Bosnien und Ruanda

Erinnerung an Genozide wachhalten

Immer wieder kommt es weltweit zu unmenschlichen Gräueltaten, Genoziden und Völkermorden. Im Gastbeitrag beschreibt Dr. Kerim Edipoğlu die Ursachen des Völkermords in Ruanda und Bosnien – und plädiert für eine Erinnerungskultur.

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2019
Symbolbild - Völkermord, Genozid
Symbolbild - Völkermord, Genozide © Shutterstock, bearbeitet islamiQ.

Jedes Jahr im Juli mehren sich die Gedenkveranstaltungen zum Thema Srebrenica. Was in den Tagen um den 11.7.1995 in Bosnien geschah, ist nicht nur ein Grund für Trauer, sondern auch ein Anlass, sich die Frage zu stellen, wie der Mensch zu solch entsetzlichen Taten und Genozide fähig sein kann? Im Alltag liefert man sich oft kurze Erklärungen, die für den Moment genügen können: Es war blinder Hass! Es waren Vorurteile! Zwei Gruppen verstehen sich historisch einfach nicht! Sie sehen sich als Erbfeinde. Aber sind das wirklich befriedigende Antworten? In folgendem Beitrag sollen diese Fragen systematisch aufgerollt werden.

Neben dem Thema Genozide in Bosnien soll zunächst ein anderes Ereignis aus den damaligen Jahren dargestellt werden: der Völkermord in Ruanda aus dem Jahre 1994. In seiner Systematik schockiert er bis heute. Er wirft ein neues Bild auf den Menschen und gleichzeitig bleiben viele Rätsel übrig.

Wie kam es zum Völkermord in Ruanda?

Bei oberflächlichem Zeitungslesen erscheint einem das Schema als altbekannt: Zwei Volksgruppen (oder sind es Stämme?) bekämpfen sich bis aufs Messer. Mehrere 100.000 Tote. Doch der Fall stellt sich anders dar. Bei Hutus und Tutsis handelt es sich um zwei (vorsichtig ausgedrückt) Ethnien, die sich sprachlich oder religiös gar nicht unterscheiden. Manche verwenden hier den Begriff der „imaginierten Abstammungsgemeinschaft“. Es scheint also das unterschiedliche Selbstbild zu sein, das die Menschen verinnerlicht haben. Bei dieser Verinnerlichung nehmen der Kolonialismus und die europäischen Wissenschaften eine unrühmliche Rolle ein.

Im 19. Jh. hatte sich die aufkommende Ethnologie bzw. Afrikanistik mit der Frage befasst, warum sich im Gebiet des heutigen Ruanda zwei Volksgruppen als unterschiedliche Gruppen definieren und unterschiedliche Positionen in der Gesellschaftshierarchie einnehmen. Auf der einen Seite Tutsis, die als hochgewachsen und schlank gelten und bei denen man im Zuge der sog. Hamiten-Theorie vorderasiatische („hamitische“) Gesichtszüge zu identifizieren glaubte. Diese waren als Viehzüchter tätig, hatten eine Monarchie herausgebildet und stellten eine Minderheit dar (ca. 15 %).

Mehrheitsbevölkerung erhielt Status der Ureinwohner

Daneben die Mehrheitsbevölkerung der Hutus, tätig vor allem in der Landwirtschaft. Nach der ethnologischen Theorie wurden diese als eigentliche Ureinwohner des Landes eingestuft, welche von den aus nördlichen Gegenden eingewanderten Tutsis über Jahrhunderte in ein Herrschaftssystem gepresst worden seien. Angeblich zeichnen sich die Hutus durch sogenannte „negride“ Körpermerkmale und einen gedrungenen Körperbau aus. Es wurde also ein Gegensatz konstruiert zwischen den „typischen“/„eigentlichen“ Afrikanern und den „fremden“ Tutsis, denen aber die tatsächlichen Kulturleistungen zugeschrieben wurden.

Im Laufe der deutschen und später belgischen Kolonialzeit wurde diese von der Wissenschaft gelieferte Theorie in handfeste Politik gegossen. Die Tutsis wurden bevorzugt und als zum Herrschen geborene Volksgruppe mit höheren genetischen Anlagen beschrieben. Die Hutus seien demnach – „notwendig“, „natürlich“ – zum Dienen bestimmt.

Ursachen den Völkermords bis heute unbekannt

Mit der Unabhängigkeit 1962 verschiebt sich das politische Gleichgewicht zugunsten der Hutus. Erste Genozide an der Minderheit der Tutsis treiben viele außer Landes. Von den Nachbarländern aus organisieren sie sich in Guerillabewegungen, um sich ihren verlorenen Anteil zurückzuholen. Obwohl die Tutsis innerhalb Ruandas kaum noch eine beherrschende Rolle spielen, radikalisiert sich die herrschende Hutu-Elite. Publikationen, die an Nazi-Demagogie erinnern, propagieren die Ideologie der sogenannten Hutu-Power, in denen Tutsis sämtliche menschlichen Eigenschaften abgesprochen werden. Immer unverhohlener beginnen kleine Kreise von der Auslöschung der (im Lande unbewaffneten) Minderheit zu reden.

Mit dem Erstarken der Tutsi-Rebellen im Ausland und den ersten erfolgreichen Angriffen auf das Staatsgebiet eskaliert die Lage. Die in Bedrängnis geratene Hutu-Regierung setzt nun alle alles in Gang, um die eigene Bevölkerung an sich zu binden. Das Mittel dazu ist nicht nur eine „harmlose“ Polemik gegen den Tutsi-Kriegsgegner, sondern der Ruf nach totaler Vernichtung der Tutsi-Zivilbevölkerung.

Beginn des Genozids

Als am 6.4.1994 das Flugzeug des Präsidenten Habyarimana abgeschossen wurde, war dies das Fanal für die Hutu-Extremisten, den lange Zeit geplanten Genozid anzugehen. Die paramilitärischen Interahamwe-Milizen waren vorzeitig mit Tausenden von Macheten ausgerüstet worden. Innerhalb von 100 Tagen wurden mindestens 800.000 Menschen – Tutsis und gemäßigte Hutus – ermordet: systematisch mit der Machete. Schätzungen sprechen von 175.000–210.000 Tätern, was 14% der männlichen Erwachsenen Hutu-Bevölkerung entspricht.

Kurz vor der fast vollständigen Auslöschung gelang es den Tutsi-Rebellen das völlig außer Kontrolle geratene Land zu überrollen. Damit waren die Genozide erst einmal gestoppt; 75% der Tutsi-Bevölkerung waren ermordet. Bis heute rätselt man, was diese Bereitschaft zum Mord am eigenen Nachbarn bei einem großen Teil der Hutu-Mehrheit ausgelöst hat. Ist es der Hass auf eine Minderheit, die lange Zeit die Politik des Landes dominiert hatte? Neid auf eine erfolgreiche Ethnie? War es ein schiefes Selbstbild, das durch Verinnerlichung der kolonialen Zuschreibungen von wertvoll/wertlos die absolute Entmenschlichung des Gegners bewirkte? An mangelndem Kennenlernen oder Dialog – wie der naive Beobachter jetzt einwenden könnte – kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Beide ethnischen Gruppen lebten durchmischt Tür an Tür; eigene ethnisch dominierte Gegenden gab es gar nicht. Mischehen waren an der Tagesordnung. Gleiche Sprache und gleiche Konfession hätten alle real-empirischen Unterschiede nivellieren sollen.

Was wir für uns mitnehmen beim Thema Genozide

In Zeiten, in denen die Muslime in Europa zunehmend als störende Außenseiter beschrieben werden, deren Religion und Lebensweise nicht ins Land passten, weil sie angeblich so unterschiedlich sei, sollte ein Blick auf die Ereignisse in Ruanda uns etwas anderes lehren. Das Beispiel Ruanda ist dadurch gekennzeichnet, dass Völkermörder und Opfer  bestens integriert zusammenlebten, miteinander vermischt waren und sich gar allzu gut kannten. Liegt es womöglich daran, dass sich beide Gruppen zu ähnlich waren? Dass man im angegriffenen Anderen auch immer sich selbst sah? Liegt eine tiefe narzisstische Kränkung vor? Möglicherweise sind es viele Faktoren und was wirklich der Auslöser war, bleibt vielleicht doch rätselhafter als man auf den ersten Blick denken mag.

In den Ereignissen von Ruanda betont man immer wieder, dass die aufhetzenden Kräfte davor warnten, kurz vor dem Ende „schlapp zu machen“. „Lasst keine Zeugen übrig!“, brüllten die Demagogen über das Radio. Offensichtlich liegt hier der psychologische Drang vor, auch die Erinnerung an das Unrecht und die Genozide auszulöschen. Denn für einen Umgang mit Schuld gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten:

Umgang mit Schuld für Genozide

Die erste (in den Religionen gepredigte Form) ist es, die eigene Schuld offen zu legen und reumütig um Verzeihung zu bitten. Die andere Möglichkeit aber ist es, zu verdrängen. Für das psychologische Verdrängen wiederum stellen sich einige Optionen. So kann der Gegner als entmenschlicht dargestellt werden und eigene Genozide als legitime Verteidigung präsentiert werden. Doch ganz tief in der Seele scheint der Mörder genau zu wissen, was er tut.

Mit dem aufkommenden Schuldgefühl offen umzugehen, ist möglich (und die einzig legitime Form). Es bietet sich aber auch das Gegenteil an: auf das erste Verbrechen ein weiteres drauf zu setzen und noch eins und noch eins! Mit jedem weiteren Opfer wird das eigene Gewissen noch weiter nach unten gedrückt, geschwächt; die Stimme des Gewissens soll zum Schweigen gebracht werden. Denn was könnte schlimmer sein, als sich der eigenen Schuld zu stellen? In der eigenen Schuld befindet sich der Mensch im selbstangefachten Höllenfeuer.

Integration im ehemaligen Jugoslawien: der Fall der Bosniaken

Heute spricht man gerne von den verschiedenen Ethnien im ehemaligen Jugoslawien. Ein Vielvölkerstaat soll es gewesen sein, der nicht mehr zusammengehalten werden konnte, weil die Menschen so unterschiedlich gewesen seien. Dahinter versteckt sich mehr Ideologie als empirische Fakten.

Viele der „Völker“ Jugoslawiens unterschieden sich für den Außenstehenden kaum. Zwischen Serben, Kroaten und Bosniern lagen sprachlich überhaupt keine Kommunikationsbarrieren vor. Sie sprachen eine gemeinsame Sprache in geringfügig voneinander abweichenden Ausprägungen. Lange Zeit bezeichneten auch die Bosnier ihre eigene Sprache gar nicht als bosnisch, sondern als Serbo-Kroatisch. Bosnier sein, das bedeutete lange Zeit eine landschaftliche Identität zu haben, ohne den ausgeprägten Wunsch nach einer staatlichen Eigenständigkeit zu äußern.

Die berüchtigten ethnografischen Karten, welche die sogenannten ethnischen Verhältnisse in Bosnien sauber nachzeichnen wollen, mögen zwar nicht grundlegend falsch sein, sie spiegeln jedoch die Realität nicht unbedingt wieder. Zwischen Bosniern, Kroaten und Serben waren es nicht so sehr empirisch überprüfbare Merkmale, sondern vor allem ein unterschiedliches Selbstbild, das sie auseinanderdividierte.

Religion nebensächlich

Auch die Religion spielte damals noch kaum eine Rolle. Egal wie man als religiöser Mensch heute darüber denken mag, es war ein Faktum, dass jahrzehntelang die Religion im Alltag kaum praktiziert wurde (bzw. praktiziert werden konnte). Muslime hatten sich nicht von ihren nichtmuslimischen Nachbarn ferngehalten. Mischehen selbst zwischen muslimischen Frauen und nichtmuslimischen Männern waren an der Tagesordnung und wurden sogar in religiös geprägten Familien toleriert. Insgesamt also ein Leben, das uns frappierend an die Forderungen der Integrationsexperten an die Muslime in Deutschland erinnert: Vorwürfe des Lebens in einer Parallelgesellschaft, gerne verbunden mit der unterschwelligen Drohung, die Muslime könnten bald etwas erleben, wenn sie nicht ihre Bringschuld an ihre neue Heimat einlösten. Und was diese Bringschuld ist, dass beschließen schließlich die Einheimischen, die „eigentlichen“ Bürger dieses Landes. Gut, die Muslime Bosniens hatten diese Bringschuld erfüllt und zwar makellos, ausnahmslos, bis zur Selbstaufgabe.

Und doch berichten alle Augenzeugen der Entwicklung von 1992, dass es oft die eigenen Nachbarn waren, mit denen man gestern noch zusammen gesessen und gefeiert hatte, die nun mit der Waffe in der Hand das Haus stürmten, die Männer in die KZs abführten und die Frauen vergewaltigten.

Die von den Völkermördern vorgetragenen Argumente sind in ihrer Widersprüchlichkeit entlarvend. Bosnier, so sagte es die serbische Seite, seien eigentlich nur Türken. Reste der osmanischen Besatzer, die hier im reinen serbischen Vaterland nichts zu suchen hätten. Der serbische Volkskörper müsse „gereinigt“ werden. Und gleichzeitig hieß es auch: Bosnier seien ohnehin keine eigenständige Nation. Sie seien nichts anderes als Serben, die vor Jahrhunderten zum Islam konvertierten. Frage: Wenn es nun doch Serben sind, warum tötet man sie dann? Und vor allem, warum tötet man diejenigen Bosnier, die sich überhaupt nicht mehr mit dem Islam identifizieren?

Schritte zu einer positiven Erinnerungskultur für Genozide

Mit einer Anerkennung der Massaker als Genozide ist nicht alles getan. Mit den Kriegsverbrecherprozessen ebenso wenig. Auch hunderte von Publikationen mit dem Versuch der eindeutigen Schuldrekonstruktion erreichen nichts, wenn die Menschen aufhören, ihre lebendigen Erinnerungen an ihre Umgebung und an ihre eigenen Kinder zu tradieren. Fakten in wissenschaftlichen Abhandlungen, die als verstaubte Geschichtsbücher kaum von der Allgemeinheit gelesen werden, dürften kaum die nächsten Genozide verhindern.

Was benötigt wird, ist eine durchgehend stattfindende mündliche Erinnerungskultur. Um im Bild der islamischen Wissenschaften zu bleiben: mit dem Isnad, der lückenlosen Überlieferungskette. Mit jeder Mahnwache, mit jedem Schweigemarsch, mit jedem Vortrag über Srebrenica und andere Genozide wird die Erinnerung wach gehalten. Dass dies ein quasi endloser Prozess ist, das muss allen Beteiligten klar sein. Wer jetzt schon ein Ende anpeilt, der kann auch gleich aufhören.

Anzeichen des Vergessens der Genozide

Mit einer großen Jahresveranstaltung ist nichts erreicht, wenn nicht danach in kleinen Schritten alles nachbereitet wird. Und die Anzeichen des Vergessens mehren sich. Immer mehr hört man von Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die offen sagen: „Ich will nicht mehr darüber reden und ich will auch meinen Kindern nichts davon vermitteln, weil ich für sie eine rein unbeschwerte Zukunft schaffen möchte.“ Was für ein fataler Fehler ein solches Vergessen ist, das zeigt das 20. Jh. Jugoslawiens. In diesem Jahrhundert haben die Muslime Bosniens mehrere Genozide erlebt. Nach jedem Ereignis ließen sie sich auf die verführerischen Versprechungen des Vergessens ein. Quasi ein geistiger Kuhhandel: „Wenn ihr vergesst, was euch angetan wurde, dann integrieren wir euch zum Dank in unsere Gesellschaft.“ Das Eintrittsticket in die große Gemeinschaft der Jugoslawen war es, die Erinnerung verdrängen zu müssen.

Auch im 2. Weltkrieg erlebten die Muslime, vor allem in Ostbosnien, schreckliches Leid. Sie wurden zwischen serbischen Tschetniks und kroatischen Ustaschas aufgerieben. Mit der Gründung des sozialistischen Jugoslawiens wurde angeblich ein neues Kapitel aufgeschlagen: Erinnern an die eigenen Leiden wurde gleichgesetzt mit Aufstacheln zum Völkerhass. Wieder waren es die bosnischen Muslime, die sich auf dieses Spiel einließen, um sich dann in den 1990er Jahren erstaunt die Augen reiben und feststellen zu müssen, dass sich die Geschichte wiederholte.

Erinnerungskultur: die Sandburg am Meer

Eine Sandburg am Meer, so fest und beeindruckend sie gebaut sein mag, wird bald ein Opfer der langsam am Gebäude nagenden Wellen. Auch vieles in der sozialen Welt funktioniert ähnlich: Wenn man es nicht ständig regeneriert, auffrischt, auftankt und auf den neuesten Stand bringt, wird es bald sinnentleert zerfallen. Sobald wir uns zurückziehen und auf das Zuschauen beschränken, wird die mühsam aufgebaute Erinnerungskultur unter unseren Fingern zerrinnen.

Erinnerungskultur ähnelt einem Kampf gegen diese Wogen. Wer glaubt, er habe ein für alle Mal etwas erreicht und könne sich nun entspannen, der wird merken, wie sich wenige Jahre später das Blatt wendet. Dies geschieht in Stufen:

Stufenweise Rückkehr der Revisionisten

  • Stufe 1: Es erstarken die Kräfte des Revisionismus und der Geschichtsklitterung, welche den vorsätzlichen Völkermord relativieren: „Jede Partei hat nun mal Unrecht begangen“, „Es war nun mal Krieg, da laufen die Dinge oftmals aus dem Ruder“, „Es waren kleine Gruppen von Extremisten, welche das Machtvakuum ausnutzten“, „Was ganz genau gelaufen ist, weiß man auch nicht mehr“, „Das erste Opfer im Krieg ist immer die Wahrheit“ usw.
  • Stufe 2: Wer nun nicht aufwacht und sich gegen diese Entwicklung stellt, der wird es nach wenigen Jahren mit übleren Argumenten zu tun haben. Die alten Kräfte gehen in die Offensive: „Wieso redet ihr von Srebrenica?“, „Wieso wollt ihr ständig in alten Wunden herumstochern?“, „Warum verdammt ihr uns im Kollektiv?“, „Seid ihr nicht die wahren Aufhetzer?“
  • Stufe 3: Wer von Srebrenica spricht, macht sich suspekt. Man verfasst Gesetze, welche die letzten widerspenstigen Anhänger der Erinnerungskultur zum Schweigen bringen. Ein bleierner Schleier aus Angst und Verdrängung breitet sich aus.

Die Blume von Srebrenica stellt ein Symbol der Hoffnung dar. Wollen wir mit ansehen, wie in wenigen Jahren dieses Symbol verboten wird? Wie man es diffamiert und möglicherweise auf eine Stufe mit rechtsradikalen Hasssymbolen stellt? Wenn die Generation, die den Krieg leibhaftig erlebt hat, aufhört, diese Erinnerungen weiterzugeben, dann entsteht in wenigen Jahren diese Schreckensvision als Wirklichkeit. Dann darf über Srebrenica nicht mehr in der Öffentlichkeit gesprochen werden, sondern nur hinter vorgehaltener Hand. Was dann kommt, kann sich nun jeder selbst ausmalen. In einem Europa, dessen alte Eliten gerade von rechtspopulistischen Aufsteigern beiseite geschwemmt werden, mag in nicht allzu großer Ferne zu liegen.

Leserkommentare

stratmann sagt:
Erinnerung an Völkermord kann nicht immer jeden Völkermord gleichzeitig behandeln; doch auf Dauer darf man auch keinen ausblenden. Man muss auch an die Stellen in "heiligen Schriften" ran, wo Gewalt oder sogar Völkermorde ausdrücklich gutgeheißen oder sogar gefordert sind. Und diejenigen, die das praktizieren, dürfen nicht denunziert werden oder Schlimmeres erleben. Ich weiß, dass man in der Bibel viel mehr schlimme Passagen findet als im Kroan - doch auch hier muss man ehrlich über kritische Passagen reden dürfen.
13.10.19
19:02
Emanuel Schaub- sagt:
Herzlichen Dank für den emotional und geistig äusserst bewegenden Aufasatz! Die Frage :"wie Menschen zu solchen entsetzlichem Verhalten gebracht werden können" ist mir schon immer unbeantwortbar erschienen. Die Beschreibung der Macheten Morde in Ruanda haben in mir spontan die Erinnereung an ein Bild im SPIEGEL von vor 30 Jahren wachgerufen. In Brasilien hatten zwei Männerr(man schämt sich zu diesem geschlecht zu gehören!) eine Indio Frau an den Füssen hangend und kurz vor der Zerstückelung mit Macheten einem Photografen präsentiert. Die Frau den 3 Teufeln in Menschengestalt sternenwelt ethisch/geistig und allen Hinsichten überlegen eine Hand schützend vor ihre Geschlechtsregion gelegt. Für mich ist das ein Symbol der Überlegenheit aller Opfer in moralischer Hinsicht ihren Missetätern gegenüber! gruß emanuel
14.10.19
11:55
Kafira sagt:
Liebe Leser, Die Deutschen erinnern wohltuend sich an den Juden-Massenmord in 2ten Weltkrieg (WW2) Ebenso ist es erfreulich, dass Deutschland sich für den kolonialen Völkermord an den Hereros verantwortlich fühlt. An den Völkermord der Osmanen an den Armenier erinnerten bereits einige Staaten, zuletzt die USA, zuvor die Niederlande, Deutschland Frankreich. Jeder Völkermord ist es wert, erinnert zu werden, als Warnung, dass so etwas niemals mehr stattfinden möge. Es ist zunächst die moralische Pflicht, dass das betreffende Volk oder dessen Vorgänger, beispielsweise die Türken als Rechtsnachfolger der Osmanen sich zu ihrem Völkermord bekennen. Kafira
05.11.19
18:27