Das Land Niedersachsen kündigt die Kooperation mit Ditib im Bereich der Gefängnisseelsorge. Betroffen seien Imame, die von der türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt und bezahlt würden.
Der niedersächsische Justizvollzug will die Zusammenarbeit mit aus der Türkei entsandten Imamen bei der Gefängnisseelsorge beenden. Das teilte das Justizministerium am Dienstag in Hannover mit. Das betreffe alle von der türkischen Religionsbehörde Diyanet beschäftigten und bezahlten Theologen. Eine mit der islamischen Religionsgemeinschaft DITIB geschlossene Vereinbarung über die Zusammenarbeit in diesem Bereich sei bereits am Montag gekündigt worden.
Nicht betroffen sind laut Ministerium weitere in der Gefängnisseelsorge engagierte Muslime. Auch die Religionsgemeinschaft Schura sei von der Kündigung ausgenommen. Zudem sollten die zwar zu einer deutschen DITIB-Moschee gehörenden, aber nicht von der Türkei entsandten und bezahlten ehrenamtlichen Seelsorger weiter tätig sein.
Die Landesregierung hatte am Freitag aber angekündigt grundsätzlich weiter mit DITIB zu kooperieren. Dafür hätten sich bei einer Überprüfung nahezu alle Ministerien ausgesprochen, so die Staatskanzlei. Lediglich das Justizministerium meldete Bedenken an.
Drei von der Türkei entsandte Imame für die Strafvollzugsanstalten predigten zwar auf Deutsch, nach Bedarf aber auch auf Türkisch oder Arabisch und kommunizierten zudem mit den Gefangenen fast ausschließlich auf Türkisch, hieß es. Den Angaben zufolge sind vier weitere ausgebildete Theologen sowie zwölf Ehrenamtler in der muslimischen Gefängnisseelsorge tätig.
In einem sensiblen Bereich wie dem Justizvollzug sei es wichtig, „ungetrübtes Vertrauen darin zu haben, dass die Seelsorgerinnen und Seelsorger unabhängig vom Einfluss dritter Staaten sind“, sagte Justizministerin Barbara Havliza (CDU) am Dienstag in Hannover. Das gelte insbesondere, wenn sie direkten Kontakt zu Inhaftierten hätten. Die Ministerin kündigte eine Überprüfung aller in der muslimischen Gefängnisseelsorge tätigen Menschen durch den Verfassungsschutz an.
DITIB hat empört auf den Ausschluss seiner Imame von der Gefängnisseelsorge durch das Justizministerium reagiert. „Indem dem DITIB-Landesverband nun der Vertrag gekündigt wird, entzieht sich die Landesregierung erneut der Verantwortung, die Mehrheit der Muslime in Niedersachsen anzuerkennen“, erklärte der DITIB-Landesvorstand am Dienstag. Die von der DITIB entsandten Seelsorger hätten zu keiner Zeit für Missverständnisse und Irritationen in den Haftanstalten gesorgt. Vor Ort habe es immer zustimmende und anerkennende Rückmeldungen gegeben, hieß es. Bei der Kündigung handele es sich eindeutig um eine politische und nicht um eine sachliche Entscheidung.
DITIB betonte, dass die Religionsgemeinschaft sich schon lange vor der Institutionalisierung der muslimischen Gefängnisseelsorge 2012 um Gefangene gekümmert habe. Die Seelsorger hätten die Gefangenen über viele Jahrzehnte nicht nur während der Haft religiös betreut, sondern auch auf die Zeit nach der Haft vorbereitet. Gerade in der Resozialisierung hätten muslimische Seelsorger einen wertvollen Beitrag für die Gesamtgesellschaft geleistet. „Die Vertragskündigung nehmen wir als Nicht-Wertschätzung des jahrelangen ehrenamtlichen Engagements wahr.“ (KNA/dpa/iQ)