Nordrhein-Westfalen

NRW beschließt Kommissionsmodell für Islamunterricht

Der Islamunterricht in NRW wird mit dem Kommissionsmodell fortgeführt. Das beschloss der Landtag mit großer Mehrheit. Islamische Religionsgemeinschaften stehen dem neuen Modell nach wie vor skeptisch gegenüber.

05
07
2019
Islamunterricht
Symbolbild: Lehrerin mit Schülerin

Mit den Stimmen von Regierung und Opposition hat der Düsseldorfer Landtag die Neuregelung für Islamunterricht an den nordrhein-westfälischen Schulen beschlossen. Damit wird der bisherige Beirat für den Islamunterricht durch eine Kommission ersetzt. Während CDU, FDP, SPD und Grüne nach der zweiten Lesung im Landesparlament für das Kommissionsmodell stimmten, lehnte die AfD-Fraktion das neue Gesetz ab.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) erklärte, auf der Grundlage des neuen Gesetzes könne der Islamunterricht an den NRW-Schulen „rechtssicher fortgesetzt und ausgebaut“ werden. Dies sei ein „wichtiges Signal“ an die vielen Muslime in NRW, die Teil der Gesellschaft seien. Gleichberechtigt erhielten sie ihr Angebot eines Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. Damit bestehe ein solides Fundament für die weitere Zusammenarbeit mit den islamischen Organisationen und Vereinen.

Nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes werde das Schulministerium auf die in Frage kommenden Organisationen und Vereinen wegen einer Mitarbeit in der Kommission zugehen, kündigte Gebauer an. Voraussetzung dafür sei deren Eigenständigkeit, Staatsunabhängigkeit und Verfassungstreue.

Bisher hatte ein achtköpfiger Beirat über Inhalte und Lehrerlaubnisse für den Islamunterricht an den NRW-Schulen entschieden. Vier Vertreter entsandten die islamischen Religionsgemeinschaften, vier weitere die Landesregierung. Dieser Beirat wird nach dem neuen Gesetz durch eine zahlenmäßig nicht begrenzte Kommission ersetzt. In dem neuen Gremium sollen auch muslimische Organisationen und Vereine über den Kreis der vier islamischen Religionsgemeinschaft hinaus mitarbeiten.

„Aufgezwungene Modelle sind zum Scheitern verurteilt“

Der Leiter für Außenbeziehungen der DITIB, Zekeriya Altuğ sieht Versuche, die Muslimen bestimmte Formen der Zusammenarbeit aufzwingen, zum Scheitern verurteilt. „Das neue Kommissionsmodell wirft viele neue Fragen auf. Die vorgesehene Laufzeit von 6 Jahren lässt befürchten, dass die bisherige Ungleichbehandlung der Muslime nachhaltig etabliert wird“, so Altuğ.

Der Zentralrat der Muslime (ZMD) kritisiert die Zusammensetzung der Kommission. „Das größte Problem ist, dass das Land entscheidet, mit wem es den Vertrag schließt und mit wem nicht“, erklärt die stellvertretende Vorsitzende Nurhan Soykan auf IslamiQ. Das Land könnte den Vertrag kündigen oder auch Vereine hineinnehmen, die nicht bekenntnisgleich sind mit den etablierten Religionsgemeinschaften. Dassdie Zusammensetzung der Kommission in der Hand des Landes liege, sei „ein Eingriff in die Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften.“

„Das begonnene Statusverfahren abschließen“

Für den Generalsekretär des Islamrats, Murat Gümüş, sei die Auffassung der Landesregierung, dass es keine islamische Religionsgemeinschaft gebe, nicht nachvollziehbar. „Es gibt Religionsgemeinschaften in NRW im Sinne des Grundgesetzes. Es liegt an der Landesregierung, dies zu erkennen, indem sie das begonnene Statusverfahren abschließt. Dazu scheint es jedoch an politischem Willen zu fehlen“, erklärt Gümüş im IslamiQ-Interview.

Die Behauptung, dass es keine islamischen Religionsgemeinschaften gebe, sei nicht neu und steht im Widerspruch zum Selbstverständnis der islamischen Religionsgemeinschaften, betont Erol Pürlü vom VIKZ. Dieser Meinungsunterschied könnte nur durch wissenschaftliche Gutachten zur Statusfrage geklärt werden. „Daher ist für uns die Klärung der Statusfrage viel wichtiger als Schaffung einer neuen Überganslösung“, so Pürlü.

Islamunterricht in NRW

Nach Angaben des Düsseldorfer Schulministeriums wurden im Schuljahr 2017/18 an 234 Schulen in Nordrhein-Westfalen 19.400 Schüler im Fach islamische Religion unterrichtet. In NRW gibt es aber den Angaben zufolge 414.970 Schüler muslimischen Glaubens. Damit erhält gegenwärtig nicht einmal jeder 20. muslimischer Schüler an NRW-Schulen einen Religionsunterricht nach seinem Bekenntnis. Derzeit haben landesweit 241 Pädagogen eine Lehrerlaubnis für das Fach islamische Religion. (KNA, iQ)

 

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Wenn im besagten Unterricht unter dem Label "Islam" eine nach Gutdünken der politischen Konjunktur verwässerte Irrlehre vermittelt werden soll, so ist dieses Modell erst recht zum Scheitern verurteilt, wenn man bedenkt, dass die meisten muslimischen Eltern ihre Kinder nicht zu diesem Unterricht schicken werden. Das nennt man auf gut Deutsch Ressourcenverschwendung.
05.07.19
17:11
Johannes Disch sagt:
Muslime sollten gelegentlich vielleicht auch mal Fortschritte anerkennen, statt sich ständig zu beschweren, nur weil ihre Vorstellungen nicht komplett verwirklicht werden. Wenn man die Dinge nur an Maximalforderungen misst, dann fühlt man sich wohl immer benachteiligt. So funktioniert Demokratie aber nun mal nicht. Demokratie ist die Fähigkeit zum Kompromiss. Und wer entscheidet denn, ob eine "Irrlehre" (Dilaver) vermittelt wird? Entscheidend ist, dass die Pluralität der islamischen Religion im Islam-Unterricht berücksichtigt wird. Es geht um die Pluralität der (islamischen) Religion und nicht um den Wahrheitsanspruch irgend einer islamischen Rechtsschule. Die Schule ist keine Moschee!
09.07.19
9:22
Johannes Disch sagt:
@Dilaver Was heißt denn hier "verwässerter Islam?" Es geht in der Schule um Wissen und nicht um Glauben. Die Schule ist keine Moschee!
11.07.19
10:08