Eine Organspende ist in Deutschland nur mit Zustimmung des Spenders oder seiner Angehörigen möglich. Gesundheitsminister Spahn möchte die Regeln ändern, um mehr Organspenden zu ermöglichen. Muslime sehen die Widerspruchsregelung kritisch.
Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) sieht die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgeschlagene Widerspruchslösung bei Organspenden kritisch. „Die Organspende ist Hilfe in einer Notsituation und deshalb im Islam nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Der sogenannten ‚Widerspruchslösung‘ stehen wir jedoch kritisch gegenüber. Wir plädieren für mehr Aufklärung und Sensibilisierung für die freiwillige Organspende“, erklärt Celil Yalınkılıç, Vorsitzender der Abteilung für religiöse Wegweisung (Irschad) der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG).
Der Islam sei geprägt davon, Notleidenden und Hilfsbedürftigen zu helfen. In diesem Sinne sei die Organspende Hilfe in einer Notsituation. „Einem Menschen durch die Organspende zur Genesung zu verhelfen ist vergleichbar mit der Heilung durch ärztliche Behandlung oder Pflege. Deshalb ist die Organspende nach unserer Überzeugung im Islam nicht nur erlaubt, sondern erwünscht“, so Yalınkılıç weiter.
Zugleich gelte, dass der menschliche Körper unantastbar sei, auch nach dem Ableben. Diese Regel könne nur durch ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen durchbrochen werden. In diesem Sinne sei die geplante ‚Widerspruchslösung‘ in der Debatte um die Organspende zu betrachten. Sie geht vom grundsätzlichen Einverständnis zur Organspende aus, obwohl die betroffene Person sich nicht ausdrücklich erklärt hat. Die Regel von der Unantastbarkeit des Körpers wird damit von der Regel zur Ausnahme degradiert. „Vor diesem Hintergrund ist die Vereinbarkeit der ‚Widerspruchsregelung‘ mit dem islamischen Grundsatz der Unantastbarkeit des menschlichen Körpers kritisch zu betrachten“, erklärt Yalınkılıç.
Die IGMG plädiere deshalb für mehr Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung für die freiwillige Organspende. Die Menschen sollten dazu motiviert werden, sich aus freien Stücken als Spender zu registrieren. Hierzu gebe es vielfältige Möglichkeiten, unter anderem kultur- und religionssensible Informationskampagnen. Die Möglichkeiten hierzu wurden bisher nicht ausgeschöpft.