Das umstrittene Migrationspaket hat den Bundestag passiert. Bei den beschlossenen Änderungen befürchten Experten eine „Leitkultur-Paragraphen“.
Der Bundestag hat die umstrittenen Änderungen am Staatsangehörigkeitsrecht beschlossen. Mit der Mehrheit von Union und SPD verabschiedete das Parlament einen entsprechenden Gesetzentwurf gegen die Stimmen der Opposition. Der Bundesrat befasst sich bereits am Freitag mit dem Gesetz.
Besonders strittig blieb in der Bundestagsdebatte die Formulierung der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ als Voraussetzung für die Einbürgerung. Mit diesem Passus sollen mehrfach Verheiratete künftig ausgeschlossen werden.
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae begrüßte zwar den Ausschluss bei Mehrehe, nannte aber die Fristverlängerung zur Rücknahme der Einbürgerung unverhältnismäßig. Er sprach zudem mit Blick auf den Entzug der Staatsbürgerschaft für Terrorkämpfer von einem „Einstieg in eine Art Gesinnungsstrafrecht“.
Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat nannte das Gesetz einen „weiteren Tiefpunkt in der Migrationspolitik und ein fatales Signal gegenüber unserer Einwanderungsgesellschaft“. Die Koalition breche damit den Konsens eines modernen und demokratischen Einwanderungslands. Frauen werde mit dem Ausschluss bei Mehrehe überdies nicht geholfen.
Auch unter Experten blieb die Verschärfung umstritten. Ein Bündnis aus Wissenschaftlern, Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen warnt vor der geplanten Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts. Die Reform soll sich gegen Mehrehen, Terrorkämpfer und Identitätstäuscher richten. Die Kritiker fürchten jedoch, dass auf Betreiben von CDU, CSU und SPD auch eine Formulierung Eingang findet, die die Einbürgerung von der «Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse» abhängig macht.
Diese Passage sei viel zu schwammig und damit von den Behörden willkürlich interpretierbar, bemängeln die Unterzeichner. „Durch diesen willkürlichen Leitkultur-Paragraphen wird den Behörden ein Spielraum bei der Einbürgerung eingeräumt, der das Staatsangehörigkeitsrecht in die achtziger Jahre zurückkatapultiert“, heißt es in dem Aufruf. „Bestimmte Gruppen von Deutschen werden zu Staatsangehörigen zweiter Klasse und zu Staatsbürger*innen auf Widerruf.“ (KNA, dpa, iQ)