule „anbieten“.
Der verfassungsrechtlich neutrale Staat weiß weder wie eine „richtige“ islamische Theologie aussieht, noch wer diese vertritt. Deswegen muss er ja auf Religionsgemeinschaften zurückgreifen, wenn er Theologie „anbieten“ will.
Wenn staatliche Vertreter nun meinen „ihre“ Theologen gegenüber den muslimischen Gemeinschaften und der breiten muslimischen Basis in Schutz nehmen zu müssen, dann läuft dort verfassungsrechtlich etwas ganz heftig schief.