Eine Entscheidung des Koblenzer Stadtrats sorgt für Schlagzeilen. In Schwimmbädern der Stadt sind Burkinis nicht mehr erlaubt. Ein Grund lautet: Damit man Krankheiten und Ausschläge besser erkennen kann.
Der Koblenzer Stadtrat hatte am Freitag mit knapper Mehrheit beschlossen, dass Badegäste „den Nassbereich“ der Schwimmbäder nur in Badehose, Badeanzug, Bikini oder Badeshorts betreten dürfen. Nur für Leistungsschwimmer seien Neoprenanzüge im Training zugelassen. Für den Antrag der Freien Wähler (FW) und der CDU hatten 24 Ratsmitglieder (auch AfD) gestimmt. 22 waren dagegen. Im Schulsport dagegen ist Ganzkörper-Badebekleiung weiter für Musliminnen erlaubt, da es sich um eine schulische Pflichtveranstaltung handelt.
Der Fraktionschef der Freien Wähler im Stadtrat, Stephan Wefelscheid, sagte, die Entscheidung für „möglichst wenig Textil“ am Körper sei auch gefallen, um eventuelle Krankheiten erkennen könnte. Laut Haus- und Badeordnung sei der Zutritt Personen nicht gestattet, wenn sie unter „anstoßerregenden Krankheiten oder meldepflichtigen übertragbaren Krankheiten im Sinne des Bundesseuchengesetzes oder offenen Wunden bzw. Hautausschlägen“ leiden würden. Das Personal könne dies bei wenig Textil am Körper eben besser erkennen.
Bei Neoprenanzügen der Sportschwimmer sei der Fall ein anderer: Denn da liege die Überwachung beim Schwimmleiter des jeweiligen Vereins, sagte Wefelscheid, auch Landesvorsitzender der FW. Er fügte hinzu: „Wenn sich Muslimas darüber aufregen, weil sie sagen, sie haben einen Rechtsanspruch darauf, dann steht ihnen ja der Rechtsweg offen.“
Anlass der Abstimmung war ein Entwurf der Stadtverwaltung für eine Änderung der Haus- und Badeordnung ab 2019, in der es heißen sollte: „Der Aufenthalt im Nassbereich ist nur in üblicher Badekleidung gestattet. Im Zweifelsfall entscheidet das Badpersonal vor Ort.“ Dies hätte Willkürentscheidungen „Tür und Tor geöffnet“, sagte FW-Politiker Wefelscheid. Man habe daher genau definieren wollen, was „übliche Badekleidung“ sein solle.
Muslime haben das jüngst beschlossene Burkini-Verbot für Koblenzer Schwimmbäder kritisiert. „Öffentliche Güter und Serviceleistungen sollten allen Bürgern offenstehen, eben auch solchen Frauen“, sagte die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende des Zentralrats der Muslime, Malika Laabdallaoui, am Montag. Stadträte sollten die Interessen aller Bürger vertreten und damit auch die Interessen von Minderheiten – „und nicht die politisch relevanten populistischen Gruppierungen anfüttern“, betonte sie.
Auch die Arbeitsgemeinschaften muslimischer Gemeinden aus Koblenz (AMGK) kritisiert diesen Beschluss. Es sei davon auszugehen, dass es sich einfach nur um eine populistische Anbiederung handle, indem man Menschen aus religiösen Minderheiten aus dem öffentlichen Leben ausgrenzt, um eine bestimmte Klientel zu hoffieren. „Besonders enttäuschend ist die Tatsache, dass die betroffene religiöse Minderheit, in diesem Fall die Muslime bzw. die Muslimas, nicht in diese Diskussionen eingebunden wurden“, heißt es in der Pressemitteilung.
Die rheinland-pfälzische Integrationsstaatssekretärin Christiane Rohleder (Grüne) sagte: „Burkinis mit dem Verweis auf möglicherweise verdeckte offene Wunden und Hautausschläge zu verbieten, aber Neoprenanzüge zu erlauben, zeigt, wie vorurteilsbeladen diese Debatte ist.“ Derart „verzerrte Diskussionen“ trügen „ganz sicher nicht zu einer guten Integration in unserem Land bei“.
Der Beschluss sei rein ideologisch und erschwere die Integration. „Wenn es nicht mehr möglich ist, dass Mädchen im Bikini und Mädchen im Burkini gemeinsam im Wasser Spaß haben, wie ich es neulich in einem Schwimmbad beobachten konnte, signalisiert das den Betroffenen, dass sie nicht dazu gehören. Das ist fatal für die Integration“, sagte Rohleder. (dpa, iQ)