Rund 20 000 Schüler besuchen den Islamunterricht in NRW. Der Bedarf ist deutlich größer. Wie es nach Ende des Modellversuchs weitergehen soll, ist offen.
Angesichts von inzwischen 415 000 muslimischen Schülern in Nordrhein-Westfalen soll der Islamunterricht landesweit ausgebaut werden. Der von hierzulande ausgebildeten Religionslehrern erteilte Unterricht sei „Ausdruck der Religionsfreiheit“ und auch wichtig für die Gesellschaft, betonten Schulministerium und Staatskanzlei in Düsseldorf auf Anfrage.
Etwa 20 000 Schüler an rund 250 Schulen nehmen an dem bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht (IRU) teil. Der Bedarf ist aber deutlich größer und wächst.
Zur Zukunft des 2012 eingeführten regulären Schulfachs hieß es, man arbeite intensiv an einer neuen Gestaltung. Der Grund: In wenigen Monaten läuft eine Übergangslösung aus. Die vier großen islamischen Religionsgemeinschaften sind seit 2012 in einem Beirat an der Erstellung von Lehrplänen oder der Erteilung einer Lehrerlaubnis für die Religionslehrer beteiligt. Lediglich die DITIB hat ihren Sitz im Beirat vor zwei Jahren niedergelegt.
Das Beiratsmodell habe sich in Nordrhein-Westfalen als Übergangsmodell bewährt. „Es ermöglicht, einen einheitlichen Islamunterricht in NRW anzubieten“, hieß es aus dem NRW-Schulministerium auf Anfrage von IslamiQ. Nichtsdestotrotz soll sich der Kreis der Beteiligten auf muslimischer Seite erweitern. Hierbei möchte man die Vielfalt des Islams in NRW abbilden wollen.
Auf Bitten des Schulministeriums führte Professor Dr. Hacı-Halil Uslucan, Direktor des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung an der Universität Duisburg-Essen eine wissenschaftliche Evaluation zum islamischen Religionsunterricht durch. Der Bericht sei in vollem Umfang eine Bestätigung für den Kurs der Landesregierung, den islamischen Religionsunterricht weiter auszubauen. „Der Bericht hat fundiert und klar gezeigt, dass der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht die Zielsetzung der Landesregierung bisher sehr gut erfüllt. Es gibt durchweg eine hohe Zustimmung durch die Schülerinnen und Schüler, Eltern sowie die Lehrkräfte“, erklärte Ministerin Gebauer.
Ein Sprecher des Schulministeriums erläuterte, sollte eine gesetzliche Neuregelung nicht bis Ende Juli gelingen, werde der Islamunterricht dennoch zum nächsten Schuljahr nahtlos fortgesetzt. „Die Lehrpläne gelten weiter.“ Allerdings könne im Herbst bei der Einstellung neuer Religionslehrer zunächst niemand für diese eine Lehrerlaubnis erteilen, wenn bis dahin für den Beirat noch kein Ersatz gefunden sei. Ob das neue und umstrittene Stiftungsmodell in Baden-Württemberg eine Option für NRW sei, lässt das Schulministerium offen. „Es ist wichtig und richtig, dass muslimische Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, islamischen Religionsunterricht erhalten zu können. Dabei gehen die Länder unterschiedliche Wege“, hieß es aus dem NRW-Schulministerium weiter.
Der Statusprozess zur Feststellung der Religionsgemeinschaften als Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes sei noch nicht abgeschlossen. „Er muss so schnell wie möglich zum Abschluss gebracht werden“, erklärt Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrats, auf Anfrage von IslamiQ. Denn nur eine erfolgreich abgeschlossene Feststellung könne den Islamunterricht in NRW auf ein verfassungsrechtlich grundsolides Fundament stellen.
Auch Samir Bouissa, Landesvorsitzendes des ZMD NRW, appelliert an die Landesregierung in NRW. „Es ist Zeit, dass die Politik die Entscheidung für einen verfassungskonformen islamischen Religionsunterricht trifft und diese nicht Gerichten überantwortet“. Das sei man den muslimischen Kindern, Eltern und Lehrerinnen und Lehrern in NRW schuldig.
Aktuell steht ein Rechtsstreit vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster noch aus. Das OVG muss in der Auseinandersetzung zwischen Land und einigen Religionsgemeinschaften nach einer Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) von Ende 2018 seine eigene Entscheidung von 2017 überprüfen. Der Islamrat und der Zentralrat der Muslime (ZMD) wollten sich mit ihrer Klage mehr Einfluss beim Islamunterricht sichern. Sie scheiterten aber zunächst, weil sie laut OVG-Bewertung von 2017 keine Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes sind. Denkbar sind auch weitere Anträge von Religionsgemeinschaften. Genau diese Frage muss Münster nun aber erneut prüfen. (dpa/iQ)