Islamischer Religionsunterricht

Baden-Württemberg verschleppt Anträge der Religionsgemeinschaften

Seit Monaten warten mehrere islamische Religionsgemeinschaften auf eine Entscheidung des Kultusministeriums, ob und wer islamischen Religionsunterricht an Schulen erteilen darf. Vergeblich. In einem Fall soll sogar ein Antrag verschwunden sein.

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02
2014
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Eigentlich sieht das Grundgesetz vor, dass islamischer Religionsunterricht an Schulen „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt“ wird. ((Art. 7 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz)) Entgegen dieser klaren Formulierung tun sich die Bundesländer schwer damit, Religionsgemeinschaften anzuerkennen. Begründung: Es fehle an einem Ansprechpartner, der für alle Muslime spricht. Doch wird das vom Grundgesetz überhaupt vorausgesetzt?

Diese Frage stellt sich derzeit auch in Baden-Württemberg. Dort liegen seit Monaten drei Anträge von muslimischen Religionsgemeinschaften zum Erteilen von islamischem Religionsunterricht den Behörden zur Bearbeitung vor. Doch noch immer warten die Muslime auf eine Rückmeldung in der Sache. Einen dieser drei Anträge will die Behörde sogar nicht erhalten haben.

Keine Bewegung in der Sache

Die Landesregierung hatte die muslimischen Religionsgemeinschaften selbst dazu aufgefordert, sich für die Erteilung des islamischen Religionsunterrichtes an Schulen zu bewerben. Dieser Aufforderung sind neben dem Landesverband der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) und dem Landesverband des Verbands der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) auch die Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW) gefolgt.

Die Landesregierung möchte für den Islamischen Religionsunterricht eigentlich nur einen Ansprechpartner. Die Religionsgemeinschaften bewerben sich jeweils als einzelne Träger dieses Religionsunterrichtes. Am möglichen Curriculum wurde bereits in der Vergangenheit gemeinsam gearbeitet und zahlreiche Modellprojekte für den islamischen Religionsunterricht gibt es ebenfalls. Alles eine Formsache, könnte man meinen. Dennoch kommt keine Bewegung in die Sache, ein Antrag soll – offiziell zumindest – nicht einmal eingegangen sein.

Gezielter Ausschluss des IGBW?

„In einer Erklärung des Ministeriums hatte man uns bei den eingereichten Anträgen nicht erwähnt. Ich hielt dies für ein Versehen. Wir versuchen jetzt das Ministerium zu erreichen und wollen den Sachverhalt klären“, sagt der Vorsitzende der IGBW, Muhittin Soylu. Er verweist auf ein Dokument des Ministeriums. Danach sei der Antrag eingegangen. Erst über einen Reporter erfuhr Soylu, dass der IGBW-Antrag dem Kultusministerium nicht vorliegen soll.

Nur ein Versehen oder doch ein gezielter Schachzug, um die IGBW außen vor zu lassen? Die Religionsgemeinschaft darf zum Beispiel nicht mit am „Runden Tisch Islam“ von Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) sitzen. Begründet wird dies offiziell mit dem Verfassungsschutz. Innerhalb der IGBW sei eine Organisation, die vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Hinter vorgehaltener Hand verweist das Ministerium aber auf die Opposition. Die könnten Druck machen, wenn eine vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation eingeladen und eingebunden würde.

Verfassungsschutz hin, Opposition her, das Verschwinden des IGBW-Antrags bleibt weiterhin dubios. Und wie es mit der Einführung des islamischen Religionsunterrichts weitergeht, weiß wahrscheinlich ebenfalls nur das Kultusministerium – oder auch nicht.