Woche für Woche marschieren die „Steeler Jungs“ nach Art einer Bürgerwehr durch den Essener Stadtteil Steele. Der Verfassungsschutz hat die Gruppierung längst im Blick.
Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz sieht bei der Essener Gruppierung „First Class Crew – Steeler Jungs (FCC)“ Verbindungen in die rechtsextreme Szene. „Einige Mitglieder weisen rechtsextremistische Bezüge auf», teilte der Verfassungsschutz auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa mit.
Die Gruppierung veranstaltet seit April 2018 regelmäßig so genannte „Stadtspaziergänge“ im Essener Stadtteil Steele. Laut Verfassungsschutz nehmen meistens zwischen 50 und 100 Menschen an den Rundgängen teil. Sie stehen nach Angaben eines Polizeisprechers unter dem Titel „Freundschaft“. Die Rundgänge werden regelmäßig durch Polizeikräfte begleitet.
Bei den Märschen schweigen viele Teilnehmer. Auch gibt es keine Plakate oder Kundgebungen. Bei jedem zweiten „Spaziergang“ gibt es Gegendemos. Am vergangenen Samstag beteiligten sich an einer Gegendemonstration mehrerer Organisationen gegen „rechte Bürgerwehren“ nach Veranstalterangaben rund 2500 Menschen.
„Der Koordinator der Rundgänge kommt, wie die Mehrheit der Teilnehmer, aus dem Hooligan- und Rockermilieu“, so der Verfassungsschutz weiter. „Es beteiligten sich auch einige Frauen und Kinder aus dem mutmaßlichen familiären Umfeld der Mitglieder an diesen Veranstaltungen.“ Mit den Rundgängen verfolge die Gruppierung nach eigener Aussage die Intention, eine erhöhte Sicherheit im Stadtteil Essen-Steele in den Abend- und Nachtstunden zu vermitteln.
„Durch ihre regelmäßige Präsenz will diese Gruppierung suggerieren, dass der Staat das Gewaltmonopol gegenüber Kriminellen und Flüchtlingen verloren habe“, so der Verfassungsschutz. Deshalb reklamierten sie eine Scheinlegitimierung für sich, selbst für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. „Dabei wird auch ein vermeintlicher Gebietsanspruch der Gruppe in ihrem Viertel demonstriert.“ Im Verfassungsschutzbericht werden die „Steeler Jungs“ als „bürgerwehrähnliche Gruppierung“ bezeichnet.
Für diesen Donnerstag sind zwei Gegendemonstrationen mit insgesamt 250 Teilnehmern angemeldet, eine von ihnen wird von den Veranstaltern als „antifaschistische Demonstration“ bezeichnet. Die Polizei hofft, dass alles friedlich bleibt. Trotzdem sei man „gut aufgestellt“, sagte der Polizeisprecher.
Anfang August organisierte die Gruppe einen „Trauerzug für den getöteten achtjährigen Jungen aus Frankfurt“, an dem rund 340 Menschen teilnahmen. „Darunter befanden sich auch szenebekannte Rechtsextremisten aus Dortmund und Mönchengladbach“, beobachteten die Verfassungsschützer.
Mittlerweile gibt es auch in anderen Essener Stadtteilen ähnliche Gruppierungen. Sie nennen sich „Huttroper Jungs“ und „Borbecker Jungs“. Ihre Kleidung ist der der „Steeler Jungs“ angeglichen.
Nach Angaben des Verfassungsschutzes pflegen die „Steeler Jungs“ „intensive Verbindungen“ mit der „Bruderschaft Deutschland“, die erstmals 2017 in Düsseldorf auftrat. Deren Mitglieder stammten vornehmlich aus der rechtsaffinen Hooliganszene, einige kämen auch aus dem „subkulturellen Rechtsextremismus“. Die „Bruderschaft“ habe sich seit ihrer Gründung an verschiedenen rechtsextremistisch beeinflussten oder gesteuerten Veranstaltungen beteiligt.
Alarmiert ist auch die Stadt Essen. „Hinter einer vermeintlich harmlosen Fassade verbirgt sich womöglich ein bundesweit agierendes Netzwerk mit intensiven Kontakten in die extreme rechte Szene“, heißt es in einer Resolution, die der Stadtrat Ende Mai verabschiedete. (dpa/iQ)