Polizisten in Frankfurt sollen rechtem Gedankengut nahe stehen. Wie weit die Vorwürfe gehen, ist unklar. Die Behörden geben sich schweigsam, aber die Empörung ist laut.
Die Ermittlungen gegen ein rechtsextremes Netzwerk in der Frankfurter Polizei ziehen weitere Kreise. Das Landeskriminalamt hat sich eingeschaltet, die Politik ist alarmiert, auch Kollegen der beschuldigten Beamten sind besorgt. Das Ausmaß der Vorwürfe ist nicht klar.
Schon vor einer Woche war bekannt geworden, dass fünf Beamte aus dem Frankfurter 1. Revier suspendiert wurden. Sie sollen sich über einen Messenger-Dienst beleidigende und fremdenfeindliche Bilder, Videos und Texte zugeschickt haben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte, dass sie wegen Volksverhetzung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Das Polizeipräsidium bestätigte, dass die Kollegen nicht mehr im Dienst sind.
Im hessischen Landeskriminalamt (LKA) nahm am Montag eine Arbeitsgruppe aus „erfahrenen Ermittlern“ die Arbeit auf, wie LKA-Sprecher Christoph Schulte sagte. Was genau Gegenstand der Ermittlungen ist, sagte der Sprecher nicht. Federführend sei die Staatsanwaltschaft Frankfurt, die sich aber nicht äußerte.
Die Linke hat die Sicherheitsbehörden nach dem Rechtsextremismus-Verdacht gegen Frankfurter Polizisten aufgefordert, entschiedener gegen rechtsextreme Tendenzen in ihren Reihen vorzugehen. „Die vollmundig verkündeten Lehren aus der NSU-Affäre bezüglich einer verstärkten Sensibilisierung der Polizeibehörden in Sachen Rechtsextremismus entpuppen sich leider zunehmend als bloße Lippenbekenntnisse“, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, am Dienstag.
Sie wolle keinesfalls «die vielen auf dem Boden des Grundgesetzes agierenden Polizeibeamten in den Generalverdacht des Rechtsextremismus stellen», sagte Jelpke. Schwarze Schafe würden allerdings häufig aus falsch verstandenem Korpsgeist von Kollegen gedeckt und «rechtsextreme Exzesse unter den Teppich gekehrt». Beamte, die derartige Tendenzen aufdecken wollten, würden sogar von Kollegen schikaniert und bedroht.
„Das ist eine sehr ernste Geschichte. Da muss man sehr sorgfältig drangehen“, sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in Berlin. „Ich kann noch nicht übersehen, wie weit das geht. Aber es ist kein Zweifel, dass uns das sehr, sehr ernst angeht.“
In Wiesbaden sollen die Vorwürfe Thema einer Sondersitzung des Innenausschusses am kommenden Mittwoch werden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, forderte „gründliche, restlose und zeitnahe“ Aufklärung.
„Die Hinweise auf rechtsextremistische Strukturen in der Frankfurter Polizei schockieren. Sollte sich bestätigen, dass Polizisten ihr Amt missbrauchen, auf Melderegister-Daten zugreifen, um Kontaktdaten einer NSU-Nebenklage-Anwältin zu erhalten, um sie und ihr Kind dann zu bedrohen, dann kann nicht nur von einem singulären Versagen gesprochen werden, sondern es geht um ein strukturelles Problem“, erklärte Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrates in einer Pressemitteilung.
Dieser Fall zeige exemplarisch, wie unbekümmert mit den Erfahrungen aus dem NSU-Verfahren umgegangen werde und wie halbherzig anscheinend die Empfehlungen aus den parlamentarischen Untersuchungskommissionen umgesetzt werden. „Denn, wie kann man sich sonst erklären, dass sich innerhalb einer Polizeidienststelle unbemerkt womöglich eine rechtsextremistische Gruppierung bildet, die sich ausgerechnet ‚NSU 2.0’, nennt“, erklärt Kesici weiter. Außerdem nehme der Fall auch immer größere Dimensionen an.
Der Landesausländerbeirat Hessen forderte Konsequenzen: „Wir brauchen jetzt einen geschärften Blick der Polizei auch nach innen und dauerhafte Strukturen, die solche Entwicklungen aufspüren“, sagte Vorsitzender Enis Gülegen in Wiesbaden. Man müsse verhindern, dass sich rechtsextremes Gedankengut in den Polizeiapparat einschleicht. (dpa, iQ)