Am Mittwoch hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Deutsche Islamkonferenz eröffnet. Muslime und Politiker wünschen sich mehr Klarheit im Dialog mit den Muslimen in Deutschland.
Zum Auftakt der Deutschen Islamkonferenz (DIK) hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) einen „Islam in, aus und für Deutschland“ gefordert. Dazu brauche es einen offenen, von Respekt und Toleranz getragenen Dialog zwischen Muslimen und Nichtmuslimen sowie der Muslime untereinander, sagte Seehofer in einer Grundsatzrede am Mittwoch in Berlin. Als Maßstab für die Integration von Muslimen nannte der Minister die Achtung vor der Verfassung und den in Deutschland herrschenden Werten, die Verwendung der deutschen Sprache und die soziale Verwurzelung in der Gesellschaft, etwa durch ehrenamtliches Engagement.
Seehofer regte zudem eine bessere Selbstorganisation des Islam an. Es dürfe nicht sein, dass Moscheegemeinden aus dem Ausland finanziert und gesteuert würden. Besonderes Gewicht hat aus seiner Sicht in diesem Zusammenhang die Ausbildung von Imamen in Deutschland.
Die Muslime gehörten zu Deutschland mit denselben Rechten und Pflichten wie alle Bürger, „daran kann es wohl keinen vernünftigen Zweifel geben“, betonte Seehofer. Er bedaure, wenn nach Straftaten von Muslimen der Islam insgesamt in der Öffentlichkeit dafür verantwortlich gemacht werde. mahnte er.
Der Minister kündigte eine personelle und inhaltliche Neuausrichtung der DIK in ihrer vierten Arbeitsphase an. Es habe „gute Gründe“ gegeben, in den vergangenen Jahren vor allem mit den islamischen Religionsgemeinschaften zu sprechen. Dabei sei viel erreicht worden, etwa im Bereich der islamischen Theologie an deutschen Hochschulen, in der Seelsorge und der muslimischen Wohlfahrtspflege. Angesichts eines „dynamischen Wandels“ in der islamischen Gemeinschaft solle es künftig jedoch eine breitere Debatte geben.
Inhaltlich sollen in der kommenden DIK-Phase vor allem alltagspraktische Fragen im Mittelpunkt stehen, die nicht mehr in festen Arbeitsgremien, sondern themenbezogenen Gesprächsforen, Workshops und Projekten angegangen werden sollen. „Die neue Islamkonferenz wird als Gesprächsprozess gestaltet.“
Seehofer kündigte zudem ein Förderprogramm für Moscheegemeinden an. Mit dem staatlich finanzierten Förderprogramm „Moscheen für Integration – Öffnen, Kooperieren, Vernetzen“ wolle die Regierung mit gezielten Projekten den „gelebten Alltag“ von Muslimen in der deutschen Gesellschaft und die Begegnung mit Nichtmuslimen unterstützen.
Vom Direktor des Instituts für islamische Theologie der Universität Osnabrück, Bülent Uçar, musste sich der Minister Kritik anhören, weil er in einem Interview gesagt hatte, er halte den Satz ‚Der Islam gehört zu Deutschland‘ für falsch. Uçar sagte, auch wenn Seehofer dies nur historisch gemeint habe, sei die Äußerung für viele Muslime irritierend gewesen. Jetzt sei es aber Zeit, das Thema abzuhaken und nach vorne zu blicken.
„Wir brauchen eine klare, ehrliche und dialogorientierte Haltung der Regierung gegenüber den muslimischen Religionsgemeinschaften. Man kann sich einen „deutschen Islam“ nicht einfach backen. Es braucht verbindliche Lösungen auf Bundesebene sowie eine selbstkritische Reflexion der letzten zwölf Jahre“, erklärt Filiz Polat, Grünen Bundestagsabgeordnete und Ansprechpartnerin ihrer Fraktion für die Belange des Islam, zur vierten Phase der Islamkonferenz.
Es sei an der Zeit, dass die Bundesregierung und der Innenminister sich langfristig für die Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaften als Körperschaft(en) öffentlichen Rechts im Sinne des Grundgesetzes konkrete Vorschläge erarbeiten. „Dies wäre ein großer Schritt für die gläubigen Muslime und Muslimas in Deutschland“, so Polat weiter.
„Die vierte Deutsche Islamkonferenz muss konkrete Schritte zur Anerkennung des Islam in Deutschland aufzeigen und dazu beitragen, bestehende Diskriminierungen von Muslimen abzubauen“, erklärt die LINKE-Fraktion in einer Pressemitteilung. Dazu gehöre es, dass Muslime die gleichen Rechte wie andere Religionsgemeinschaften bekommen in Bezug auf den Religionsunterricht, die Wohlfahrtspflege, die Seelsorge in öffentlichen Einrichtungen und die Ausbildung von Imamen an öffentlichen Hochschulen. „Kurzum: Die Bundesregierung muss liefern.“
„Die DIK hat zwar keine Entscheidungshoheit darüber, welche Islamversion auf die Gunst des Staates hoffen kann. Dennoch simulierte die DIK immer wieder Anerkennung, zum Beispiel indem sie die Einrichtung der Lehrstühle für Islamische Theologie für sich reklamiert, oder indem sie die islamische Wohlfahrtspflege vorangetrieben hat“, schreibt die Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Schirin Amir-Moazami in einem Gastbeitrag für Zeit-Online.
Weil es im Integrationsgeschäft auch um Ressourcen und Deutungsmacht gehe, habe das Modell „Staat lädt Muslime an den Tisch der Republik“ Spaltungen innerhalb der islamischen Akteure verstärkt. „Die DIK wurde eine Art Dompteurin beim Wettstreit der vertretenen Muslime und Musliminnen um die Gunst des Staates“, so Amir-Moazami.(KNA, iQ)