Rechtsextreme Hooligan-Gruppen geben sich oft martialische Namen wie „Faust des Ostens“. Mit den Werten des Sports passen weder ihre Gewalt noch ihre Haltung zusammen.
Rechtsextreme Fußballfans sind nach Erkenntnissen des sächsischen Verfassungsschutzes gut vernetzt. „Die von außen kaum feststellbaren festen Strukturen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei diesem Personenpotenzial um ein festes Netzwerk mit zahlreichen Anhängern handelt“, teilte die Behörde am Dienstag auf Anfrage mit.
Verschiedene Kleinstgruppen würden mit Hilfe sozialer Medien ein gewaltbereites Potenzial bilden, das anlassbezogen viele Teilnehmer mobilisieren könne, hieß es. Welche Ausmaße das annehmen könne, sei etwa Ende August 2018 in Chemnitz zu beobachten gewesen. Damals war es nach einer tödlichen Messerattacke zu Protesten und Angriffen auf Menschen mit Migrationshintergrund gekommen. Maßgeblich beteiligt waren Rechte und Hooligans.
Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass die Szene der rechten Hooligans über die Jahre in etwa konstant geblieben ist. 2015 hatte die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linke) in einer Kleinen Anfrage im Parlament erfahren, dass jeder fünfte Hooligan in Sachsen ein Rechtsextremist ist. Das Innenministerium ging damals von etwa 160 Rechtsextremisten in der gewaltbereiten Fanszene Sachsens aus.
2016 hatte die Polizei knapp 600 Hooligans im Freistaat registriert. Damals waren in der Polizeidirektion Dresden 328 entsprechende Datensätze erfasst, in Zwickau 164 und in Leipzig 102. Es ging vor allem um Fans von Dynamo Dresden, dem FSV Zwickau, Lok Leipzig und BSG Chemie Leipzig. Neuere Zahlen liegen bisher nicht vor.
Aus dem Umfeld des Fußballvereins 1. FC Lokomotive Leipzig wurde die Gruppierung „Scenario Lok“ als rechtsextrem eingestuft. Gleiches galt für die „Faust des Ostens“ in Dresden. In Chemnitz waren es mit „New Society“ und „Kaotic Chemnitz“ zwei rechtsextreme Fangruppen mit insgesamt etwa 50 Mitgliedern. Bei „New Society“ gab es den Angaben zufolge Verbindungen und zum Teil auch personelle Überschneidungen mit der 2014 verbotenen Neonazi-Gruppe „Nationale Sozialisten Chemnitz“.
Die „Faust des Ostens“ und „Scenario Lok“ sind nach Angaben des Verfassungsschutzes „mittlerweile nicht mehr feststellbar oder haben sich aufgelöst“. Nach wie vor existent seien dagegen die beiden Chemnitzer Gruppierungen.
Am vergangenen Samstag hatten Fans des Regionalligisten Chemnitzer FC einen gestorbenen Hooligan, der als Mitbegründer einer ehemaligen rechtsextremen Organisation gilt, mit einer aufwendigen Choreographie geehrt. CFC-Stürmer Daniel Frahn hielt bei seinem Torjubel ein T-Shirt mit der Aufschrift „Support your local Hools“ (Unterstütze deine lokalen Hools) hoch. Inzwischen entschuldigte er sich für die Aktion. Sie habe nicht dazu gedient, ein politisches Statement zu setzen, schrieb Frahn auf seiner Facebook-Seite. Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) sperrte Frahn am Dienstagabend durch eine einstweilige Verfügung mit sofortiger Wirkung vorläufig. Diese Sperre gilt bis zur Entscheidung des NOFV-Sportgerichtes. Einen Termin hierfür nannte der Verband bisher aber nicht.
Die Rufe nach Konsequenzen ließen auch am Dienstag nicht nach. „Es zeigt sich umso mehr, wie nötig es ist, die Präventionsarbeit auszubauen und die professionelle Fanbetreuung zu stärken – über den Verein sowie über das Fanprojekt“, erklärte Linke-Politikerin Verena Meiwald. Demokratieförderung sei auch eine Sache des Fußballs.
Gewalt und Rassismus hätten auf Sportplätzen nichts zu suchen und seien mit den Werten des Sports nicht vereinbar, sagte der sächsische Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU). Die Vorgänge in Chemnitz seien nicht zu akzeptieren. Sie würden das Ansehen des Vereins und der Stadt beschädigen.
Die Grünen-Fraktion forderte eine Sondersitzung des Stadtrates zu den Vorfällen. „Wir fordern eine sofortige und schonungslose Aufklärung der Vorfälle“, sagte der Fraktionsvorsitzende Thomas Lehmann laut Mitteilung. „In der Sondersitzung müssen auch Vertreter des Vereins, der Polizei, des Ordnungsamtes und des Fußballverbandes Rede und Antwort stehen.“ (dpa/iQ)