Eigentlich geht es beim AfD-Treffen in Magdeburg um die Europawahl. Aber eine Spendenaffäre erschüttert die Partei. Und jetzt gibt es auch schon wieder Probleme mit dem Verfassungsschutz.
Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen führt seine Partei in die Wahl zum Europaparlament. Die Europawahlversammlung der AfD wählte ihn am Freitag in Magdeburg mit rund 90 Prozent der abgegebenen Stimmen auf den ersten Listenplatz. Er war der einzige Kandidat. Meuthen, der die AfD gemeinsam mit Alexander Gauland führt, ist seit Ende 2017 Mitglied des Europäischen Parlaments – derzeit als einziger AfD-Abgeordneter. Das Treffen in Sachsen-Anhalt wird von der Affäre um Parteispenden aus dem Ausland überschattet.
Meuthens Co-Parteichef Alexander Gauland eröffnete den Kongress mit scharfen Angriffen auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die EU. Merkels Flüchtlingspolitik habe Europa gespalten und sei eine der Ursachen für den Brexit. Für Unruhe unter den rund 600 Delegierten sorgten Berichte über die Beobachtung der AfD-Nachwuchsorganisation in Baden-Württemberg durch den Verfassungsschutz. In der Spendenaffäre stellte sich die Parteispitze hinter die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Alice Weidel.
In seiner Bewerbungsrede griff Meuthen den Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck scharf an. Habeck stehe mit seiner Ablehnung eines „Europas der Vaterländer“ für ein „links-rot-grün verseuchtes 68er- Deutschland.»“Friedrich Merz, der sich um den CDU-Vorsitz bewirbt, wurde von Meuthen als „pseudo-konservativer Totalausfall“ betitelt.
Meuthen stellte klar, dass er nicht für einen EU-Austritt Deutschlands plädiere. „Wir treten nicht an, um die EU kaputt zu machen.“ Zu AfD-Bündnispartnern zählte er den italienischen Lega-Chef Matteo Salvini, den österreichischen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Gauland warf Merkel vor, bei den Gedenkfeiern zum Ende des Ersten Weltkriegs in Paris jüngst ein „schiefes Welt- und Geschichtsbild“ präsentiert zu haben.
Die AfD-Delegierten wollen bis Montag 40 Kandidaten für die Europawahl im kommenden Mai bestimmen. Einige Dutzend AfD-Gegner trafen sich in Magdeburg zu einer Gegenveranstaltung. Dort sprach der Chef der SPD-Jugendorganisation Jusos, Kevin Kühnert.
In der Spendenaffäre gab die Parteispitze Weidel Rückendeckung. „Der Bundesvorstand sieht keinerlei Verschulden bei Frau Dr. Alice Weidel“, hieß es in einer Erklärung. Alle vorübergehend eingegangenen Zahlungen seien von der Partei zurückgezahlt worden. Weidel hatte zuvor eine persönliche Erklärung zu der Angelegenheit abgegeben.
Weidels Kreisverband am Bodensee hatte zwischen Juli und September 2017 aus der Schweiz 130 000 Euro erhalten, gestückelt und mit dem Verwendungszweck „Wahlkampfspende Alice Weidel“. Das Geld war von der Züricher Firma PWS Pharmawholesale International AG überwiesen worden, „treuhänderisch für einen Geschäftsfreund“, wie deren Verwaltungsrat WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ mitgeteilt hatte. Name und Nationalität des Spenders sind unbekannt.
Weidel teilte mit, die Anschuldigungen seien ihr nur aus den Medien bekannt. Die dort berichteten Sachverhalte seien „in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig und tendenziös“. Die Fraktionschefin erklärte weiter: „Ich werde – auch im Interesse meiner Partei – mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln an der Aufklärung der betreffenden Sachverhalte mitwirken.“
Am Mittwoch hatte die AfD eine zweite Großspende von 150 000 Euro aus den Niederlanden bekannt gemacht. Zudem wurde am Freitag eine dritte, allerdings umgehend zurücküberwiesene Spende aus 2016 bekannt.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Bundestag mitgeteilt, wegen der Schweizer Spende gegen Weidel ermitteln zu wollen. Dazu muss nach den Immunitätsregeln eine 48-Stunden-Frist verstreichen – Anfang kommender Woche dürften die Ermittler beginnen, falls der Bundestag nicht widerspricht.
Unterdessen teilte das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz mit, den Landesverband des AfD-Nachwuchses Junge Alternative (JA) zu beobachten. Schriften, Äußerungen und Positionen von Funktionären und Gliederungen der JA im Südwesten seien nicht mit wesentlichen Verfassungsgrundsätzen vereinbar. „Außerdem bestehen Bezüge der JA BW zu Rechtsextremisten, die auf gemeinsame verfassungsfeindliche politische Ziele hindeuten.“ Zuvor hatten „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ darüber berichtet.
Der JA-Landesvorsitzende Moritz Brodbeck kündigte an, er und vier weitere Mitglieder des zehnköpfigen Landesvorstands würden aus der Nachwuchsorganisation austreten. Sie seien nicht mehr bereit, für die Verfehlungen anderer einzustehen. Der JA-Bundesvorsitzende Damian Lohr sagte, bundesweit seien zwischen 80 und 90 Prozent der JA-Mitglieder auch in der Partei. Die JA in Bremen und Niedersachsen war zuvor ins Visier der Verfassungsschützer geraten. (dpa, iQ)