Die niedersächsische CDU prüft ein Verbot von Ausnahmegenehmigungen zum Schächten. Muslimische und jüdische Vertreter kritisieren diesen Vorstoß.
Die CDU in Niedersachsen will das betäubungslose Schächten, für das die Muslime bislang zum Opferfest eine Ausnahmegenehmigung erhalten, künftig verbieten. Die Prüfung eines Verbots habe die CDU-Landtagsfraktion am Vortag einstimmig beschlossen, sagte CDU-Sprecher Ralph Makolla am Mittwoch. Das Leiden von Tieren durch das Schlachten bei vollem Bewusstsein solle beendet werden, hieß es zur Begründung. Vor einem Jahr bereits hatte die AfD ein Ende der Ausnahmeregelung aus Tierschutzgründen verlangt, für den Vorstoß aber keine Mehrheit und auch keine Unterstützung der CDU gefunden.
Scharfe Kritik an den Plänen gibt es von muslimischen und jüdischen Vertretern. „Die CDU versucht hier eine populistische Position der AfD anzunehmen, welches sie letztes Jahr selber im Landtag abgelehnt hat“, erklärt Recep Bilgen, Vorsitzender der Schura-Niedersachsen auf Anfrage von IslamiQ. Das Schächten von Tieren sei sowohl im Islam als auch im Judentum „ein religiöses Gebot, welches einzuhalten ist“.
Außerdem hätten wissenschaftliche Untersuchungen der Tierärztlichen Hochschule in Hannover gezeigt, dass das Schächten nach islamischen Riten die humanste Methode sei, und dass die Bolzenschussbetäubung dem Tier erhebliche Schmerzen zufüge, erklärt Bilgen abschließend.
Auch der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen Michael Fürst, kritisiert das geplante Verbot. „Die Pläne der Christdemokraten sind ein Affront, den wir nicht akzeptieren werden – das wird unseren entschiedenen Protest auslösen“, erklärte Fürst im Politikjournal „Rundblick“. Zwar werde das meiste Fleisch von betäubungslos geschächteten Tieren, das orthodoxe Juden hierzulande verzehrten, aus benachbarten Staaten wie den Niederlanden oder Israel importiert. Aber er verstehe nicht, warum die CDU hier bei einem Thema vorpresche, das bisher die AfD bedient habe. „Das geht so weit, dass bald einige Juden sagen werden, sie könnten unter diesen Umständen nicht mehr in Deutschland leben.“
Fürst bezweifelt, dass ein geschächtetes Tier mehr Schmerzen als ein zuvor betäubtes erleidet. „Geschächtete Tiere erleiden einen besseren Tod als solche, die oft nach langen und qualvollen Transportwegen betäubt wurden – denn trotz der Betäubung ist von einem Schmerzempfinden auszugehen.“
Auch in diesem Jahr hatte Niedersachsen zum islamischen Opferfest, das am Mittwoch zu Ende ging, erneut eine Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Schlachten an einen Betrieb für maximal 200 Schafe und Ziegen erteilt. Im Vorjahr gab es eine Genehmigung zum betäubungslosen Schlachten von 202 Tieren nach islamischem Ritus.
In Deutschland ist das Schlachten ohne vorherige Betäubung – dies wird als Schächten bezeichnet – grundsätzlich verboten. Der Tierschutz verlangt eine Betäubung, die das Schmerzempfinden der Tiere sicher ausschaltet. Um zugleich die Religionsfreiheit mit entsprechenden Glaubensvorschriften zu gewährleisten, sind allerdings Ausnahmen möglich. Ohne weiteres erlaubt ist in Deutschland die Halal-Schlachtung, bei der zwar islamische Regeln beachtet, das Tier aber auf jeden Fall vorher betäubt wird. Auch einige Schlachthöfe in Niedersachsen arbeiten nach diesem Prinzip, womit etwa türkische Läden mit heimischem Halal-Fleisch versorgt werden können. (dpa, iQ)