Fremdenfeindlichkeit und Rassismus haben sich zur Islamfeindlichkeit gewandelt. Zu diesem Schluss kommt die Menschenrechtskommission des türkischen Parlaments in ihrem Jahresbericht zu rassistischen Übergriffen auf Türken innerhalb der EU für 2013. Im Zentrum der Betrachtung steht Deutschland.
Die Menschenrechtskommission des türkischen Parlaments hat am Montag (6. Januar 2014) ihren Jahresbericht zu fremdenfeindlichen und rassistischen Übergriffen auf Türken und türkische Einrichtungen innerhalb der EU im Jahr 2013 veröffentlicht. Deutlich im Zentrum der Betrachtungen liegt Deutschland. Von hier aus wurden die meisten Hassdelikte gegenüber türkischen Einrichtungen gemeldet und notiert.
Fremdenfeindlichkeit und Rassismus haben sich laut Menschenrechtskommission zur Islamfeindlichkeit gewandelt. Gerade bei den registrierten Fällen habe sich gezeigt, dass besonders die Anfeindungen gegen den Islam im Vordergrund stehen. Personen würden mehr wegen ihrer Religion als ihrer Ethnie angegriffen. Der Islam sei die Zielscheibe der Rassisten geworden. Dies zeige sich auch daran, dass Menschen und Einrichtungen angegriffen würden, die seit mehreren Jahrzehnten in den europäischen Ländern existierten, so die Kommission.
Die Kommission hat insgesamt 70 Fälle aus dem Jahr 2013 festgehalten, die als Hassdelikt bzw. rassistisch motivierten Übergriff gegenüber Türken und türkischen Einrichtungen gemeldet worden sind. 38 dieser Fälle wurden allein in Deutschland registriert, während sich die weiteren Fälle auf andere EU-Staaten, wie Bulgarien, Holland und Österreich verteilen.
Unter den Fällen machen vor allem Anschläge auf Einrichtungen und Drohungen eine Mehrheit aus. Die Menschenrechtskommission hält fest, dass die vermerkten Fälle von Drohungen meist schriftlich in Briefform und fast ausschließlich gegen Moscheen gerichtet gewesen sind. Diese Fälle wurden zudem fast ausschließlich aus Deutschland gemeldet. Ferner macht die Menschenrechtskommission in ihrem Bericht auch auf die Aktion der rechtsextremen Partei NPD aufmerksam. Diese hatte kurz vor den Bundestagswahlen gezielt türkischstämmige Personen angeschrieben und sie zum „Rückflug“ aufgefordert.
Auch der Einfluss von rechtsextremen Blogs wird von der Kommission erwähnt. So wurde in einem Fall der Bürgermeister von Bingen Opfer hässlicher Drohungen und Schmähungen, weil er Muslimen zum Opferfest die Erlaubnis zum Schächten erteilt hatte. Ein bekanntes rechtsextremes Blog hatte zum sogenannten Shitstorm aufgerufen. Die Folge waren Anrufe, Faxe und E-Mails mit teilweisen Morddrohungen.
Die Kommission hat auch Beschwerden über den Laschen Umgang von Behörden mit den Fällen erhalten. So lautet der Vorwurf, dass die Behörden an die Fälle mit rassistischen Vorurteilen herangehen würden. Oft würden Beschwerden nicht ernst genommen. Auch bei sich wiederholenden Fällen unternehmen die Behörden laut Opfern nichts zum Schutz der Opfer. Im Bericht wird auch erwähnt, dass die Polizeigewalt anscheinend zugenommen habe.
In diesem Bereich beklagt die Menschenrechtskommission auch den NSU-Prozess in Deutschland. Der Staatsanwaltschaft wirft sie vor, Hintergründe und rassistische Motive kleinzureden. So wehre sich die Staatsanwaltschaft vehement dagegen, die rassistischen Ursachen und Hintergründe der Mordserie aufzudecken. Fragen in den Verhandlungen würden von der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt und verworfen.
Die Kommission stellt fest, dass die rassistisch motivierten Übergriffe weiterhin anhalten. Es fehlt laut Kommission an effektiven Projekten und Initiativen, um diese Probleme zu bekämpfen. Außerdem seien staatliche Einrichtungen nicht in der Lage, die nötige Aufmerksamkeit beim Kampf gegen den Rassismus an den Tag zu legen, der nötig sei. Dies zeige sich auch dadurch, dass der Aufstieg rechtspopulistischer Parteien ebenso weiter gelinge, wie auch selbst liberale Parteien auf den Zug der Fremdenfeindlichkeit aufspringen würden.
Als weiteren Schritt empfiehlt die Kommission die Stärkung bestehender Initiativen oder Neugründung. Die Kommission selbst will auch im Jahr 2014 Angriffe auf Türken und türkische Einrichtungen festhalten und weitere Berichte veröffentlichen. Sämtliche Einzelfälle werden detailliert im Jahresbericht für 2013 aufgeschlüsselt wiedergegeben.
Die Kommission macht darauf aufmerksam, dass die Zahl der Fälle im Bericht keinen Hinweis auf die tatsächlichen Übergriffe lieferten. Vielmehr habe die Kommission vor allem solche Fälle aufgelistet, die der Einrichtung gemeldet wurden bzw. von medialem Interesse begleitet wurden. Es wird vermutet, dass die Dunkelziffer deutlich über den gemeldeten Fällen liegt. Viele Betroffene wüssten entweder nicht, wohin sie sich wenden können oder hätten aus Angst vor Repressionen solche Übergriffe und Anfeindungen nicht gemeldet.