2004 ließ die Terrorzelle NSU in der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe hochgehen. 15 Jahre später sind jetzt rechtsextremistische Drohbriefe aufgetaucht.
Mehrere Hundert Menschen haben mit einer Gedenkminute in der Kölner Keupstraße des Nagelbombenanschlags der Neonazi-Terrorzelle NSU vor 15 Jahren gedacht. Während der Schweigeminute am Sonntag wurden 15 weiße Tauben als Friedenssymbol aus einem Käfig frei gelassen und stiegen in den Himmel auf. Der Inhaber eines Cafés erinnerte an die Tat am 9. Juni 2004. „Es floss Blut aus meinen Ohren“, sagte er. „Erst dachten wir an eine Gasexplosion, aber dann sahen wir die Nägel.“ 22 Menschen wurden verletzt, vier davon schwer.
Die Polizei ging nach dem Anschlag von einer Abrechnung im kriminellen türkischen Milieu aus. In Richtung Rechtsextremismus wurde nicht ermittelt. Erst sieben Jahre später wurde deutlich, dass der NSU für die Tat verantwortlich war.
Kurz vor dem 15. Jahrestag des Anschlags waren am 3. Juni in der Nachbarschaft der Keupstraße Flugblätter mit Hakenkreuzen und Gewaltaufrufen gegen Muslime in Briefkästen eingeworfen worden. Die Täter seien noch nicht gefasst, sagte ein Polizeisprecher. Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bezeichnete die Drohbriefe als „widerwärtige Aktion“ und als das „abscheuliche Gedankengut rechtsextremer Spinner“.
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) sieht die Flugblätter als Ausdruck einer ständig wachsenden Bedrohungslage auch im öffentlichen Raum. Die Muslime in Deutschland seien besorgt und fragten sich, ob diese Bedrohung wirklich ernst genommen werde. Die Haltung der deutschen Politik und Gesellschaft sei geprägt von „Anteilslosigkeit“.
Bei einer Diskussionsveranstaltung im Schauspielhaus in Köln-Mülheim zeigte sich am Sonntag, dass viele Anwohner mit der Aufarbeitung der NSU-Verbrechen unzufrieden sind. Enttäuschung besteht auch darüber, dass ein seit langem geplantes Mahnmal noch immer nicht realisiert worden ist. Geschäftsleute und Anwohner aus der Keupstraße wünschen es sich auf einem Grundstück nahe dem Anschlagsort. Das Problem ist, dass dieses Grundstück nicht der Stadt gehört, sondern von einem privaten Investor entwickelt wird.
Der Gestalter des Mahnmals, der Berliner Künstler Ulf Aminde, kündigte an, er wolle Druck für eine schnelle Realisierung machen. Dazu habe er einen offenen Brief an Oberbürgermeisterin Reker verfasst, der von vielen Vertretern des kulturellen Lebens unterzeichnet worden sei. (dpa, iQ)