Lehrer-Pranger oder Ventil für Schüler, die sich in der Schule nicht trauen, ihre politische Meinung zu sagen? Das AfD-Meldeportal „Neutrale Schule“ ist schon beim Start heftig umstritten.
Die umstrittene Meldeplattform der AfD für Verletzungen der politischen Neutralität von Schulen gibt es seit Montag auch in Mecklenburg-Vorpommern. Schüler, Eltern und Lehrer könnten die AfD informieren, wenn sie das Gebot der Ausgewogenheit an ihrer Schule verletzt sehen, sagte der Landesvorsitzende Leif-Erik Holm in Schwerin. Hinweise würden vertraulich behandelt. AfD-Politiker suchten anschließend das Gespräch mit der Schule. Es werde keine Veröffentlichung von Vorfällen geben, versicherte er.
Es handele sich nicht um einen Pranger. Auf der Internetseite des Meldeportals schreibt die AfD, an Schulen werde versucht, Stimmung gegen die AfD und konservativ denkende Bürger zu schüren.
Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) kritisierte das Portal. Es gebe in Mecklenburg-Vorpommern bewährte Beschwerdewege bei möglichen Verstößen gegen das Neutralitätsgebot in den Schulen, erklärte sie. „Aus den Erfahrungen anderer Bundesländer wissen wir, dass ein solcher Lehrer-Pranger den Frieden an den Schulen erheblich gefährdet.“ Mit der Plattform würden Schüler und Eltern zum Denunziantentum gegen ihre Lehrer angestachelt. Dies sei schlecht für die Schulen, verunsichere die Lehrkräfte und sei eine schlechte Lehre für Kinder und Jugendliche. Auch die Linke warf der AfD vor, zu Denunziantentum aufzurufen.
AfD-Meldeportale dieser Art gibt es seit einigen Monaten in mehreren Bundesländern, so in Hamburg, Bremen, Berlin und Brandenburg. Holm sagte, dort gingen immer wieder Hinweise ein. Zahlen nannte er nicht. Zu Fällen, in denen das Neutralitätsgebot der Schule verletzt worden sei, gehöre das Auftreten eines Lehrers in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Fuck AfD“. In Hamburg musste eine Schule einen Offenen Brief von Lehrern an die AfD von ihrer Internetseite nehmen, in dem diese das Meldeportal kritisiert hatten.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern gebe es Fälle von Neutralitätsverletzungen, sagte der AfD-Landtagsabgeordnete Christoph Grimm. Als Beispiel nannte er eine Ausstellung über die AfD an der Freien Schule Güstrow, die sich einseitig negativ allein mit dieser Partei auseinandergesetzt habe. Auch Auftritte der Satirefigur „Storch Heinar“ an Schulen sieht die AfD kritisch. „Storch Heinar“, der sich gegen Rechtsextremismus richtet, sei eine Schöpfung der Jusos, sagte Grimm. „Das ist parteipolitisch eindeutig besetzt.“
Schule hat politisch neutral zu sein, betonte Ministerin Martin. „Neutralität heißt aber nicht, dass in der Schule nicht über Politik diskutiert werden darf.“ Lehrer haben nach ihren Worten die Aufgabe, Kinder und Jugendliche zu mündigen Bürgern zu erziehen, die in der Lage sind, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Was in der Gesellschaft kontrovers diskutiert wird, soll auch in der Schule kontrovers erörtert werden. „Dazu gehört auch, öffentliche Äußerungen einzelner Personen oder Gruppierungen, die beispielsweise politisch oder religiös motivierte Hetze, Aufrufe zur Gewalt oder bewusste Falschmeldungen beinhalten, im Unterricht kritisch zu reflektieren.“ Lehrermüssen dabei den Beutelsbacher Konsens beachten, der besagt, dass Schüler nicht indoktriniert werden dürfen. (dpa, iQ)