Nach dem Nationalrat bestätigt auch der österreichische Bundesrat das Kopftuchverbot an Grundschulen für muslimische Schülerinnen bis zum 11. Lebensjahr.
Der österreichische Bundesrat hat das Kopftuchverbot an Volksschulen genehmigt. Durch eine Änderung des Schulunterrichtsgesetzes, die auf einen Antrag von Abgeordneten der ÖVP-FPÖ-Koalition zurückgeht, legt fest, dass für Kinder bis zu ihrem 11. Geburtstag in der Schule keine Verhüllung des Hauptes aus weltanschaulichen und religiösen Gründen erlaubt ist. Die jüdische Kippa und die Patka der Sikhs sind von diesem Verbot explizit nicht umfasst.
In einer namentlichen Abstimmung, an der 58 Bundesräte und Bundesrätinnen teilnahmen, gab es 38 Stimmen für die Regelung des Kopftuchverbots und 20 Stimmen dagegen. Damit passierte das Gesetz die Länderkammer mit Mehrheit.
Die Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) sieht in der Gesetzesbestimmung keinerlei Sinnhaftigkeit. Man versuche hier offenbar, mit Verboten und Strafdrohungen einen Sinneswandel zu erwirken. Dafür brauche es aber Überzeugungsarbeit, Vertrauen und Dialog, betonte sie, dafür wären jedoch mehr Ressourcen notwendig. Ein Modell zur Lösung der Frage sieht die Bundesrätin im Chancenindex, wodurch für Schulstandorte, an denen besondere Herausforderungen bestehen, entsprechende Mittel zur Verfügung stünden. Kritisch sieht Gruber-Pruner, dass man nur ein bestimmtes religiöses Symbol heraushebt und einer bestimmten Gruppe junger Mädchen signalisiert, dass sie ein Problem darstellen. Für sie liegt hier ein fragwürdiger pädagogischen Zugang vor.
Gruber-Pruner wurde in dieser Argumentation von ihrer Fraktionskollegin Andrea Kahofer (SPÖ/N) unterstützt. Selbstverständlich wolle niemand, dass ein Mädchen in der Volksschule gezwungen werde, ein Kopftuch zu tragen, stellte sie klar. In dieser Altersgruppe seien aber kaum Mädchen betroffen, das Problemfeld beginne erst bei älteren Mädchen. Für die Altersgruppe der Heranwachsenden und Jugendlichen gehe es um eine Reihe von weiteren Fragen, wie etwa um die Teilnahme von Mädchen am Sport. Dieses Gesetz werde jedoch keinerlei Wirkung auf diese Gruppe haben, ist sie überzeugt. Hier wären umfassende Maßnahmen gefragt, wie etwa die verschränkte Ganztagsschule, um den betroffenen Mädchen Freiräume zu eröffnen. Gerade für diese streiche man aber die Mittel, so die Kritik Kahofers.
Bildungsminister Heinz Faßmann betonte, dass es ihm wichtig gewesen sei, die schwierige, aber notwendige Maßnahme ausführlich zu diskutieren. Hier gehe es darum, mit der Realität einer Einwanderungsgesellschaft zurechtzukommen. Das Kopftuchverbot entspricht seiner Meinung nach dem gesellschaftspolitischen Konsens über eine möglichst freie Entwicklung von Kindern und der Notwendigkeit, geschlechtsspezifische Stereotypen zu überwinden. Daher wolle man eine zielgerichtete Maßnahme gegen eine Geschlechtersegregation bereits in der Volksschule setzen. Aus seiner Sicht könne gerade die Sozialdemokratie dagegen keine Einwände erheben.
Auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ) Ümit Vural äußert sich zum neuen Gesetz. „Das Kopftuchverbot an Volksschulen führt erst zu Segregation und Diskriminierung von muslimischen Mädchen. Und dass es beim gestern beschlossenen Verbot nicht um das Kindeswohl geht, wie von der Regierung vorgebracht, sehen wir daran, dass die FPÖ noch während der gestrigen Plenarsitzung nach einem Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen gerufen hat“, so Vural.
„Dieses Gesetz, das ohne Verfassungsmehrheit zu Stande kam, betrifft gleich mehrere Grundrechte. Eben diese Grundrechte stehen ÖsterreicherInnen muslimischen Glaubens zu. Daher werden wir uns gewissenhaft vorbereiten und dieses diskriminierende Gesetz vor den VfGH bringen,“ so Vural abschließend.